Joint Venture von Allianz und DeTe-Immobilien

Internet soll Versicherer weitere Kunden erschließen

18.08.2000
MÜNCHEN (CW) - Der Allianz-Konzern möchte seinen Kunden künftig bei der Schadenregulierung in der Gebäude- und Hausratversicherung einen neuen Service anbieten: Statt Geld fachgerechte Reparatur. Technische Plattform hierfür ist eine Internet-Plattform der neu gegründeten Agemis GmbH, einem Joint Venture des Versicherers mit der Telekom-Tochter DeTe-Immobilien.

Der Anlass einer Allianz-Pressekonferenz vergangene Woche in München könnte für die IT-Branche unter Umständen gravierende (positive) Folgen nach sich ziehen: Als eines der ersten bedeutenden Unternehmen der deutschen Finanz- und Versicherungswirtschaft verknüpft der Münchner Allianz-Konzern ein eigentlich klassisches Geschäftsmodell der so genannnten Old Economy mit einem rein technologischen Vertriebs- und Serviceansatz. Kunden mit einer Hausrat- beziehungsweise Gebäudeversicherung können ab dem kommenden Jahr zwischen einer rein finanziellen Regulierung oder einer fach- und sachgerechten Instandsetzung ihres Schadens wählen. Der Clou an diesem Plan: Die Abwicklung, also Schadensmeldung, Beauftragung und Koordination von Handwerkern sowie die Abrechnung mit der Assekuranz, soll rein Internet-basiert vonstatten gehen.

Verantwortliche Gesellschaft hierfür ist die in München ansässige Agemis GmbH, ein Anfang des Jahres gegründetes Joint Venture der Allianz Versicherungs AG, München, und der Telekom-Tochter DeTe-Immobilien und Service GmbH, Münster. Die Agemis GmbH definiert sich, wie es vor der Presse hieß, als Bindeglied zwischen Handwerksbetrieben, Wohnungswirtschaft und Assekuranz und tritt dabei mit dem Anspruch an, als "erster Dienstleister im Immobilien-Management in Deutschland die komplette Prozessabwicklung über das Internet zu realisieren".

Technische Plattform hierfür ist Agemis-Angaben zufolge ein in den vergangenen zweieinhalb Jahren entwickeltes "Handwerker-Reparatur-Dienst-System" (HDS), das in Form eines digitalen Marktplatzes als Auftragsbörse sowie Clearing- und Abrechnungsstelle fungiert. Konkret: An die Agemis werden vom Versicherer Schadensfälle mit entsprechendem Regulierungswunsch gemeldet. Angeschlossene Handwerksbetriebe können in der Folge Aufträge entgegennehmen, gleichzeitig werden über das HDS die Koordination einzelner Aufträge sowie die Rechnungsstellung und Bezahlung abgewickelt. Wobei Agemis als Generalunternehmer gegenüber Kunden und Handwerksbetrieben auftritt und seinerseits mit der Konzernmutter Allianz abrechnet.

Heiko Rogg, Sprecher der Geschäftsführung von Agemis, geht davon aus, dass seine Company bereits 2005 einen Außenumsatz - also die Summe aller erbrachten Handwerksleistungen plus Provisionen für Agemis - von gut zwei Milliarden Mark erzielen wird. Bereits in der Erprobungsphase des Systems, die seit Anfang 1999 in München lief, habe man Einnahmen im zweistelligen Millionenbereich erzielt, betonte Rogg.

Etwa den gleichen Betrag steckten die Münchner allerdings auch in die Entwicklung ihrer HDS-Plattform, an der teils intern von der IT-Mannschaft des Versicherers, teils mit Unterstützung eines externen Softwarehauses gearbeitet wurde.

Zusätzliche Investitionen waren auch für den Aufbau Regionaler Service Center (RSCs) in Nürnberg, Berlin, Hamburg, Köln, Dortmund, Düsseldorf und Leipzig notwendig, die bis Jahresende betriebsbereit sein und weiteren Großkunden, die man zum Beispiel aus dem Bereich der Immobilienwirtschaft gewinnen möchte, als Anlaufstelle vor Ort dienen sollen. Gleichzeitig will man an den jeweiligen "Knoten" mit Hilfe des HDS-Systems entsprechende "Handwerker-Pools" aufbauen. Die Plattform verfüge auch über Schnittstellen zu gängigen Branchenlösungen, etwa aus der CAD/CAM- oder Bau- beziehungsweise Architektensoftware, hieß es.

Allianz-Vorstandsmitglied Friedrich Caspers machte deutlich, dass sein Konzern das Engagement der neuen Tochter als wegweisend für die gesamte Assekuranzbranche betrachtet. Man wolle auf Seiten der Versicherungskunden mit dieser zusätzlichen Option einen "völlig Typus in einer zeitgemäßen Form ansprechen - Leute, die eindeutig serviceorientiert sind". Was die Kunden und Geschäftspartner des Agemis-Marktplatzes angeht, soll allerdings zunächst der Geschäftskundenmarkt im Vordergrund der Vertriebsbemühungen stehen - also neben den derzeit zwei Agemis-Gesellschaftern, die bundesweit mehr als 80000 Objekte und Liegenschaften in der beschriebenen Form betreuen lassen wollen, besagte bundesweit tätige Immobiliengesellschaften und große Hausverwaltungen.

Das Joint Venture sei zudem, wie Caspers betonte, offen für weitere Gesellschafter - primär aus dem Assekuranzbereich. Für die Versicherungsbranche könnte sich hier, wie der Allianz-Manager indirekt andeutete, allerdings nicht nur aufgrund des Mediums Internet ein neuer Wachstumsmarkt erschließen. Offenbar geht man auch davon aus, dass das Motto "Reparatur statt Geld" in Verbindung mit der Abwicklung über einen digitalen Marktplatz den Versicherern beträchtliche Kosten spart.

Abb:Die "Gewerke" treffen sich: Der Agemis-Marktplatz soll zur zentralen Drehscheibe der Immobilien-Wirtschaft und Assekuranz avancieren. Quelle: Agemis