Interview mit dem Vorsitzenden des Arbeitskreises "Mobile Solutions" der Initiative Hamburg@work

13.01.2006
COMPUTERWOCHE VERLEGERPUBLIKATION - Jens Habler ist Vice President Sales im Geschäftssegment Infrastructure Services bei Lufthansa Systems und Vorsitzender des Arbeitskreises „Mobile Solutions“ der Initiative Hamburg@work.

Frage: Inzwischen hat fast jeder Deutsche ein Handy und schreibt SMS – ist damit der Markt für mobile Lösungen ausgereizt?

Habler: Nein, das ist nur ein kleiner Teil dessen, was mit mobilen Lösungen machbar ist. Dabei ist die weite Verbreitung von Handys natürlich eine gute Basis für weitere Angebote im Consumer-Markt. Mobile-Payment, Mobile-Ticketing, Location-Based-Services, mobile Unternehmensanwendungen – da gibt es ein weites Feld, das noch lange nicht erschlossen ist.

Jens Habler, Vorsitzender des Arbeitskreises „Mobile Solutions“ der Initiative Hamburg@work.
Jens Habler, Vorsitzender des Arbeitskreises „Mobile Solutions“ der Initiative Hamburg@work.

Frage: Wie sehen Sie den zukünftigen Markt für mobile Anwendungen ?

Habler: Da stehen wir zweifellos noch ganz am Anfang einer gewaltigen Entwicklung. Dabei denke ich nicht nur an den Consumer-Markt, sondern auch an Unternehmensanwendungen wie etwa den mobilen Zugriff auf Vertriebs-, CRM- und ERP-Systeme und die Integration in die Unternehmensprozesse.

Frage: Also ein Wachstumsmarkt?

Habler: Ganz sicher. Ich rechne damit, dass die Gebühren für mobile Datenübertragung in Zukunft deutlich fallen werden, und damit mobile Lösungen noch attraktiver werden. Auf der Comsumer-Seite wird es leistungsfähigere Endgeräte wie Handys und PDAs und zunehmende Angebote im Bereich der Sprach-, Bild- und Datenübertragung geben. In der Enterprise-IT wird die zunehmende Integration mobiler Lösungen zu starken Veränderungen der Arbeitswelt führen.

Frage: Was heißt das?

Habler: Während für Privatkunden mobile Angebote ein Mehr an Information oder auch Unterhaltung bringen, haben mobile Lösungen für Unternehmen eine essenzielle Bedeutung: Mittel- und langfristig wird bei ihnen auch die Wettbewerbsfähigkeit von einer effektiven und kostengünstigen Informationsverarbeitung abhängen. Mobile Lösungen werden daran in Zukunft entscheidenden Anteil haben.

Frage: Welche Rolle spielen dabei Übertragungstechniken wie etwa die breitbandigen UMTS-Netze?

Habler: Es ist natürlich von Vorteil, dass jetzt in den großen Ballungsräumen ein drahtloses Breitbandnetz verfügbar ist. Aber im Consumer-Bereich scheint mir noch eine Killer-Anwendung zu fehlen. Wie sich UMTS im Kontext der Enterprise-IT entwickelt, muss man abwarten. Ich sehe UMTS als eine von mehreren Übertragungstechniken neben GSM, GPRS oder WLAN. Weitere wie etwa Wimax werden hinzukommen. Letztlich wird keine Übertragungstechnik als eindeutiger Sieger hervorgehen, sondern sie werden nebeneinander existieren. Mobile Dienste werden zunehmend so konzipiert sein, dass sie auf das jeweils leistungsfähigste verfügbare Netz zugreifen können.

Frage: Der Erfolg mobiler Lösungen ist also keine Frage der Technik?

Habler: Nein, es geht im Privatkundenbereich eher um die Entwicklung von attraktiven Angeboten und tragfähigen Geschäftsmodellen. Bei Unternehmenskunden steht die Integration mobiler Lösungen in das Back-End der Enterprise-IT im Vordergrund.

Frage: Wo werden wir in zehn oder fünfzehn Jahre stehen?

Habler: Auf Dauer werden mobile Lösungen die Arbeitswelt und die Gesellschaft grundlegend verändern. Wenn man daran denkt, welche Auswirkungen es hat, wenn man jederzeit an jedem Ort Zugriff auf alle Informationen und Unternehmensanwendungen hat, bekommt man einen Eindruck von der Tragweite. Das berührt auch die Arbeitsbedingungen, Verkehrspolitik, Umwelt und Ökologie sowie die Organisation von Unternehmen und Gesellschaft.