10,2 Milliarden Dollar für CRM

Investoren schnappen sich Zendesk

27.06.2022
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der Ausverkauf im Softwaremarkt geht weiter. Für über zehn Milliarden Dollar will eine Investorengruppe Zendesk übernehmen.
Viele Softwarehäuser, deren Kurse gerade in den Keller rauschen, dürften in den kommenden Monaten von Investoren aufgekauft werden.
Viele Softwarehäuser, deren Kurse gerade in den Keller rauschen, dürften in den kommenden Monaten von Investoren aufgekauft werden.
Foto: Andy Dean Photography - shutterstock.com

Eine Investorengruppe unter Führung von Hellman & Friedman LLC und Permira kauft Zendesk für 10,2 Milliarden Dollar. Der Preis von 77,50 Dollar je Aktie bedeutet einen Aufschlag von 34 Prozent für die Aktionäre. Hinter dem Software-as-a-Service-Anbieter von CRM-Lösungen liegen turbulente Monate. Ursprünglich hatte das Management rund um Mitgründer und CEO Mikkel Svane beteuert, unabhängig bleiben zu wollen. Ein Übernahmeangebot im Februar, damals noch im Wert von etwa 17 Milliarden Dollar, hatte das Management ausgeschlagen.

Insofern kommt der Deal überraschend. Erst am 9. Juni hatte Zendesk die Ergebnisse einer Strategieprüfung vorgelegt. Dabei wurden offenbar auch die Chancen für einen Verkauf des Unternehmens ausgelotet. "Der Prozess ergab keine umsetzbaren Optionen für Zendesk", berichtete Svane. "Der Vorstand entschied einstimmig, dass der richtige Weg für eine nachhaltige Wertsteigerung in der Weiterentwicklung von Zendesk als unabhängiges Unternehmen liegt."

Wie viele andere Tech-Unternehmen hat auch Zendesk eine regelrechte Achterbahnfahrt hinter sich. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020 schoss der Aktienkurs des Cloud-Spezialisten in die Höhe - von knapp 57 Dollar Mitte März 2020 auf 158 Dollar Anfang Februar 2021. Bis April dieses Jahres ging es auf und ab, dann kam der Absturz: Mitte Juni notierte das Papier bei gerade noch 56 Dollar.

Streit zwischen Investoren und Zendesk-Führung

Angesichts des Wertverlusts dürften die Verantwortlichen nun die Notbremse gezogen und einen Strategiewechsel eingeläutet haben. Nach Berichten US-amerikanischer Medien kriselt es in den Führungsgremien von Zendesk seit Monaten. Im Oktober 2021 hatte das Unternehmen bekannt gegeben, Momentive Global, besser bekannt als SurveyMonkey, für rund 4,1 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen. Im Februar dieses Jahres stellten sich die Zendesk-Investoren quer und bliesen den Deal ab. Zu groß sei das Risiko, hieß es.

Das Lachen dürfte Zendesk-CEO Mikkel Svane bald vergehen. Nach dem Verkauf dürften seine Tage bei dem Softwarehersteller, den er 2007 mit gegründet hatte, gezählt sein.
Das Lachen dürfte Zendesk-CEO Mikkel Svane bald vergehen. Nach dem Verkauf dürften seine Tage bei dem Softwarehersteller, den er 2007 mit gegründet hatte, gezählt sein.
Foto: Zendesk

Vor allem zwischen dem Großaktionär Jana Partners LLC und der Zendesk-Führung soll es Streit gegeben haben, berichtete das "Wall Street Journal". Nach dem Platzen des ersten Übernahmeangebots im Februar, soll Jana darauf gedrängt haben, CEO Svane und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats Carl Bass abzulösen.

Zendesk wurde im Jahr 2007 von Morten Primdahl, Alexander Aghassipour und Mikkel Svane im dänischen Kopenhagen gegründet. 2014 folgte der Börsengang. Heute hat der Softwarehersteller sein Hauptquartier in San Francisco. Zendesk beschäftigt etwa 5500 Mitarbeiter und versorgt weltweit rund 160.000 Kunden mit Software für das Kundenmanagement. Für das erste Quartal 2021 meldete der Softwarehersteller Einnahmen in Höhe von 388 Millionen Dollar, ein Plus von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Allerdings schreibt das Unternehmen Verluste. So stieg das Defizit in den ersten drei Monaten des Jahres um fast 37 Prozent von 49 auf 67 Millionen Dollar.

Venture Capitalists auf Shopping-Tour

Angesichts des rapiden Kursverfalls vieler Tech-Werte wittern Investoren derzeit ihre Chance. Gerade erst hat Thomas Bravo die Akquisition von Anaplan für 10,4 Milliarden Dollar abgeschlossen. CEO Frank Calderoni musste dort seine Posten als Chairman und CEO räumen. Mit Charles Goodman übernahm ein Mann der Investoren das Ruder. Im Januar hatten sich Vista Equity Partners und der Private-Equity-Arm der Elliott Management Corp. zusammengetan, um für 13,6 Milliarden Dollar Citrix Systems Inc. zu übernehmen.