Web

IE8 zwischen Abwärtskompatibilität und Interoperabilität

Internet Explorer 8: Microsofts steiniger Weg zu Web-Standards

20.03.2008
Von Wolfgang Sommergut 

Verwirrende Vielfalt an Modi

Der Schritt in Richtung standardkonformer Darstellung von HTML-Seiten, den Microsoft mit dem IE8 geht, ist nicht der erste Versuch, den Sünden der Vergangenheit zu entkommen. Bereits der IE6 interpretierte die DOCTYPE-Deklaration, die sich in jeder standardkonformen Seite finden muss, als Schalter zwischen der Anzeige nach Art des IE 5.5 oder gemäß herrschender Standards. Wenn sie nicht vorhanden ist, dann aktiviert der IE6/7 den so genannten Quirks-Modus. Er ist zuständig für den HTML-Salat aus der Web-Frühzeit und für Machwerke von Entwicklern, die seitdem nichts dazu gelernt haben. Der IE8 unterstützt neben den beiden anderen auch noch diesen Modus.

Bei der Einführung des DOCTYPE-Schalters versäumte es Microsoft indes, den neuen Darstellungsmodus für moderne Seiten konsequent an den bestehenden Standards auszurichten. Verschärfend kam hinzu, dass der Windows-Hersteller aufgrund der errungenen Dominanz im Browser-Markt keine Notwendigkeit zur Weiterentwicklung seines Web-Clients sah und erst 2006 nach fünf Jahren ein Update auf dem Markt brachte

Der IE8 kennt bereits zwei Modi für die Abwärtskompatibilität. Schlimmstenfalls kommt in der nächsten IE-Version einer für HTML5 hinzu.
Der IE8 kennt bereits zwei Modi für die Abwärtskompatibilität. Schlimmstenfalls kommt in der nächsten IE-Version einer für HTML5 hinzu.

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Die damals publizierte Version 7 sollte einen evolutionären Weg in Richtung W3C-Konformität einschlagen und verbesserte die Umsetzung der entsprechenden Empfehlungen. Microsoft ging optimistisch davon aus, dass Entwickler, die sich für eine DOCTYPE-Deklaration entschieden haben, sich weitgehend an die Standards halten würden. Tatsächlich orientierten sie sich vor allem an den Eigenheiten des IE6, so dass viele Seiten in der folgenden Browser-Version nicht korrekt angezeigt wurden. Deshalb entschieden sich die Verantwortlichen in Redmond nun für eine neue Rendering-Engine.

Weitere Sonderwege mit HTML 5?

Microsoft rechtfertigt seinen proprietären Kurs offiziell damit, dass wesentliche Standards wie CSS 2 noch nicht veröffentlicht waren, als der IE6 programmiert wurde. Deshalb habe man die Software auf Basis eines W3C-Entwurfts geschrieben, von der sich die endgültige Empfehlung dann schließlich deutlich unterschied. Tatsächlich kam der IE6 mit Windows XP 2001 auf den Markt, während CSS 2 bereits 1998 verabschiedet wurde.

Selbst wenn es nicht mehr möglich war, den endgültigen Standard im laufenden IE6-Projekt zu berücksichtigen, so hätte Microsoft im Rahmen normaler Update-Intervalle dieses Manko beseitigen können. Aber da die Version 6 fünf Jahre am Markt blieb, wirkte sich die mangelhafte Umsetzung von CSS und des Document Object Model (DOM) nachteilig auf das Web aus.

Die Geschichte des IE6 könnte sich beim IE8 mit HTML 5 wiederholen. Der Browser implementiert bereits die nächste Version der Markup-Sprache, die allerdings erst als Entwurf vorliegt. Microsoft möchte sich nicht darauf festlegen, mit der Auslieferung seines Browsers zu warten, bis HTML5 in einer endgültigen Fassung verabschiedet wird. Daher scheint es nicht unwahrscheinlich, dass der Nachfolger des IE8 einen weiteren Emulationsmodus bieten muss, um die vom Standard abweichende Interpretation des Vorgängers beizubehalten.

Fazit

Microsofts Browser-Politik zeigt, wie nachteilig proprietäre Verzerrungen von Standards durch einen Monopolisten selbst auf ein so großes System wie das Web wirken können. Gleichzeitig muss Microsoft erkennen, wie schwer sich ein solcher Kurs korrigieren lässt, wenn sich der Wind in Richtung offene Standards dreht. Angesichts schwindender Marktanteile des IE riskiert Microsoft mit dem harten Schnitt, den die Version 8 vollzieht, in der Gunst der Anwender weiter zu verlieren. Umgekehrt bot das bisherige Modell auf Dauer ebenfalls keine Perspektive mehr.