Schnäppchen oder nicht?

iPhone gebraucht kaufen - darauf müssen Sie achten

12.04.2019
Von 
Stephan Wiesend schreibt für die Computerwoche als Experte zu den Themen Mac-OS, iOS, Software und Praxis. Nach Studium, Volontariat und Redakteursstelle bei dem Magazin Macwelt arbeitet er seit 2003 als freier Autor in München. Er schreibt regelmäßig für die Magazine Macwelt, iPhonewelt und iPadwelt.
Auch ein gebrauchtes iPhone kann eine gute Wahl sein – wenn Sie vor dem Kauf auf bestimmte Dinge achten. Welche, lesen Sie hier.

Will man ein neues iPhone bei Apple kaufen, hat man seit Oktober nicht nur die Wahl zwischen iPhone XS und iPhone XR: Apple produziert und verkauft auch noch Modelle der beiden Vorjahre, iPhone 7 (Plus) und iPhone 7, während iPhone 6S und iPhone SE langsam aus dem Handel verschwinden. Wie jedes Jahr kommen mit den neuen iPhones auch jede Menge Gebrauchtgeräte in den Umlauf, viele Käufer der neuen iPhones wollen die Anschaffung mit Verkauf des ein oder zwei Jahre alten Geräts zumindest in Teilen finanzieren.

iPhone 4S bis iPhone 6 Plus
iPhone 4S bis iPhone 6 Plus
Foto: Apple

Vor allem die Geräte von vor zwei Jahren sind nach Auslauf der für sie abgeschlossenen Verträge häufig auf dem Gebrauchtmarkt zu finden, aber auch die jetzt gerade einmal ein Jahr alten Modelle iPhone 8 und iPhone 8 Plus lassen sich zu günstigen Preisen auf den Gebrauchtmarkt kaufen. Viele iPhone-Nutzer besorgen sich noch immer jedes Jahr ein neues Gerät ohne Vertragsbindung.

Wir erklären im Folgenden, was Sie als Käufer zu beachten haben, um nicht vom Schnäppchen enttäuscht zu werden – und in welchen Fällen sich doch die Neuanschaffung lohnen könnte.

iPhones, die älter sind als das iPhone 6S sind – wie das 5S und 6 – würden wir nicht mehr empfehlen. Diese Geräte können von genügsamen Menschen auch heute noch sinnvoll verwendet werden, wir würden sie heute aber auch als Schnäppchen nicht mehr empfehlen. Voraussichtlich werden sie von Apple nicht mehr lange offiziell unterstützt und wichtige Sicherheitsupdates gibt es dann nicht mehr.

Neue alte iPhones bei Apple

Die Preise für die neuen Modelle sind seit der Einführung des iPhone X deutlich angestiegen, will doch Apple die Preise für seine iPhones etwas anheben. So kostet das eigentlich als Einstiegsmodell positionierte iPhone XR mit 64 GB, 128 GB und 256 GB immerhin 849, 909 bzw. 1019 Euro, das iPhone XS in den gleichen Kapazitäten sogar 1149, 1319 und 1549 Euro – zumindest im Apple Store. Wie schon lang üblich bietet Apple die „Vorjahresmodelle“ als günstige Alternativen an, diese Rolle erfüllen aktuell iPhone 7 und iPhone 8, sowohl in der Standard- als auch der Plus-Varianten. Diese Modelle sind günstiger geworden, wenngleich vor allem das iPhone 8 mit 679 Euro noch immer kein echtes Schnäppchen ist. Gab es doch das iPhone SE im Handel zuletzt oft für Preise unter 300 Euro. Günstigstes iPhone ist im Apple Store das iPhone 7 mit 32 GB für 519 Euro.

iPhone 7 und iPhone 7 Plus gibt es bei Apple als Neugerät nur noch in den beiden Kapazitäten 32 GB und 128 GB, das iPhone 8 nur noch mit 64 und 256 GB – das ist wenig flexibel, so gab es das iPhone 8 noch nie mit 128 GB Speicherausstattung. Mit 32 GB Speicher kommt man aber nicht weit und 64 GB Speicher ist mittlerweile eigentlich nicht mehr zeitgemäß. Apple bietet aber mittlerweile nützliche Funktionen für das Einsparen von Speicherplatz, Fotos kann man ebenso auslagern wie Videos und große Apps.

Das leichte und kompakte iPhone 7 ist schon seit 2016 auf dem Markt, bietet aber immer noch gute Leistung und eine brauchbare Kamera. Es war das erste gegen Feuchtigkeit geschützte iPhone, leider auch das erste Modell ohne Kopfhörereingang. Das Plus-Modell war außerdem das erste Modell mit zusätzlicher Telekamera. Wenig empfehlen würden wir allerdings das Modell Jet Black, dieses Modell ist notorisch empfindlich für Kratzer. Das iPhone 8 bietet eine noch bessere Kamera, drahtloses Aufladen und einen eleganten aber bruchempfindlichen Glasrücken.

