Schnäppchen oder nicht?

iPhone gebraucht kaufen - darauf müssen Sie achten

14.11.2019
Von 
Stephan Wiesend schreibt für die Computerwoche als Experte zu den Themen Mac-OS, iOS, Software und Praxis. Nach Studium, Volontariat und Redakteursstelle bei dem Magazin Macwelt arbeitet er seit 2003 als freier Autor in München. Er schreibt regelmäßig für die Magazine Macwelt, iPhonewelt und iPadwelt.

Gebrauchte – Chance und Risiko

Gebrauchtgeräte haben aber mehrere Vorteile: Per Gebrauchtmarkt findet man noch günstigere Preise und – wenn eine große Kapazität wichtiger ist als viel Leistung – auch ältere Modelle mit den verschiedensten Farben und Speichervarianten wie 16 bis 256 GB Speicher. Dabei ist der Aufpreis für Speicher meist sehr moderat. iPhones haben zwar, verglichen mit anderen Smartphones, einen hohen Wiederverkaufswert, doch von den kräftigen Aufpreisen, die Apple für mehr Speicher verlangt, bleibt nicht viel übrig.

Wichtig ist vor allem die Unterstützung eines aktuellen Systems, dabei sollte man auch etwas in die Zukunft blicken: iOS 13 lässt sich ab dem iPhone 6S installieren, wir raten jedoch mindestens zu einem 7er-Modell. Es ist zwar gut möglich, dass das kommende iOS 14 vielleicht auch noch auf dem iPhone 6S und SE läuft. Letzteres hat ja zu Recht noch immer seine Fans und ist mit 16 GB schon für etwa 150 Euro zu haben.

Tipp: Oft sind die Versionen in den weniger beliebten Farben Gold und Rosé etwas günstiger. Ein Nachteil ist natürlich immer, dass man mit den Gebrauchsspuren des Vorbesitzers leben muss. Schwerwiegender als kosmetische Probleme sind jedoch altersbedingte Abnutzung und Defekte. Darunter fällt in erster Linie der Akku, der je nach Intensität der Nutzung nach etwa zwei bis drei Jahren anfängt, spürbar nachzulassen. Sie sollten daher nicht erwarten, dass die Nennwerte erreicht werden. Da etwa ein iPhone 7 maximal drei Jahre alt ist, sollte der Akku bei diesem Modell noch in einigermaßen brauchbarem Zustand sein. Tipp: Oft liefert die Speicherausstattung eine Hinweis auf das Modelljahr: Das iPhone 8 mit 128 GB Speicher wird etwa erst seit wenige Monaten angeboten, ein iPhone SE mit 16 GB wurde dagegen vielleicht schon vor vier Jahren hergestellt.

Was man auch wissen sollte: Der Akkutausch ist ab dem Modell 7 aufwendiger geworden und gute Akku-Sets kostet knapp 30 Euro. Der Ersatz sollte aus einer zuverlässigen Quelle stammen – auch Apple tauscht Akkus aus. Das kostet bis inklusive dem Modell 8 zwar 49 Euro, ist aber zuverlässiger und sicherer, als wenn man selbst Hand anlegt oder den Bastler aus der Nachbarschaft an das Telefon lässt. iPhone 8 und iPhone 7 sind nach dem eigenhändigen Akkutausch außerdem meist nicht mehr wasserdicht.

Käufe von Privat

Kauft man ein gebrauchtes Smartphone, bekommt man es von einem Privatverkäufer oft besonders günstig. Es besteht grundsätzlich aber immer das Risiko eines erst später bemerkten Defekts – wie eines defekten Kopfhörer-Eingangs.

