Verkauf der PC-Division gefordert

Investoren üben harsche Kritik am neuen Olivetti-Vorstand

06.09.1996

Schon das Zustandekommen des Investoren-Meetings war dem "Wall Street Journal" zufolge ungewöhnlich: Die Fonds-Manager von Barings und der japanischen Handelsbank Nomura trafen in London nicht aufgrund einer Einladung des Olivetti-Vorstands, sondern aus eigener Initiative zusammen. Einziger Punkt der Tagesordnung war die massive Unzufriedenheit mit dem Management um den neuen CEO und Nachfolger von Carlo De Benedetti, Francesco Caio. Der frischgebackene Olivetti-Chef war erst im Juli 1996 zu Amt und Würden gekommen, als sich De Benedetti aufgrund seiner Verwicklung in zahlreiche Betrugsaffären aus dem Tagesgeschäft zurückzog. Ursprünglich mit reichlich Vorschußlorbeeren bedacht (Caio hatte als Geschäftsführer des von Olivetti kontrollierten Mobilfunk- Betreibers Omnitel maßgeblichen Anteil am erfolgreichen Start des Konzerns im Telecom-Business), scheint der neue Frontman die Investoren nun um so nachhaltiger zu enttäuschen.

Alles andere als glücklich zeigten sich die institutionellen Anleger vor allem über die Informationspolitik des neuen Managements. Man wisse nicht, ob, und wenn ja, welche Pläne der Vorstand verfolge, um den Konzern aus der Krise zu führen. Ohne hinreichende Kenntnisse darüber sei es aber nicht möglich, die Interessen der Aktionäre zu wahren, klagten die Fonds-Manager. Auch die neue Rolle des früheren "Olivetti-Patriarchen" De Benedetti wird in Börsenkreisen mit gemischten Gefühlen beurteilt. Der nicht unumstrittene Manager hatte im Zuge der Restrukturierung im Juli seinen Posten als Vorsitzender des Boards of Directors beibehalten und öffentlich bereits mehrmals angekündigt, weiter maßgeblichen Einfluß auf Strategien und Partnerschaften des Konzerns nehmen zu wollen. Genau dies möchte aber ein Großteil der Anteilseigner offensichtlich nicht mehr. Nur mit allergrößter Mühe sei ein Beschluß verhindert worden, vom Vorstand den sofortigen "Rausschmiß" De Benedettis zu verlangen, hieß es in London.

Insbesondere für die Neuausrichtung des Konzerns als Player im weltweiten Telecom-Business könnte De Benedetti aufgrund seiner politischen Kontakte noch nützlich sein, glauben einige Investoren. Um so dringlicher wurde der neue Vorstand daher aufgefordert, eine entsprechende Strategie auszuarbeiten und umzusetzen. Dazu gehört nach Ansicht der in London versammelten Olivetti-Anteilseigner ein sofortiger Verkauf der defizitären PC- Unit - erst recht, nachdem diese für das erste Halbjahr 1996 einen erneuten Verlust von 10,5 Millionen Dollar melden mußte. Werde dieser radikale Einschnitt nicht vollzogen, komme der Konzern in eine immer dramatischere finanzielle Schieflage. Ein weiteres Engagement bei Olivetti müßte dann überdacht werden, drohten die Börsenprofis mit Verweis auf die anhaltende Abwärtsentwicklung des Aktienkurses des IT-Konzerns.