Im Fachhandel sind die beiden Modelle oft deutlich günstiger als im Apple Store zu haben, im Schnitt spart man dadurch etwa zehn bis 15 Prozent gegenüber dem Apple-Preis. Vor allem das iPhone 7 ist in Sonderaktionen gelegentlich sogar für knapp 400 Euro zu haben: Ein sehr attraktives Angebot.

Der größte Vorteil eines Neukaufs: Es handelt sich um Neugeräte, was sich vor allem bei der Leistung des Akkus positiv auswirkt. Nach zwei Jahren mehr oder minder intensivem Gebrauch macht sich der Verschleiß deutlich bemerkbar. Gebrauchte haben aber auch ihre Vorteile, nicht nur beim Preis. So gilt neben Apples Ein-Jahres-Garantie eine Gewährleistungspflicht durch den Verkäufer – falls etwa plötzlich der Akku ausfällt.

Tipps für Verkäufer

Interessieren Sie sich für ein neues iPhone? Die Gelegenheit für das iPhone XR ist gerade günstig, weil der Vertrag beim Mobilfunkprovider ausgelaufen ist? Das zwei Jahre alte iPhone 7 (Plus) oder das im Vorjahr gekaufte iPhone 8 (Plus) ist aber noch so gut in Schuss, dass Sie es bedenkenlos weiterverkaufen können und das neue Gerät damit teilfinanziert ist.

Das haben Sie beim Verkauf zu beachten:

SIM-Lock entfernen (sofern vorhanden): So genannten SIM-Locks von Provider sind kaum noch anzutreffen, bei einigen alten Vertrags-Handys müssen sie aber doch noch damit rechnen. Mehr Details dazu finden Sie hier.

Daten sichern: Ihr iPhone ist entweder per iTunes an den Mac gekoppelt oder legt seine Backups in der iCloud an. Bevor Sie Ihr iPhone für den Weiterverkauf "platt machen" sollten Sie Ihr Neues eingerichtet oder zumindest noch ein Backup erstellt haben.

Mein iPhone suchen ausschalten: Schon seit iOS 7 dient die Suche nach einem verlegten oder gestohlenen iPhone auch als Sicherheitsmechanismus. Ist die Option nicht ausgeschaltet, lässt sich das iPhone nicht ohne Kenntnis des Passwortes für die Apple ID neu einrichten. Und die verkaufen Sie ja nicht mit...

iPhone auf Werkseinstellung zurücksetzen: Auch das geht entweder über iTunes oder direkt über das Gerät.

Endreinigung: Ein sauberes iPhone erzielt einen höheren Preis, für Verkäufer und Käufer ist die Endreinigung also eine Win-win-Situation. Ein handelsübliches nebelfeuchtes Mikrofaser-Tuch erledigt die Reinigung mit Bravour. Zum Lieferumfang gehören auch die Kopfhörer und ein USB-Kabel. Nach rund einem Jahr intensiver Nutzung kann es schon mal passieren, dass sie in einem dezenten Grau-Beige statt Weiß erscheinen. Hier hilft ein Wattepad mit ein paar Tropfen Glasreiniger.

Verkaufen: Nicht nur Ebay bietet sich an, auch Rebuy, Maconline oder andere Ankaufsspezialisten. Selbst Apple nimmt Gebrauchtgeräte mittlerweile in Zahlung. Allerdings bietet der deutsche Apple Store leider oft weniger als Wirkaufens und Co.

Gebrauchte – Chance und Risiko

Im Gebrauchtmarkt findet man günstigere Preise und – wenn eine große Kapazität wichtiger ist als viel Leistung – auch ältere Modelle mit den verschiedensten Speichervarianten wie 16 bis 256 GB Speicher. Dabei ist der Aufpreis für Speicher oft sogar moderat.

iPhones haben zwar, verglichen mit anderen Smartphones, einen hohen Wiederverkaufswert, doch von den kräftigen Aufpreisen, die Apple für mehr Speicher verlangt, bleibt nicht viel übrig. iOS 12 lässt sich ab dem iPhone 5S installieren. Wir raten jedoch mindestens zu einem 7er-Modell. Das kommende iOS 13 läuft zwar vermutlich auch noch auf dem iPhone 6S und SE. Letzteres hat zu Recht seine Fans und ist mit 16 GB schon für etwa 150 Euro zu haben. Allerdings empfehlen wir noch 50 Euro draufzulegen und eher ein Modell mit 32 GB zu erwerben – Die Versionen mit 32 und 128 GB gab es nämlich erst ab 2017, die Versionen mit 16 und 64 GB (und ihre Akkus) sind schon mehrere Jahre alt. Tipp: Oft sind die Versionen in den weniger beliebten Farben Gold und Rosé etwas günstiger. Ein Nachteil dabei ist, dass man mit den Gebrauchsspuren des Vorbesitzers leben muss. Schwerwiegender als kosmetische Probleme sind jedoch altersbedingte Abnutzung und Defekte. Darunter fällt in erster Linie der Akku, der je nach Intensität der Nutzung nach etwa zwei bis drei Jahren anfängt, spürbar nachzulassen. Sie sollten daher nicht erwarten, dass die Nennwerte erreicht werden. Da selbst das iPhone 6S aber maximal vier Jahre alt ist, sollte der Akku in einigermaßen brauchbarem Zustand sein.

