Mediatheken

Internet-TV kommt auf den großen Bildschirm

01.09.2012
Die TV-Sender haben mit großem Aufwand Mediatheken im Web aufgebaut, die bislang vor allem auf dem Computer genutzt wurden. Mit den Smart TVs kommt das Web-Fernsehen nun auf den großen Bildschirm. Die erfolgreiche Generalprobe fand bereits vor der IFA statt.

Das Zusammenwachsen von TV und Internet wird auf der Funkausstellung IFA in Berlin schon seit Jahren heiß diskutiert. In den Wohnzimmern der Zuschauer spielten die Smart TVs mit Internet-Anschluss bislang aber nur eine untergeordnete Rolle. Doch seit einigen Monaten zeichnet sich eine Trendwende ab. Während früher die meisten Hybrid-Fernseher gar nicht ans Internet angeschlossen waren, sind inzwischen 60 Prozent aller Smart TVs tatsächlich online.

Wegen der geringen Verbreitung von internet-tauglichen Fernsehern fokussierten sich die TV-Sender in Deutschland bei ihren Internet-TV-Aktivitäten auf das Web. In ihren Mediatheken stellen sie das Gros ihres Programmangebots bereit, damit die Zuschauer die Sendungen dann sehen können, wenn sie Zeit und Lust dazu haben - ohne dafür einen Videorekorder programmieren zu müssen.

Auch durch diese Entwicklung habe der Fernseher seine Rolle als einziges Gerät zur Bewegtbildwiedergabe eindeutig eingebüßt, sagte der Vorsitzende der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu), Rainer Hecker, im Vorfeld der IFA. Der stationäre PC und das Notebook hätten dem "Familienaltar" den Rang abgelaufen. Der gfu-Chef konstatierte aber auch: "Seine Größe, Bildqualität und die Offenheit für die Zusammenarbeit mit aller Art von mobilen Geräten macht den Fernseher weiterhin zur Nummer 1 im Haushalt."

Nach dem Erfolg der TV-Angebote im Web arbeiten nun die Sender daran, die Vorteile des Web-TV nun wieder auf den großen Bildschirm zurückzubringen. Ein wichtiger Test für dieses Szenario fand in den Wochen vor der IFA zu den Olympischen Spielen in London statt, ohne dass ARD und ZDF im großen Maßstab dafür getrommelt haben.

Im Gegensatz zu den Olympischen Spielen in Peking vor vier Jahren nutzten die öffentlich-rechtlichen Sender nicht mehr ihre digitalen TV-Kanäle dafür, um die Hauptsendungen zu Olympia zu ergänzen, sondern das Internet. An den zwölf olympischen Tagen in London wurden mehr als 300 Wettbewerbe in 26 Sportarten ausgetragen. Ständig fielen Entscheidungen parallel. Während sich die Reporter in den Hauptkanälen auf die besonders populären Sportarten fokussierten, konnten die Liebhaber von Randsportarten ihre olympischen Helden in sechs parallel gesendeten Live-Streams im Web anschauen.

Als echte Premiere zu London 2012 konnten Zuschauer die Live-Streams nicht nur mit einem PC oder Tablet-Computer sehen, sondern auch auf einem internetfähigen Smart TV, das den Standard HbbTV unterstützt. "Das Streaming der Olympia-Sendungen über HbbTV war ein Test, der sehr erfolgreich verlaufen ist", resümiert Brigitte Busch, Sprecherin von ARD Digital. "Der Test eröffnet Möglichkeiten, die wir weiter verfolgen werden." Auch das ZDF zeigte sich mit dem Olympia-Test "sehr, sehr zufrieden".

Hinter der kryptisch klingenden Abkürzung HbbTV steckt das technische Verfahren "Hybrid Broadcast Broadband TV", auf das frühzeitig deutsche Sender wie ARD, ZDF und etliche Privatstationen gesetzt haben. Anfänglich stieß diese Variante des Hybrid-Fernsehen bei den meisten TV-Herstellern noch auf wenig Begeisterung. Doch inzwischen unterstützen rund 40 Produzenten von Smart TVs den Standard mit der roten Taste auf der Fernbedienung.

Mit einer wichtigen technischen Änderung wollen die Anbieter von HbbTV-Diensten künftig stärker auf die unterschiedlichen Internet-Bandbreiten in den Zuschauer-Haushalten Rücksicht nehmen. Bislang ist eine Anbindung von mindestens zwei Megabit pro Sekunde Voraussetzung, um die Streams und Zusatzdienste zu empfangen. Nach dem neuen HbbTV-Standard 1.5 wird es in Zukunft möglich sein, die Auflösung an die vorhandene Bandbreite anzupassen und die Bildqualität besonders bei niedrigen Internet-Datenraten zu verbessern. Smart TVs mit einer exzellenten Netzanbindung könnten dann auch mit einer höheren Auflösung bedient werden. (dpa/tc)