Zukunft der niederländischen Softwareschmiede unsicher

Invensys steht vor dem Verkauf von Baan

25.04.2003
MÜNCHEN (CW) - Invensys Plc. plant offensichtlich, sich von der Tochter Baan Holdings NV zu trennen. Unklar ist, wer den Zuschlag erhalten wird. Neben Peoplesoft und SSA Global Technologies wird auch Jan Baan als Käufer gehandelt.

Die Ehe zwischen dem englischen IT-Mischkonzern Invensys und dem Anbieter von betriebswirtschaftlicher Standardsoftware Baan steht vor dem Scheitern. Invensys hatte Baan im Jahr 2000 für 708 Millionen Dollar gekauft. Jetzt will Invensys neben weiteren Geschäftsfeldern das niederländische Unternehmen zum Verkauf anbieten, um wieder profitabel zu werden. Nähere Details über die Gründe und die Zukunft von Baan möchte der Konzern im Rahmen der Vorstellung seiner Jahresbilanz am 29. Mai 2003 bekannt geben. Allerdings betonte Invensys, dass Unternehmen wolle seine Produktions-Management-Sparte nicht aufgeben.

Marktbeobachter äußerten, Invensys könne innerhalb weniger Wochen einen Käufer finden, da Baan immer noch über solide Produkte und einen attraktiven Verkehrswert verfüge. Als potenzielle Käufer werden unter anderem der wiedererstarkte ERP-Anbieter SSA Global Technologies aus Chicago und Peoplesoft gehandelt. Auch das Softwarehaus Vanenburg Group mit Jan Baan als Teileigentümer kommt als Kaufkandidat in Frage.

SSA hielt sich allerdings bedeckt: Man gebe keine Auskünfte zu den Gerüchten, sagte Firmensprecherin Meike Bauerochse. Allerdings könne man bestätigen, dass SSA weiterhin auf der Suche nach Übernahmekandidaten sei - "auch aus dem ERP-Umfeld".

SSA hatte Anfang 2002 von Computer Associates (CA) dessen E-Business-Applikations-Geschäftsbereich Interbiz und damit Software-Tools für das Supply-Chain-Management (SCM) sowie für das Financial- und Human-Resource-(HR-)Management erworben.

Außerdem kaufte das Softwarehaus Ende vergangenen Jahres die Infinium Software Inc. Infinium ist Anbieter von Web-integrierten Enterprise-Business-Applications, die an IBMs I-Series angepasst sind. SSA konzentriert sich mit seinen ERP-Angeboten vor allem auf die Branchen Chemie, Pharma, Nahrungsmittel und Getränke sowie Consumer Packaged Goods (CPG).

Peoplesoft kommentierte bis Redaktionsschluss die Gerüchte nicht. Charles Homs, Analyst bei Forrester Research, geht allerdings davon aus, dass Anbieter von Software für den Manufacturing-Bereich wie Oracle und Peoplesoft keine passenden Kaufkandidaten sind - und dies "sowohl aus finanziellen Gründen" wie auch deshalb, weil sie selbst ähnliche Tools im Portfolio haben.

Die Vanenburg-Option sieht Homs ähnlich kritisch. Wenn ein Tochterunternehmen der Vanenburg-Gruppe (zu der Baan früher schon einmal gehörte) wie etwa Cordys Systems, das als Käufer in Frage kommen könnte, sich zur Baan-Übernahme entschlösse, würde dies in eine "ähnlich unklare finanzielle Struktur führen, wie sie Baan früher schon aufgesplittet hatte". Baan-Kunden gibt Forrester den Rat abzuwarten, wer den ERP-Anbieter übernimmt. Baan-Kunden würden sowohl beim Wechsel auf einen anderen Anbieter als auch beim Upgrade auf Gemini viel Geld ausgeben müssen, weswegen Abwarten vorerst die richtige Strategie sei. Wer nicht warten könne, dem ständen Implementierungs-Werkzeuge zur Migration auf denkbare Plattformen wie die von Oracle, Manugistics oder SAP zur Verfügung.

Prinzipiell, so Homs, komme aber auch ein Investor als Kaufkandidat von Baan in Frage. Golden Gate Capital oder Bain Capital wären eine gar nicht so schlechte Option, da diese beiden nicht das Problem hätten, die Baan-Technik an eine eigene anpassen zu müssen. (jm)