Internet of Things

IoT - Viel Hoffnung, aber noch wenig Umsetzung

21.12.2017
Von 


Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.

1994 gründete er mit drei Kollegen das Journalistenbüro druckreif in Hamburg, schrieb seitdem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, Focus, den Tagesspiegel, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und viele andere.

Außerdem macht er Hörfunk, vor allem für DeutschlandRadio, und produziert TV-Beiträge, zum Beispiel für die ARD-Magazine Panorama und PlusMinus.

Inhaltlich geht es in seiner Arbeit häufig um die Themen Wirtschaft und IT, aber nicht nur. So beschäftigt er sich seit mehr als 15 Jahren auch mit unseren Sozialsystemen. 2008 erschien im Econ-Verlag sein Buch "Niemand muss ins Heim".

Christoph Lixenfeld schreibt aber nicht nur, sondern er setzt auch journalistische Produkte ganzheitlich um. Im Rahmen einer Kooperation zwischen Süddeutscher Zeitung und Computerwoche produzierte er so komplette Zeitungsbeilagen zu den Themen Internet und Web Economy inklusive Konzept, Themenplan, Autorenbriefing und Redaktion.
Das Internet der Dinge weckt gerade in der Industrie große Erwartungen. Eine Studie zeigt allerdings, dass die meisten Unternehmen noch meilenweit davon entfernt sind.
  • 80 Prozent des Mittelmanagements in der Industrie ist davon überzeugt, dass das Internet der Dinge ihr Business umkrempeln wird, so eine aktuelle Studie.
  • Nur acht Prozent, also ein Zehntel davon, fühlen sich zugleich gut darauf vorbereitet.
  • Wichtigster Hemmschuh für die digitale Transformation via IoT ist mangelnde Investitionsbereitschaft.

Das Verhältnis von Entscheidern in der Industrie zum Internet der Dinge (IoT) ähnelt ein wenig dem von Gläubigen zum Himmelreich: Man setzt große Hoffnungen darauf und ist sich sicher, dass es alles ändern wird, fühlt sich aber zugleich schlecht vorbereitet und weiß nicht so recht, wie man am besten dorthin gelangt.

Die GE-Konferenz Minds+Machines fand in diesem Jahr in San Francisco.
Die GE-Konferenz Minds+Machines fand in diesem Jahr in San Francisco.
Foto: Fotimmz - Fotolia.com

Wie groß die Diskrepanz zwischen Hoffen und Können tatsächlich ist, hat jetzt eine Studie enthüllt, die General Electric (GE) auf der Konferenz "Minds + Machines" in San Francisco vorgestellt hat.

GE ist einer der größten Mischkonzerne der Welt. Gegründet von Thomas Alva Edison, der Erfinder der Glühbirne, ist das Unternehmen vor allem durch seine Aktivitäten in der Energieerzeugung und Energietechnik und für seine Flugzeugtriebwerke bekannt geworden.

In den zurückliegenden Jahren beschäftigte sich GE außerdem mit der Digitalisierung in der Industrie, mit dem Internet der Dinge und seiner praktischen Anwendung. Um Genaueres darüber zu erfahren, hatte das Unternehmen 250 Fach- und Führungskräfte in den USA aus fünf verschiedenen Industrien befragt.

Industrie 4.0: Mehr als 80 Prozent der Führungskräfte sind der Meinung, dass auch für ihr Unternehmen digitale Transformation unerlässlich ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Industrie 4.0: Mehr als 80 Prozent der Führungskräfte sind der Meinung, dass auch für ihr Unternehmen digitale Transformation unerlässlich ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Foto: Zapp2Photo - shutterstock.com

Einerseits ist bei diesem Thema - so ein zentrales Ergebnis - der Optimismus fast grenzenlos: 80 Prozent der Befragten glauben, dass die Technologie ihr Unternehmen und die gesamte Branche, zu der es gehört, massiv verändern wird. Und sogar noch mehr Führungskräfte sind der Meinung, dass der mit dem IoT verbundene Transformationsprozess unvermeidlich ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Der Einfluss auf die Industrie ist gewaltig

Gleichzeitig sagen aber weniger als acht Prozent derselben Befragten, dass ihr Unternehmen auf diese Transformation gut vorbereitet ist, zehn Prozent haben noch überhaupt keine Pläne für deren Umsetzung.

Ob es den Machern nun gefalle oder nicht: Das Internet der Dinge habe schon heute gewaltigen Einfluss auf die meisten Branchen, so Bill Ruh, CEO von GE Digital, der Digitalsparte des Konzerns, auf der Konferenz in San Francisco. Zugleich gebe es aber noch "eine deutliche Kluft zwischen den Erwartungen und der konkreten Umsetzung in den Unternehmen."

Der "GE Digital Industrial Evolution Index"

Damit diese sich ein Bild machen können vom eigenen Status Quo, hat Ruhs Unternehmen den "GE Digital Industrial Evolution Index" aus der Taufe gehoben. Er soll messen und sichtbar machen, wie groß die Lücke zwischen Wollen und digitalem Können tatsächlich ist.

