Für Roboterhersteller ist der Wettbewerb außerordentlich scharf und hohe Entwicklungskosten zwingen

Internationale Verflechtung eines dynamischen Marktes

09.11.1984

FRANKFURT - Einst Horrorvision, heute Gegenwart: Die Fabrikhallen entvölkern sich zusehends - Roboter rücken an die Stelle der Menschen. Konsequenter Vorreiter dieser Entwicklung ist die Automobilindustrie. Andere Branchen in Westeuropa. Japan und den USA folgen mehr oder weniger schnell dem Lockruf der neuen Technik. Der Markt für mikroprozessorgesteuerte Fertigungsautomaten avanciert zum stellen Wachstumspfad. Damit beginnt bei den Herstellern der unerbittliche Kampf um Marktanteile. Die Folge sind internationale Konzentration sowie Verflechtungen, wie die zentrale Abteilung Volkswirtschaft und Öfentlichkeitsarbeit der Commerzbank nachweist.

Vorreiter in der Anwendung der Robotertechnik war weltweit die Automobilindustrie (General Motors arbeitet bereits seit 1961 mit den ersten Schweißrobotern); diese Branche ist auch bis heute mehr als jede andere mit Fertigungsrobotern ausgerüstet. Mindestens ein Drittel - nach anderen Quellen etwa die Hälfte - aller Industrieroboter sind in der Automobilfertigung eingesetzt.

In der Bundesrepublik nutzt die Automobilbranche gegenwärtig 60 Prozent der Industrieroboter. Mit jetzt noch deutlichem Abstand folgen Elektroindustrie, Maschinenbau, Elektronikindustrie sowie Metall- und Kunststoffverarbeitung. Da aber gerade in diesen Branchen die Einsatzmöglichkeiten zunehmen, wird sich mittelfristig der Anteil der Automobilindustrie jenem in den USA (45 Prozent) nähern. In Japan wurde in der Anwendung der' neuen Fertigungstechnologien die Automobilbranche inzwischen sogar schon von der Elektronikindustrie überholt.

USA und Japan führen, Europäer holen auf

Heute bedienen sich alle Industrieländer der Robotertechnologie. Mit welcher Dynamik dieser Markt expandiert, verdeutlichen die enorm hohen Zuwachsraten, die im letzten Jahr nochmals gestiegen sind. Auch die Ostblockstaaten setzen zunehmend die Robotertechnologie ein, in der UdSSR waren Ende 1981 rund 3000 Einheiten installiert, hinzu kamen weitere 600 in anderen europäischen Ostblockländern. Die OECD schätzt den Weltbestand an Handhabungsautomaten für Ende 1982 auf 31 000 (siehe Tabelle 1).

Während Japan und die USA ihre in den 70er Jahren aufgebaute Führungsposition auch jetzt noch behaupten, holen die Europäer und hier insbesondere die Bundesrepublik auf. Ende 1982 arbeiteten in deutschen Fabriken mehr Industrieroboter als in den anderen EG-Partnerstaaten zusammen.

Das Bild verschiebt sich allerdings, wenn man den jeweiligen Roboterbestand in Relation zu der Zahl der Industriebeschäftigten setzt.

Hersteller kommen aus drei verschiedenen Branchen

In der OECD-Statistik der Einsatzdichte (Tabelle 2) hat Schweden (mit durchschnittlich 23,7 Robotereinheiten auf 10 000 Beschäftigte) einen beachtlichen Vorsprung selbst gegenüber Japan (17,5); mit großem Abstand folgt die Bundesrepublik (7,3) noch vor den USA (5,9), Frankreich und Großbritannien.

Auf dem Markt für Industrieroboter konkurrieren inzwischen etwa 220 Hersteller aus westlichen Industrieländern, von denen die führenden 15 etwa 80 Prozent des Marktes auf sich vereinigen. Hinzu kommen noch einige hundert - meist kleine und mittlere Unternehmen, die ebenfalls im Roboterbau engagiert und, jedoch oft nur mit einem Modell eine Marktnische abdecken. In der Bundesrepublik haben etwa 30 Unternehmen Industrieroboter in ihrem Fertigungsprogramm.

Die Roboterhersteller kommen aus drei verschiedenen Branchen, wobei die Produktion von Handhabungsautomaten meist nur eine unter mehreren Produktionsgruppen ist Deshalb werden separate Umsatzangaben für Roboter kaum publiziert Ranglisten - auch international - lassen sich allenfalls nach ausgelieferten Robotereinheiten erstellen; sie sind zudem wegen unterschiedlicher Funktionen der Automation und ihrer Preise recht problematisch.

Eine große Gruppe von Herstellern kommt aus dem Maschinenbau:

- Bundesrepublik: KUKA (Keller und Knapisch), Zahnrad Friedrichshafen, Nimak, VFW-Fokker u. a.

- USA: Unimation Prab Conveyors, Cincinnati Milacron

- Norwegen: Trallfa Nils Underhaug

- Italien: Norda und Basfer sowie

- Japan: Kawasaki Heavy Industries und Yaskawa Electric.

