Macht McKinley Merced vorab obsolet?

Intels zweiter IA-64-Prozessor wirft seine Schatten voraus

14.08.1998

Zeitgleich mit diesem Chip, der im Jahr 2001 auf den Markt kommen soll, will Intel einen neuen 0,13-Mikrometer-Herstellungsprozeß auf Kupferbasis ("Copper Chips") einführen. Damit würde gegenüber dem von der Industrie herbeigesehnten Merced eine Verdoppelung der Leistung möglich. Deswegen scheint es durchaus denkbar, daß der IA-64-Erstling als reine Entwicklungsplattform dient und die 64-Bit-Architektur erst mit dem McKinley wirklich den Markt erobert. So könnte man etwa die Ankündigungen von Intels Entwicklungspartner Hewlett-Packard (HP) auslegen, die Entwicklung für seine "PA-RISC"-Prozessoren länger als bislang vermutet fortzuführen.

Bereits im Mai dieses Jahres hatte Intel die versammelten Hardware-Entwickler mit der Mitteilung konfrontiert, die Auslieferung des Merced werde sich von Ende 1999 auf Mitte des Jahres 2000 verschieben. Das nimmt dem 64-Bit-Boliden einigen Wind aus den Segeln.

"Mitte 2000 bietet Merced nur noch die gleiche Leistung wie andere Hochleistungs-RISC-Chips", erwartet Linley Gwennap, Herausgeber des "Microprocessor Report". Compaqs "Alpha 21264" dürfte dann bereits mit höheren Taktraten als Merced zu haben sein, genauso wie die RISC- Prozessoren von IBM und Sun Microsystems.

Intel wehrt sich - in Person von Sprecher Heiner Genzken - naturgemäß gegen derartige Mutmaßungen: "Die Verknüpfung von Prozessor- und Prozeß-Roadmaps ist reine Spekulation." Das Thema Kupfer sei überbewertet: "Wir sehen keine Notwendigkeit, ständig zu erzählen, an was für Technologien wir forschen, wir überzeugen lieber durch marktreife Produkte."

Das Programm zur Einführung des Merced mache gute Fortschritte und erfreue sich außergewöhnlicher Unterstützung von seiten der Industrie. Diese Aussage trifft nach Ansicht der Unternehmensberater von der Aberdeen Group allerdings vornehmlich auf die Hardwareseite zu: "Obwohl Intel ein Riesenprogramm aufgelegt hat, um mit der Einführung von IA 64 genug Software anbieten zu können, erzählen uns die Hardware-Anbieter immer wieder, daß es zu diesem Zeitpunkt zuwenig Applikationen geben wird", konstatiert ein Aberdeen-Report.

Daß IA 64 letztlich erfolgreich sein wird, bezweifelt allerdings niemand. Gwennap verweist etwa auf die zahlreichen Hersteller, die schon konkrete Geschäfts- und Produktpläne ins Rollen gebracht hätten. Und auch wenn das Jahr-2000-Problem, die ständigen Verzögerungen von Windows NT 5.0 oder die Intel-hauseigene Konkurrenz durch die "Xeon"-Familie noch kleine Stolpersteine darstellen könnten: "In Wirklichkeit springt niemand ab", bringt Dean McCarron von Mercury Research die Lage auf den Punkt.

Kupferchips

Alle großen Chiphersteller haben angekündigt, in kommenden Generationen ihrer Prozessoren vom bisher verwendeten Aluminium auf Kupfer umzusteigen, das bessere Leiteigenschaften aufweist. Die IBM wird bereits 1998 erste Power-PC-CPUs mit kupfernen Leiterbahnen auf den Markt bringen, Advanced Micro Devices (AMD) plant den Umstieg im Jahr 2000. Branchenprimus Intel hat nun nachgezogen und wird vermutlich als erstes den McKinley-Chip nach dem neuen Verfahren produzieren.