Über alle von GE befragten Unternehmen hinweg erreicht die Industrie aktuell 63 von 100 möglichen Evolutions-Punkten, will sagen, man hat erst weniger als zwei Drittel des Transformationsweges zurückgelegt.

Anders als auf diesem Bild ist in den meisten Unternehmen Transformation bisher ein eher theoretischer Gedanke.
Anders als auf diesem Bild ist in den meisten Unternehmen Transformation bisher ein eher theoretischer Gedanke.
Foto: KUKA

Erfolgskritisch: Konnektivität und Analytics

Die Frage, welche Aspekte des Internets der Dinge am wichtigsten sind für die eigene Zukunft, wird ganz unterschiedlich beantwortet. Für erfolgskritisch im Transformationsprozess halten die meisten Befragten Konnektivität und Data Analytics.

Letztgenannter Punkt ist für die meisten auch elementar, wenn es um IoT-Investitionen der eigenen Firma geht. Außerdem wünschen sich viele Führungskräfte, dass ihr Unternehmen in eine eigene, für den industriellen Einsatz geeignete IoT-Plattform investiert.

Kein oder nicht genug Geld in die Hand nehmen zu wollen, ist allerdings neben Sicherheitsbedenken der größte Hemmschuh für das Vorantreiben der digitalen Transformation.

Außerdem fehlt es, wie eingangs beschrieben, vielerorts an der notwendigen Veränderungsbereitschaft. Mehr als die Hälfte der Befragten ist davon überzeugt, dass ihr Unternehmen die Transformation nur dann meistern wird, wenn es sich nachhaltig verändert.

Transformation mit Hilfe von Digitalisierung kann in der Industrie nur gelingen, wenn alle Beteiligten die neuen Technologien als Partner und als Chance begreifen.
Transformation mit Hilfe von Digitalisierung kann in der Industrie nur gelingen, wenn alle Beteiligten die neuen Technologien als Partner und als Chance begreifen.
Foto: Willyam Bradberry - shutterstock.com

Gelungene IoT-Projekte in der Praxis

Nach Angaben von GE Digital gibt es eine ganze Reihe von Unternehmen, die zumindest die Notwendigkeit einer solchen Veränderung begriffen und auch bereits erste Maßnahmen umgesetzt haben. Im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Studie nennt das Unternehmen einige davon.

Treibstoff sparen mit Analytics

Mit Quantas, der größten australischen Fluglinie, hat GE FlightPulse entwickelt, eine Anwendung, die den Piloten alle nötigen Flugdaten zur Verfügung stellt, damit diese durch effizienteres Fliegen Emissionen senken können. Im Vergangenen Jahr soll Quantas dadurch 30.000 Tonnen Treibstoff eingespart haben.

Datenanalyse im Windpark

Invenergy, das größte private Energieunternehmen Nordamerikas, wird demnächst einen 2000 Megawatt-Windpark namens Windcatcher eröffnen, die größte Windfarm in den USA. Aufwändige Datenanalysen werden hier für die Auslastungs- und Kapazitätssteuerung sorgen.

Analytics für 2000 Kilometer Schienennetz

Rumo, eines der größten Schienen-Logistikunternehmen in Lateinamerika, nutzt den Trip Optimizer von GE Transportation, um die Effizienz von mehr als 2000 Kilometern Schienennetz in Brasilien zu steigern. Das softwarebasierte Energiemanagementsystem läuft auf der sogenannten GoLINC Onboard-Computing-Plattform von GE. Es analysiert unter anderem fortlaufend große Datenmengen, um mit den Berechnungsergebnissen den Treibstoffverbrauch von Zügen zu optimieren.

Kaum durchschaubare Vielfalt von technischen Lösungen

JPMorgen Chase, größte Bank der USA, installierte gemeinsam mit GE ein digitales Energiemanagement, um die Energieeffizienz der rund 4500 Chase-Filialen in den USA zu steigern. Eine Maßnahme dabei war die Umstellung auf LED-Beleuchtung, mit ihr lässt sich der Energieverbrauch einer Bankfiliale massiv senken.

Das Internet der Dinge ist insofern ein komplexes Thema, als es eine Vielzahl von technologischen Ansätzen benötigt: Konnektivität, Kontrollsysteme, Cloud-Lösungen, Datenanalyse, Machine Learning, Sicherheit, Datenschutz und viele mehr.

Wegen dieser kaum durchschaubaren Vielfalt fällt es Unternehmen schwer, eine Blaupause für den besten Weg zur Transformation mit Hilfe des Internet oft Things zu finden. Davon sollten sich die Verantwortlichen allerdings nicht lähmen lassen, sondern stattdessen an der Stelle mit dem ganzen Prozess beginnen, an der sie schon die meiste Erfahrung mit Digitalisierung gesammelt haben.