Jean Paoli und Craig Shank

"Interoperabilität muss sich um den Kunden drehen"

31.03.2009
Von pte pte

Interoperabilität als Prinzip

Wie sieht es mit Interoperabilität in anderen Bereichen als dem Web aus?

Shank: Wir haben vor etwas mehr als einem Jahr Interoperabilitäts-Prinzipien herausgegeben, die gerade für die im Unternehmensbereich wichtigsten Produkte Vorteile bringen sollen - darunter Windows, Exchange und Office. Wir haben für Entwickler über 50.000 Seiten an Dokumentation zu offenen Protokollen und Programmierschnittstellen veröffentlicht.

Und woran arbeitet Microsoft selbst?

Shank: Wir streben beispielsweise eine bessere Unterstützung von Standards an. Das umfasst etwa die Einbindung des Dokumentformats ODF in Microsoft Office. Wir müssen allgemein die Daten-Portabilität sichern. Die Daten unserer Kunden gehören ihnen, also müssen wir Dokumentenformate und Standards unterstützen und sinnvolle Exportfunktionen bieten. Und wir müssen die Zusammenarbeit in der Industrie verbessern.

Was wären dafür konkrete Praxisbeispiele?

Shank: Viele Nutzer haben E-Mails auf einem Exchange-Server und nutzen diverse Smartphones. Anhand der von uns veröffentlichten Dokumentation hat etwa Apple via ActiveSync-Protokoll den Zugriff auf Exchange-Mails fürs iPhone implementiert. Das iPhone bietet außerdem einen OXML-Reader, etwa zum Ansehen von E-Mail-Attachments.

Paoli: Ja, und dieser Viewer wurde ebenfalls von Apple selbst implementiert.

Ist die Zusammenarbeit mit der Open-Source-Community für Microsoft wichtig?

Paoli: Ja. Wir arbeiten etwa an einem Open-Source-Projekt mit, um ein Firefox-Plug-in zum Betrachten von OXML-Dateien zu schaffen. Ein witeres Beispiel ist die Azure-Plattform. Sie nutzt offene Standards und wir haben für Entwickler von vornherein nicht nur ein Software Development Kit für .NET, sondern auch Open-Source-Projekte für Java und Ruby vorgestellt. Auch arbeiten wir mit der Apache-Community zusammen, um die Interoperabilität von Web-Services zu sichern.

Bis ins vergangene Jahr tobte Formatkrieg zwischen OXML und ODF, die inzwischen ja beide ISO-Standards sind. Die ISO woltte die Interoperabilität verbessern und für eine Harmonisierung sorgen. Was ist da der letzte Stand?

Paoli: Wir implementieren jetzt beide Formate auf die gleiche Art, mit dem gleichen Nutzerinterface. Und nicht nur das, wir haben vor einem Jahr auch PDF implementiert. Die chinesische Regierung und Industrie schaffen ein neues Format mit speziellen chinesischen Charakteristiken. Letztendlich wird es immer verschiedene Formate entsprechend verschiedenen Bedürfnissen geben, die berücksichtigt werden müssen. Eine Wahlmöglichkeit ist wichtig.

Eine Idee ist, dass es langfristig einen allgemeinen Grundstandard mit darauf aufsetzenden Modulen geben könnte. Ist das wahrscheinlich?

Paoli: Die ISO hat eine Arbeitsgruppe zur Verwaltung von OXML eingesetzte und eine weitere, wo es nur um Interoperabilität geht. Da gibt es viele Teilnehmer, die diverse Ansätze diskutieren. Da sollte wirklich jeder mitmachen, der dazu eingeladen wird. Die genannte Möglichkeit ist einer von etwa einem Dutzend Ansätzen, über die gesprochen wird.

Danke für das Interview. (pte)