Hersteller müssen besser zusammenarbeiten

IP-Telefonie leidet noch unter Problemen mit der Kompatibilität

10.11.2000
SAN MATEO (IDG) - Die Übertragung von Sprache über das Internet Protocol - neudeutsch Voice over IP (VoIP) - soll die TK-Welt umkrempeln. Bis es so weit ist, müssen die Hersteller noch einiges in puncto Interoperabilität verbessern.

Die Hersteller von VoIP-Lösungen versprechen den Anwendern, dass die IP-basierte Telefonie gegenüber der klassischen Sprachübertragung klare Vorteile hat. Immer wieder betonen Anbieter wie Cisco, Nortel oder 3Com, die Unterstützung offener Standards garantiere, dass das Zusammenspiel Server-basierter TK-Anlagen besser funktioniere als in der alten, von proprietären Lösungen dominierten Welt.

Doch bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass es mit der Interoperabilität momentan noch nicht weit her ist. Das hängt damit zusammen, dass die Anbieter zwar bestimmte technische Spezifikationen - etwa H.323 oder G.729 - in ihre Lösungen implementieren, dabei jedoch noch Ergänzungen vornehmen oder Teile der Spezifikation weglassen beziehungsweise schlicht anders interpretieren. Mit der Folge, dass das Zusammenspiel mit Komponenten anderer Hersteller darunter leidet. Ron Westfall, Senior Analyst für Current Analysis, warnt: "Gerade im Umfeld der IP-Telefonie spielt Interoperabilität eine wichtige Rolle. Wenn Anwender von der Flexibilität profitieren sollen, die IP mit sich bringt, dann ist die herstellerübergreifende Kompatibilität unerlässlich."

Die aber ist momentan nur eingeschränkt gegeben. So wollten unlängst etwa 25 Hersteller im Rahmen der IP Telephony Expo in San Diego den Beweis dafür antreten, dass ihre Produkte das halten, was die Verkaufsbroschüren versprechen. Das Ergebnis der unter dem Namen "Convergenet" laufenden Demonstration war eher ernüchternd: Etwa zehn Anbieter schafften es, ihre Produkte erfolgreich mit denen anderer zu verbinden. Die meisten Versuche scheiterten. Den Firmen 3Com, Dynamicsoft und Ubiquity gelang es, das Session Initiation Protocol (SIP) über ihre Produktgrenzen hinweg zu nutzen. Quicknet, Tundo, Unidata, Active Voice Agilent und andere waren mit H.323-Tests erfolgreich.

Dennoch kräftiges Wachstum erwartetAnalyst Westfall appelliert daher an die Anbieter, Interoperabilität zu ihrer höchsten Priorität zu machen. Wenn es nicht möglich sei, VoIP-Lösungen im Rahmen einer Messe, mit kontrollierbaren Rahmenbedingungen und begrenzter Ausdehnung, reibungslos zusammenarbeiten zu lassen, dann sei unsicher, ob sie in absehbarer Zukunft den Sprung in die Weitverkehrsnetze schaffen könnten.

Analysten gehen davon aus, dass sich die Probleme beseitigen lassen - sie erwarten fast unisono ein kräftiges Wachstum des VoIP-Markts. International Data Corp. (IDC) etwa sagt einen starken Anstieg der über IP geführten Gesprächsminuten voraus. In Westeuropa werde deren Summe von 91,5 Millionen Dollar im Jahr 1999 auf 47 Milliarden Dollar im Jahr 2004 hochschnellen. Das würde einem durchschnittlichen jährlichen Anstieg von 192 Prozent entsprechen. England soll im Jahr 2004 mit einem Umsatz von 650 Millionen Dollar der größte Markt für IP-Telefonie sein. Deutschland, so die Analysten, werde der am stärksten wachsende Markt in Europa: Von sechs Millionen Dollar im Jahr 1999 soll der Umsatz mit VoIP-Produkten und -Services hierzulande bis 2004 auf 407 Millionen Dollar steigen. Das entspräche einem jährlichen Wachstum von 188 Prozent.