Internationale Datenschutzkonferenz warnt vor Überwachungsgesellschaft

06.11.2006
Von Dorothea Friedrich
Datenschützer aus mehr als 40 Ländern fürchten eine weltweite Tendenz zum Überwachungsstaat. Das wurde bei der 28. internationalen Datenschutzkonferenz Anfang November in London deutlich.

So warnte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar: „Der weltweit feststellbare Datenhunger der Wirtschaft und das Interesse staatlicher Stellen an möglichst umfassenden Ermittlungsansätzen bilden eine äußerst brisante Mischung. Noch kann sich unsere Gesellschaft entscheiden, ob sie dem Weg in die Überwachungsgesellschaft weiter folgen will. Dabei müsse deutlich werden, ob „die einzelnen jeweils plausibel begründbaren Maßnahmen in ihrer Gesamtheit für die Demokratie untragbare Konsequenzen haben.“ Er hofft, dass diese Gefahren von Politik und Öffentlichkeit erkannt und die richtigen Konsequenzen gezogen werden. Dafür biete die öffentliche Anhörung des Bundestags-Innenausschusses über die Erweiterung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden zur Terrorismusbekämpfung (Anti-Terror-Datei und Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz) die nächste Gelegenheit.

Weltweite Zusammenarbeit wird wichtiger

Weil weltweit Daten gesammelt und ausgetauscht würden, werde zudem eine verstärkte Zusammenarbeit der Datenschützer auf globaler Ebene immer wichtiger, sagte Schaar weiter. So zeigt eine Studie (Download als PDF) des britischen Datenschutzbeauftragten Richard Thomas, dass immer effektivere technische Überwachungsmöglichkeiten und ihr Einsatz im privaten wie im öffentlichen Sektor zusammen mit immer weiter gehenden Befugnissen der Sicherheitsbehörden weltweit den Weg in die Überwachungsgesellschaft ebnen. Als Beispiele nennt die Studie unter anderem die Überwachung von Gebäuden, Einkaufszonen, Straßen und Wohngebieten durch Videokameras oder die Speicherung von DNA-Abstrichen bei festgenommen Personen, unabhängig von der Schuldfrage.

Aber auch in der Wirtschaft beobachten die Datenschützer weltweit kritische Entwicklungen, etwa bei der umfassenden Datensammlung im Rahmen von Kundenbindungsprogrammen oder bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit durch Scoring-Systeme. Eine besondere Bedrohung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung sehen sie darin, dass Polizeibehörden, Nachrichtendienste und andere staatliche Stellen immer stärker auf Datenbestände zugreifen, die von Unternehmen für eigene Geschäftszwecke erhoben wurden. Noch problematischer ist für sie, wenn der Staat die Unternehmen verpflichtet, personenbezogene Daten über ihre Kunden ohne jeden Anfangsverdacht zu erheben und für mögliche spätere Ermittlungen der Sicherheitsbehörden vorzuhalten, wie beispielsweise bei der Speicherung von Verkehrsdaten im Bereich der Telekommunikation.