Trotzdem ist der Akku ein Argument für das jüngere iPhone?7 oder gar das noch jüngere iPhone 8. Der Akkutausch ist nämlich ab dem Modell 7 doch etwas aufwendiger geworden und gute Akku-Sets kostet knapp 30 Euro. Der Ersatz sollte aus einer zuverlässigen Quelle stammen – auch Apple tauscht Akkus aus. Das kostet bis inklusive dem Modell 8 zwar 49 Euro, ist aber zuverlässiger und sicherer, als wenn man selbst Hand anlegt oder den Bastler aus der Nachbarschaft an das Telefon lässt. iPhone 8 und iPhone 7 sind nach dem eigenhändigen Akkutausch außerdem meist nicht mehr wasserdicht.

Daten aller iPhones

Eine große Hilfe beim Kauf gebrauchter Apple-Produkte ist die kostenlose App Mactracker, die Ausstattung, technische Daten und weitere Infos enthält.

Käufe von Privat

Kauft man ein gebrauchtes Smartphone, bekommt man es von einem Privatverkäufer oft besonders günstig. Es besteht grundsätzlich aber immer das Risiko eines erst später bemerkten Defekts – wie eines defekten Kopfhörer-Eingangs.

Private Verkäufer schließen im Normalfall die Gewährleistung aus. Sie dürfen keine Fehler böswillig verschweigen, aber der Nachweis, dass diese bekannt waren, ist oft schwierig. Bei Privatverkäufen sollte man das iPhone deshalb unbedingt in Augenschein nehmen, Schalter und Anschlüsse testen, da man leicht auf vorhandenen Fehlern sitzen bleibt. Außerdem sollte das Gerät keinen SIM-Lock haben, und „Mein iPhone suchen“ muss ausgeschaltet sein, damit die Aktivierungssperre nicht aktiv ist. Über die Einstellung „Batterie“ erfahren Sie außerdem, ob die Batterie noch in Ordnung ist oder schon die CPU ausbremst.

Interessant sind Kleinanzeigen-Märkte aber vor allem für kleinere Anschaffungen: Etwas einen Lightning-Adapter oder ein günstiges iPhone SE. Fast ein Monopol auf solche Angebote hat Ebay Kleinanzeigen. Hier sind Anzeigen aber oft bereits veraltetet und man darf man sich nicht über Angebote wie ein „iPhone 5 SE“ wundern.

Schnäppchen bei Ebay

Eine gute Anlaufstelle auf der Suche nach gebrauchten iPhones ist die Website von Ebay. Man muss hier ja nicht gleich kaufen, aber es gibt eine große Auswahl an Geräten und wenn man sich abgelaufene Auktionen ansieht, bekommt man schnell ein Gefühl für übliche Gebrauchtpreise.

So kann man über die Anzeige-Option „Verkaufte Artikel“, schnell den aktuell erwartbaren Ebay-Preis recherchieren.

Nicht nur zum Verkaufsstart der neuen iPhone-Generation ist mit einer Hausse zu rechnen, auch kurz nach Weihnachten werden viele alte Geräte angeboten, wobei der Kaufdruck der Mitbieter und damit die Preise etwas geringer ausfallen als vor dem Fest. Ob man Versteigerungen oder Portale für Kleinanzeigen vorzieht, ist Geschmackssache. Letztere bieten eher lokale Angebote, die man vorher ansehen kann. Hier bekommt man das gebrauchte iPhone 7 mit einem „zarten Kratzer“ und etwas Glück für knapp 200 Euro.

Profi-Gebrauchtverkäufer

Nicht jeder Privatverkäufer will sich aber die Mühe machen, Ebay-Angebote zu erstellen und sich mit oft dubiosen Interessenten herumzuärgern. Diese verkaufen ihr iPhone oft an professionelle Ebay-Händler wie Asgoodasnew, Wirkaufen, Rebuy oder Flip4New. Als Käufer erhält man etwas mehr Sicherheit beim Kauf, die Verkäufer dokumentieren den Zustand der Gerät oft sehr ausführlich und bieten ein Rückgaberecht. Dafür muss man aber oft erheblich höhere Preise zahlen. Ein iPhone 7 „wie neu“ gibt es etwa für knapp 300 Euro, ein iPhone 8 für 470 Euro.