Private Verkäufer schließen im Normalfall die Gewährleistung aus. Sie dürfen keine Fehler böswillig verschweigen, aber der Nachweis, dass diese bekannt waren, ist oft schwierig. Bei Privatverkäufen sollte man das iPhone deshalb unbedingt in Augenschein nehmen, Schalter und Anschlüsse testen, da man leicht auf vorhandenen Fehlern sitzen bleibt. Außerdem sollte das Gerät keinen SIM-Lock haben, und „Mein iPhone suchen“ muss ausgeschaltet sein, damit die Aktivierungssperre nicht aktiv ist. Über die Einstellung „Batterie“ erfahren Sie außerdem, ob die Batterie noch in Ordnung ist oder schon die CPU ausbremst.

Interessant sind Kleinanzeigen-Märkte aber vor allem für kleinere Anschaffungen: Etwas einen Lightning-Adapter oder ein günstiges iPhone SE für 70 Euro. Fast ein Monopol auf solche Angebote hat Ebay Kleinanzeigen. Hier sind noch inserierte Angebote aber oft bereits längst verkauft und man darf man sich nicht über Angebote wie ein „iPhone 5 SE“ wundern.

Schnäppchen bei Ebay

Eine gute Anlaufstelle auf der Suche nach gebrauchten iPhones ist die Website von Ebay. Man muss hier ja nicht gleich kaufen, aber es gibt eine große Auswahl an Geräten und wenn man sich abgelaufene Auktionen ansieht, bekommt man schnell ein Gefühl für übliche Gebrauchtpreise. Über die Anzeige-Option „Verkaufte Artikel“ kann man schnell den aktuell erwartbaren Ebay-Preis recherchieren. (Da sich dieser schnell ändert, haben wir auf eine eigene Übersicht an iPhone-Preisen verzichtet.)

Nicht nur zum Verkaufsstart der neuen iPhone-Generation ist mit einer Hausse zu rechnen, auch kurz nach Weihnachten werden viele alte Geräte angeboten, wobei der Kaufdruck der Mitbieter und damit die Preise etwas geringer ausfallen als vor dem Fest. Ob man Versteigerungen oder Portale für Kleinanzeigen vorzieht, ist Geschmackssache. Letztere bieten eher lokale Angebote, die man vorher ansehen kann. Hier bekommt man das gebrauchte iPhone 7 mit einem „zarten Kratzer“ und etwas Glück für knapp 200 Euro.

Profi-Gebrauchtverkäufer

Nicht jeder Privatverkäufer will sich aber die Mühe machen, Ebay-Angebote zu erstellen und sich mit oft dubiosen Interessenten herumzuärgern. Diese verkaufen ihr iPhone oft an professionelle Ebay-Händler wie Asgoodasnew, Wirkaufen, Rebuy oder Flip4New. Als Käufer erhält man etwas mehr Sicherheit beim Kauf, die Verkäufer dokumentieren den Zustand der Gerät oft sehr ausführlich und bieten ein Rückgaberecht. Dafür muss man aber oft erheblich höhere Preise zahlen. Ein iPhone 7 „wie neu“ gab es bei Redaktionsschluss für knapp 250 Euro, ein iPhone 8 für 470 Euro.

Es wird kompliziert: „Graumarkt“-iPhones

Es gibt aber noch eine ganze Reihe an Angeboten, bei denen das iPhone nicht ganz neu aber eigentlich auch nicht gebraucht ist:

Neugeräte vom Privatkäufer:

Anbieter wie Asgoodasnew kaufen von Privatpersonen ein noch originalverpacktes iPhone und verkaufen es mit Rabatt. Hier sind oft 20 Prozent Rabatt oder mehr möglich. Das Problem: Aus rechtlichen Gründen erhält man als Käufer eine Rechnung ohne Mehrwertsteuer. Das ist für Firmen und Selbständige ungünstig, das diese dann keine Mehrwertsteuer von der Steuer abziehen können. (Differenzbesteuerung nach § 25a UStG)

Außerdem kann es sich um ein Gerät aus dem Ausland handeln, etwa aus Italien oder England. Dann gilt zwar eine internationale Garantie von Apple, das Gerät kann aber von Austauschprogrammen ausgeschlossen werden – etwa von Apple Austauschprogramm für das iPhone-X-Display. Zumindest bieten viele Anbieter aber Gewährleistung (Hinweis: Das ist keine Garantie). Bei iPhones aus Japan gibt es außerdem eine lästige Besonderheit: Bei jeder Fotoaufnahme ist ein lauter Ton zu hören – was sich nicht abschalten lässt.Refurbished

