Interimsloesung mit Amdahl-Grossrechnern Migrationsprojekt: Taiwanischer Multi kehrt der IBM den Ruecken

08.07.1994

TAIPEH (IDG) - Seit zwei Jahren bemueht sich die Evergreen Group, einer der groessten taiwanischen Mischkonzerne, Teile ihrer Mainframe-basierten DV-Umgebung auf Client-Server umzustellen. Der Erfolg haelt sich noch in Grenzen - zu schwierig gestaltet sich die Abkehr von der IBM, und zu gross sind die Probleme bei der Portierung geschaeftskritischer Anwendungen.

Mit Downsizing und Client-Server-Architekturen beschaeftigt sich Evergreen, seitdem der konzernweite Entschluss fiel, die Geschaeftszweige Fluggesellschaft, Reederei und Containergeschaeft zu trennen. Die noetige Kompetenz kaufte der Wirtschaftsgigant bei der Inforgenius Technology Company ein. Das Beratungshaus ist auf Downsizing-Projekte spezialisiert.

Die Consultants bekamen schon bald Probleme mit dem Haus- und Hoflieferanten IBM, der nur wenig Neigung zeigte, die Downsizing- Plaene seines Kunden zu unterstuetzen. "Allein fuer die Wartung der Grosssysteme zahlte Evergreen der IBM zuletzt jaehrlich an die zwei Millionen Dollar", schildert Inforgenius-President Patrick Chen den Handlungsbedarf seines Kunden. Kurzerhand entschied man sich fuer eine grundsaetzliche Abkehr von Big Blue. Nur noch offene Systeme sollten zum Einsatz kommen, auch im Desktop-Bereich wollte Chen mit der IBM nichts mehr zu tun haben.

Die Berater mussten erkennen, dass sie die Mainframe-Welt ihres Kunden nur zoegerlich wuerden abloesen koennen. "Das Problem liegt in den Mission-critical-Systemen", erlaeutert K.M. Chang, Gruender und Geschaeftsfuehrer des taiwanischen Beratungshauses. "Die geschaeftskritischen Anwendungen arbeiten ueberwiegend interaktiv. Man kann nicht ein System vom Grossrechner nehmen, ohne ein anderes zu beeinflussen." Auch liessen sich Programme wie das Flugreservierungssysteme, nicht ohne weiteres auf offene Systeme uebertragen.

Da Evergreen der IBM die Freundschaft aufgekuendigt hatte, tauschte der Konzern die blaue Hardware gegen Amdahl-Mainframes aus. Der Wechsel auf Zeit hat sich offenbar gelohnt: Angeblich fallen in der Amdahl-Welt nur knapp die Haelfte der IBM-Kosten an.

Derzeit arbeitet Inforgenius daran, nach und nach Client-Server- Anwendungen in Betrieb zu nehmen. Auf HP9000-Servern der Serie 807 und auf 486-PCs laufen Programme fuer Personalwirtschaft, Rechnungswesen, Budgetplanung, ein Fuehrungsinformations- und ein Projekt-Management-System sowie Software fuer die Containerverwaltung. Geringere Lizenzkosten und preiswertere Hardware haben hier nach Angaben der Berater die Kosten um 50 Prozent reduziert.

Auf den Mainframes werden heute noch komplexe Anwendungen fuer das Dokumenten-Management sowie fuer die Buchungs- und Equipmentkontrolle des weltweiten Reedereigeschaefts gefahren. Bis diese Programme auf die offenen Plattformen portiert sind, duerften noch einige Jahre vergehen.

Als Datenbanksystem fuer die Client-Server-Umgebung waehlte Inforgenius Oracle - nicht zuletzt, weil die 4GL-Umgebung Forms das Interesse des Anwenders fand. Allerdings sind die Berater mit den Supportleistungen des Herstellers unzufrieden. Ihnen sei keine Wahl geblieben, da sie ein System wollten, das auf Plattformen unterschiedlicher Groesse verfuegbar sei. Positiv sieht Chen, dass man sich durch die Verwendung von ODBC-Treibern nicht mehr allzu eng an den Hersteller binden muss.