Es wird kompliziert: „Graumarkt“-iPhones

Es gibt aber noch eine ganze Reihe an Angeboten, bei denen das iPhone nicht ganz neu aber eigentlich auch nicht gebraucht ist:

Neugeräte vom Privatkäufer:

Anbieter wie Asgoodasnew kaufen von Privatpersonen ein noch originalverpacktes iPhone und verkaufen es mit Rabatt. Hier sind oft 20 Prozent Rabatt oder mehr möglich. Das Problem: Aus rechtlichen Gründen erhält man als Käufer eine Rechnung ohne Mehrwertsteuer. Das ist für Firmen und Selbständige ungünstig, das diese dann keine Mehrwertsteuer von der Steuer abziehen können. (Differenzbesteuerung nach § 25a UStG)

Außerdem kann es sich um ein Gerät aus dem Ausland handeln, etwa aus Italien oder England. Dann gilt zwar eine internationale Garantie von Apple, das Gerät kann aber von Austauschprogrammen ausgeschlossen werden – etwa von Apple Austauschprogramm für das iPhone-X-Display. Zumindest bieten viele Anbieter aber Gewährleistung (Hinweis: Das ist keine Garantie).

Refurbished

Ein weites Feld sind außerdem sogenannte „Refurbished“-Geräte. Refurbished-Geräte haben unter Mac-Anwendern eigentlich einen guten Ruf, da über den Apple-Store angebotenen Macs und iPads meist in exzellentem Zustand sind. Das gilt aber nicht für alle Refurbished-Angebote im Web, macht doch auch Ebay einen feinen Unterschied zwischen „Vom Hersteller generalüberholt“ und „Vom Verkäufer generalüberholt“. Es gibt Händler, die sich bei Prüfung und Aufbereitung viel Mühe geben, diese bieten dann auch meist zwei Jahre Gewährleistung und unterscheiden zwischen zahlreichen Zustandsstufen. Für den Ebay-Nutzer lässt sich aber oft schwer abschätzen, ob ein Händler ein Gebrauchtgerät nun wirklich aufbereitet und geprüft hat. Ab iPhone 7 kann es dann außerdem die bereits erwähnten Probleme mit der Wasserdichtigkeit geben.

Eine Besonderheit versteckt sich hinter dem Kürzel CPO oder Certiefied Pre Owned durch Apple. Hier handelt es sich um vom Hersteller Apple selbst wiederaufbereitete Geräte. So erhält ein von Apple zertifiziertes iPhone ein neues Gehäuse, einen neuen Bildschirm und einen neuen Akku – außerdem wird es neu verpackt und man bekommt 12 Monate Apple-Garantie. Die von Apple bezogenen Geräte sind allerdings sehr teuer und leider nicht über den deutschen Apple Store zu beziehen. Zu haben sind diese Geräte etwa über Back Market, Notebooksbilliger.

Vorführmodelle

Leider ist die Kategorie „Vorführmodell“ im Prinzip Vertrauenssache. Eigentlich sollte es sich um so gut wie neuwertige Produkte handeln, die vielleicht sogar nur kurz in einem Vodafone- oder O2-Shop auslagen. Ungewiss ist allerdings, wie lange es auslag und ob das Gerät schon bei Apple registriert wurde – was sofort die Dauer der Herstellergarantie reduziert. Auch die regionale Herkunft ist ungewiss, was Garantieleistungen wie oben beschrieben einschränkt. Bei diesen Modellen beschweren sich Kunden häufiger, dass das Gerät dann doch nicht mehr os „neuwertig“ war.

Kundenrückläufer

Nach unserer Meinung ebenfalls eine Kategorie für Risikofreunde. Hier handelt es sich um Geräte, die ein Kunde innerhalb der Umtauschfrist zurückgegeben hat. Wenn man Glück hat, hat er das Gerät nur kurz ausgepackt und es ist so gut wie neu. Wenn man Pech hat, war es damit im Strandurlaub und es hat unerkannte Schäden durch Salzwasser und Sandkörner. Oder der Kunde hat es zurückgegeben, weil es ein Montagsgerät mit Macken und schon ab Werk zerkratztem Display war.

Fazit

Grundsätzlich sollte man sich aber nicht von unserer Schwarzmalerei einschüchtern lassen: Die meisten Anwender gehen sehr sorgfältig mit ihrem teuren iPhone um und fordern faire Preise. Und dank leistungsfähiger CPUs sind auch iPhone 7 und iPhone SE aus zweiter Hand leistungsfähige und noch lange sinnvoll nutzbare Geräte. (Macwelt)