Ein weites Feld sind außerdem sogenannte „Refurbished“-Geräte. Refurbished-Geräte haben unter Mac-Anwendern eigentlich einen guten Ruf, da über den Apple-Store angebotenen Macs und iPads meist in exzellentem Zustand sind. Das gilt aber nicht für alle Refurbished-Angebote im Web, macht doch auch Ebay einen feinen Unterschied zwischen „Vom Hersteller generalüberholt“ und „Vom Verkäufer generalüberholt“. Es gibt Händler, die sich bei Prüfung und Aufbereitung viel Mühe geben, diese bieten dann auch meist zwei Jahre Gewährleistung und unterscheiden zwischen zahlreichen Zustandsstufen. Für den Ebay-Nutzer lässt sich aber oft schwer abschätzen, ob ein Händler ein Gebrauchtgerät nun wirklich aufbereitet und geprüft hat. Ab iPhone 7 kann es dann außerdem die bereits erwähnten Probleme mit der Wasserdichtigkeit geben.

Eine Besonderheit versteckt sich hinter dem Kürzel CPO oder Certiefied Pre Owned durch Apple. Hier handelt es sich um vom Hersteller Apple selbst wiederaufbereitete Geräte. So erhält ein von Apple zertifiziertes iPhone ein neues Gehäuse, einen neuen Bildschirm und einen neuen Akku – außerdem wird es neu verpackt und man bekommt 12 Monate Apple-Garantie. Die von Apple bezogenen Geräte sind allerdings sehr teuer und leider nicht über den deutschen Apple Store zu beziehen. Zu haben sind diese Geräte etwa über Back Market oder Notebooksbilliger.

Vorführmodelle

Leider ist die Kategorie „Vorführmodell“ Vertrauenssache. Eigentlich sollte es sich um so gut wie neuwertige Produkte handeln, die vielleicht sogar nur kurz in einem Vodafone- oder O2-Shop auslagen. Ungewiss ist allerdings, wie lange es auslag und ob das Gerät schon bei Apple registriert wurde – was sofort die Dauer der Herstellergarantie reduziert. Auch die regionale Herkunft ist ungewiss, was Garantieleistungen wie oben beschrieben einschränkt. Bei diesen Modellen beschweren sich Kunden häufiger, dass das Gerät dann doch nicht mehr ganz so „neuwertig“ war.

Pech hat man außerdem, wenn man eine so genannte Display-Ware erhält, ein Demo-Gerät für den Einzelhandel. Diese Geräte sind eigentlich nicht für den Verkauf gedacht und fallen nicht unter die Apple-Garantie.

Kundenrückläufer

Nach unserer Meinung ebenfalls eine Kategorie für Risikofreunde. Hier handelt es sich um Geräte, die ein Kunde innerhalb der Umtauschfrist zurückgegeben hat. Wenn man Glück hat, hat er das Gerät nur kurz ausgepackt und es ist so gut wie neu. Wenn man Pech hat, war es damit im Strandurlaub und es hat unerkannte Schäden durch Salzwasser und Sandkörner. Oder der Kunde hat es zurückgegeben, weil es ein Montagsgerät mit Macken und ab Werk zerkratztem Display war. Sowohl die Kategorien "Vorführmodelle" als auch "Kundenrückläufer" würden wir eher meiden.

Fazit

Grundsätzlich sollte man sich aber nicht von unserer Schwarzmalerei einschüchtern lassen: Die meisten Anwender gehen sehr sorgfältig mit ihrem teuren iPhone um und fordern faire Preise. Und dank leistungsfähiger CPUs sind auch iPhone 7 und iPhone X aus zweiter Hand leistungsfähige und noch lange sinnvoll nutzbare Geräte. (Macwelt)