Die zweite Herstellergruppe kommt aus dem Bereich der Elektro- und Elektronikindustrie und zwar sind es meist die führenden Konzerne, die sich in der Roboterfertigung engagiert haben:

Schließlich produzieren die großen Automobilkonzerne in Spezialabteilungen und Tochterfirmen Roboter für den Einsatz in der eigenen Unternehmensgruppe; inzwischen bieten sie ihre Modelle aber auch auf dem Markt an:

- Bundesrepublik: das Volkswagenwerk (neben KUKA größter deutscher Hersteller)

- Frankreich: die zur Renault-Gruppe zahlende ACMA-Cribier

- Italien: Comau-Fiat und

- USA: General Motors

Auf diesem Wachstumsmarkt par excellence ist der Wettbewerb außerordentlich hart Die Entwicklungskosten für "intelligente" Roboter liegen sehr hoch, die Serienfertigung erreicht aber gerade bei den mittelständischen Herstellern selten Stückzahlen von 200 bis 300 Einheiten je Modell (ein für die Rentabilität erforderliches Volumen). Hinzu kommt, daß die amerikanischen und japanischen Großunternehmen den Absatz ihrer Robotersysteme in Europa forcieren.

Zwischen den drei Herstellergruppen und den Absatzzentren USA, Japan und Westeuropa entwickelte sich bereits eine Welle von Lizenzvergaben und Vertriebskooperationen sowie Firmenübernahmen und -verflechtungen.

So befaßten sich in den USA schätzungsweise 60 Unternehmen mit Herstellung und Vertrieb von Industrierobotern. Etwa die Hälfte davon bietet eigene Entwicklungen an, die andere greift auf ausländische Lizenzen zurück. Aufsehen erregte 1982 die Übernahme des Branchenführers Unimation durch den Elektrokonzern Westinghouse.

General Electric hat einen Erfahrungsaustausch mit Volkswagenwerk und Hitachi vereinbart sowie Herstellungs- und Vertriebsrechte von dem deutschen und japanischen Partner für den US-Markt erworben.

Mit Lizenzen Zugang zu neuer Technik verschafft

Ähnliche Agreements schlossen Westinghouse mit Mitsubishi und Olivetti sowie IBM mit Sankyo-Seiki. Joint-venture-Vereinbarungen bestehen auch zwischen Cincinnati Milacron und Dainichi Kiko (Japan).

General Motors (als bedeutender Abnehmer von Robotern) hat sich durch Erwerb von Produktionslizenzen der Fujitsu/Fanuc Zugang zur neuen Technologie verschafft. Gemeinsam mit dem US-Hersteller Cincinnati Milacron liefern GM/Fanuc die Fertigungsautomaten für die deutsche GM-Tochter Opel (mit gut 50 Millionen Mark der wohl größte Einzelauftrag dieses Jahres). Schließlich verfügt Unimation/Westinghouse über Produktionsstätten in Großbritannien (Unimation Europe, Telford).

Die führenden europäischen Hersteller beschränken sich keineswegs auf ihre nationalen Märkte, sondern sind über ein Netz von Auslandsniederlassungen, Kooperations- und Vertriebspartnern auch in den Absatzzentren in USA und Südostasien präsent:

- Der schwedische Roboterhersteller ASEA (Europas Nummer eins} unterhält eigene Fertigungs- (beziehungsweise Montage-)stätten in den USA und in Japan sowie demnächst auch in Spanien und Frankreich.

- Trallfa (Norwegen) - der weltweit mit Abstand führende Produzent von Lackierrobotern - hat Produktions- und Vertriebslizenzen an De Vilbiss (USA) und Kobe Steel (Japan) vergeben.

- Von zwei deutschen Herstellern sind Lizenzvergaben nach USA bekannt:

VW an General Electric (1982) und Nimak an United Technologies.

- Die französische Renault-Tochter ACMA-Cribier, die über die Hälfte ihrer Produktion in der Renault-Gruppe absetzt, inzwischen aber auch an Peugeot-Citroen und Volvo liefert, unterhält ein Joint-venture mit der US-Firma Ransburg.

Umgekehrt haben auch deutsche Firmen Vertriebslizenzen für japanische Automaten übernommen, so Messer Griesheim für das Programm von Yaskawa (Japan),

Siemens-Tochter Mantec für Roboter von Fujitsu-Fanuc

Zeppelin-Metallwerke für Hitachi-Automaten

KUKA hat eine wechselseitige Vertriebskooperation mit Naichi-Fujikoshi (Japan) vereinbart.

Nach Ansicht von Branchenexperten wird der weltweite Verflechtungsprozeß sowie vor allem der Wettbewerb zunehmen. Insbesondere die mittelständischen Hersteller müssen sich aus Kostengründen auf die Entwicklung und Fertigung von Robotern für ganz bestimmte Anwendungen und Funktionen spezialisieren. Nur wenige Großunternehmen dürften auch künftig in der Lage sein, mit ihren Modellen weite Bereiche der Betriebsautomatisierung abzudecken und Roboter für die verschiedensten Verwendungszwecke anzubieten.

Die mittelständischen Anbieter werden deshalb versuchen, ihr "Spezialisierungs-Handikap" durch Kooperation mit anderen Produzenten auszugleichen. So vereinbaren die deutschen Hersteller Cloos und Jungheinrich, Modellentwicklung und Vertrieb von Industrierobotern zu konzentrieren.