Interview/"BS2000 ist nicht mehr unser Kernmarkt"

01.03.1996

CW: Sie sagten kuerzlich, das Betriebssystem BS2000 werde es ueber das Jahr 2000 hinaus geben...

Page: ...Wir denken daran, es umzubenennen in BS3000 (lacht), aber das hatten wir ja schon...

CW: Kreieren Sie damit ueberhaupt noch ein Neugeschaeft?

Page: In beschraenktem Umfang ja, naemlich dann, wenn es darum geht, bestehende Applikationen an neuen Standorten zu installieren. Ausserdem ist immer mal wieder ein Ausbau der Rechnerleistung bei bestehenden Systemen gefragt.

CW: Wieviel Umsatz erzielen Sie mit BS2000?

Page: Das bewegt sich zwischen einer und zwei Milliarden Mark, aber BS2000 ist nicht mehr unser Kernmarkt.

CW: SNI hat angekuendigt, seine beiden Unix-Systeme, also Sinix und DC/OSx, zu einem sogenannten Reliant-Unix zu vereinigen. Was aendert sich fuer die jeweiligen Benutzer?

Page: Eigentlich gar nichts. Beide Systeme basieren ja auf Unix System V, Release 4. Wir fuehren nur die Extras zusammen, die jeder Hersteller an so ein Unix anflanscht. Das Wesentliche ist, beide Plattformen basieren auf dem gleichen Prozessor.

CW: Und die Anwendungen ...

Page: ... die laufen.

CW: Auch wenn ein neues Release von Reliant-Unix kommt?

Page: Ja, auf beiden Maschinen.

CW: Man hat den Eindruck, dass sich SNI sehr fuer Windows NT stark macht.

Page: Wir machen uns stark fuer den Microsoft-Markt. NT spielt dabei sicherlich eine wesentliche Rolle.

CW: Und was ist mit Unix?

Page: Jede Technologie ist erst neu, dann ist sie reif, und dann wird sie aelter und ist irgendwann zu alt. Man kann ueber Unix sicher sagen, dass es nicht mehr neu ist. Der Traum von vor ein paar Jahren, dass es das allgemeine Betriebssystem werden wird, dieser Traum ist ausgetraeumt.

CW: Setzen Sie auf NT?

Page: NT ist offensichtlich so attraktiv, dass es bereits einen neuen Trend ausloest, obwohl es leistungsmaessig noch seine Grenzen hat.

CW: Sie haben angekuendigt, die BS2000 auf RISC umzustellen.

Page: Als Grossrechner-Anbieter muss man sich auf den neuen Wettbewerb einstellen, oder man verschwindet vom Markt.

CW: Sie portieren das Betriebssystem. Was passiert mit den Anwendungen?

Page: Die werden emuliert, der Anwender merkt nichts davon.

CW: Wie sieht es mit Intel aus?

Page: Im Moment koennten wir das BS2000-Betriebssystem nicht auf Intel portieren, da bekommen wir die noetige Leistung nicht. Aber im Prinzip waere das einmal denkbar.

CW: Wie beurteilen Sie das wachsende Platinengeschaeft von Intel?

Page: Das ist durchaus aergerlich fuer uns.

CW: SNI entwickelt ja auch fuer die Home-PCs die Platinen selbst. Rechnet sich das noch?

Page: Wir haben eine hochautomatisierte Fertigung und sind damit in der Lage, Geld zu verdienen. Wir werden auch aus unserer Perspektive versuchen, Volumen zu generieren. Sie kennen unsere Beteiligung an Escom zum Beispiel.

CW: Nun hat sich allerdings DEC aus dem PC-Consumer-Geschaeft zurueckgezogen.

Page: Wir verdienen mit dem PC Geld, mit dem wir andere Dinge finanzieren koennen, beispielsweise die Platinenentwicklung und - fertigung unserer Server. Darum ist das PC-Geschaeft so wichtig fuer uns.

CW: Wie erklaeren Sie sich, dass SNI von den europaeischen Anbietern so ziemlich als einziger schwarze Zahlen schreibt?

Page: Alle diese europaeischen Bemuehungen, zu denen ja auch die Initiative zu einer gemeinsamen europaeischen Computerfirma gehoerte, haben sich nur auf Europa konzentriert.

CW: Und das war bei SNI anders?

Page: Ja, wir hatten immer den Weltmarkt im Visier, daran fuehrt kein Weg vorbei. Und dass das von Deutschland aus nicht gehen soll, das widerlegen zumindest zwei Firmen, die Software AG und die SAP. Wichtig ist, dass wir den Wandel von einem plattformgetriebenen Mainframe-Hersteller hin zu einem Unternehmen geschafft haben, das sich primaer auf Loesungen fokussiert und das Technologie zwar als wichtig, aber als sekundaer betrachtet.

Mit Dr. Peter Page, Vorstandsmitglied von SNI, sprach CW- Redakteurin Kriemhilde Klippstaetter.