Ausbau der EU-Datenautobahnen läuft auf Hochtouren

Interoute legt das Fundament für paneuropäisches Petabit-Netzwerk

09.07.1999
LONDON (hi) - Bandbreite im Überfluß? Dieser Wunsch zahlreicher europäischer Anwender könnte bereits nächstes Jahr in Erfüllung gehen. Nachdem US-Unternehmen wie Level 3, Qwest Communications, MCI Worldcom etc. bereits das Rennen um breitbandige paneuropäische Netze eröffnet haben, kündigte jetzt I-21, eine Tochter der britischen Interoute Communications Ltd., an, ein Petabit-Netz (= 1000 Terabit) zu bauen.

Die Europäer, bislang in Sachen Hochgeschwindigkeitsnetze nicht unbedingt verwöhnt, gehen besseren Zeiten entgegen. Diverse Unternehmen bauen in der Alten Welt schnelle Glasfasernetze, die den steigenden Bedarf an Internet- und Datentransfers sowie Telefonverbindungen befriedigen sollen. Mit I-21 stellte jetzt Ohad Finkelstein, Chairman und CEO von Interoute in London, eines der ehrgeizigsten Projekte vor.

Über die Tochtergesellschaft I-21 will Interoute 1,5 Milliarden Dollar investieren, um eines der größten paneuropäischen Glasfasernetze zu errichten. Sieben Ringe verbinden, so die derzeitige Planung, 70 Städte in 17 Ländern. Dazu verlegen die Briten über acht Millionen Kilometer Glasfaser, eine Strecke, die reicht, um 200mal die Welt zu umspannen. In der ersten Phase, die bis Ende 2000 abgeschlossen sein soll, ist der Anschluß von Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden, der Tschechischen Republik, Italien, Spanien, der Schweiz und Österreich geplant. In der zweiten Ausbaustufe folgen dann die Länder Irland, Skandinavien, Polen, Weißrußland und Rußland. Als Kunden hat I-21 unter anderem Post- und TK-Gesellschaften, neue Carrier, Internet-Service-Provider sowie Großkonzerne im Visier.

Während die Kosten für die erste Phase mit 1,5 Milliarden Dollar bereits feststehen, machte Finkelstein zum geschätzten Finanzbedarf für den zweiten Abschnitt keine näheren Angaben. Einen Großteil der Investitionen für die erste Stufe finanziert Alcatel in Form eines Kredits. Die Franzosen, die bei der Level-3-Ausschreibung gegen Lucent verloren, übernehmen zudem als Generalunternehmer das Design und den Aufbau des Netzes.

Technisch basiert das Netz auf Glasfasertechnik, bei der DWDM-Systeme (DWDM = Dense Wavelength Division Multiplexing) eingesetzt werden. Pro Leerrohr verlegt I-21 insgesamt 192 Glasfasern. Dank der DWDM-Technik lassen sich je Faser 160 Lichtkanäle realisieren, wobei jeder Kanal über eine Bandbreite von 10 Gbit/s verfügt. Insgesamt ergibt sich so pro Leerrohr eine Übertragungskapazität von 300 Tbit/s. Eher Etikettenschwindel ist dagegen die Ankündigung, daß I-21 das erste Petabit-Netz baue. Das Unternehmen vergräbt zwar fünf Leerrohre, die rechnerisch eine Transferrate von über einem Petabit erlauben, bestückt wird jedoch nur, wie oben beschrieben, ein Leerrohr.

In dem europäischen Netzengagement der Amerikaner sieht das Interoute-Management keine Gefahr für die I-21-Pläne, da die US-Firmen keine Erfahrung mit der europäischen Kultur und den EU-Vorschriften in Sachen TK-Regulierung hätten. Inwieweit dies wirklich ein Vorteil für I-21 ist, mag dahingestellt sein. Zumal das Unternehmen, obwohl es nicht müde wird, einen explodierenden Bandbreitenbedarf für Europa zu prognostizieren, sich bezüglich seiner Business-Pläne äußerst zugeknöpft gibt. Manager Finkelstein ließ lediglich verlauten, daß I-21 innerhalb von fünf Jahren schwarze Zahlen schreiben werde.

Allerdings ist der Mehrheitseigentümer von Interoute nicht unbedingt auf einen schnellen Return on Investment angewiesen. Das TK-Unternehmen gehört zu 77 Prozent der Schweizer Sandoz-Stiftung, deren Vermögen auf rund 15 Milliarden Schweizer Franken geschätzt wird.