Erste Systeme kommen im nächsten Jahr

Intels Itanium-Chip verspätet sich

28.07.2000
MÜNCHEN (CW) - Intel hat die Auslieferung seiner ersten "Itanium"-Prozessoren auf das vierte Quartal dieses Jahres verschoben. Marktreife Rechner, die auf der 64-Bit-Architektur der Kalifornier basieren, erwarten Experten im ersten Halbjahr 2001. Der Hersteller begründet die Verzögerung mit zusätzlich erforderlichen Tests der neuen CPUs.

Anlässlich der Bilanzkonferenz für das zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres erklärte Paul Otellini, Vice President der Intel Architecture Group, dass die ersten Verkaufszahlen für den neuen Itanium-Chip erst im vierten Quartal dieses Jahres in der Intel-Bilanz auftauchen würden. Rechner mit der 64-Bit-CPU seien frühestens für das erste Halbjahr 2001 zu erwarten. Als Grund für die Verzögerung nannte Intel-Sprecher Michael Sullivan die aufwändigen Tests des neuen Prozessortyps. Der Hersteller wolle alle möglichen Fehler vor der Markteinführung ausschalten. Pilotsysteme für die nächsten Testphasen würden jedoch in Kürze ausgeliefert.

Intel setzt große Hoffnungen in seine neueste Chipentwicklung. Nachdem der Schwerpunkt der kalifornischen Prozessorschmiede bislang im Desktop-Bereich und dem Lowend-Segment des Server-Geschäfts lag, will sich der Hersteller aus Santa Clara mit dem Itanium verstärkt im Markt für Hochleistungs-Workstations und -Server etablieren. Doch diesen Markt dominieren bislang renommierte Hersteller wie IBM, Sun oder SGI mit erprobten Risc-CPUs. Um der Konkurrenz Paroli bieten zu können, darf sich Intel mit dem Itanium keine Blöße geben. Insider vermuten, dass der Hersteller aus diesem Grund die Testphase verlängert hat.

Nachfolger des Itanium dürfte interessanter seinMit der Entscheidung, den Itanium-Chip vom dritten auf das vierte Quartal zu verschieben, rückt Intels erste 64-Bit-Chip-Generation näher an die zweite Version, den "McKinley", heran, der nach bisherigen Plänen bereits in der zweiten Hälfte 2001 auf den Markt kommen soll. Er soll laut Hersteller doppelt so schnell arbeiten wie sein Vorgänger. Damit stellt sich für die Anwender jedoch die Frage, warum sie in die erste Itanium-Generation investieren sollten, wenn schon wenige Monate später ein leistungsstärkerer Nachfolger zur Verfügung steht.

Mit der Verspätung des Itanium-Chips bekommen die Softwarehersteller eine Atempause für die Entwicklung von 64-Bit-Applikationen für die neue CPU. So plant beispielsweise Microsoft die Auslieferung seiner ersten 64-Bit-Version des Windows-Betriebssystems für die erste Hälfte des nächsten Jahres. Betaversionen zu Testzwecken sind bereits im Umlauf.

Unterdessen scheint die Unterstüzung der neuen Intel-Architektur bei anderen Firmen zu schwinden. So hat beispielsweise Sun kein besonders großes Interesse mehr daran, sein Betriebssystem Solaris auf die Itanium-Plattform zu portieren. Laut Chief Financial Officer (CFO) Mike Lehman besitzt dieses Projekt keine strategische Bedeutung für die Zukunft des kalifornischen Server-Spezialisten. Bereits im Februar dieses Jahres hatten sich die Auseinandersetzungen zwischen Sun und Intel zugespitzt. Der Chiphersteller hatte sich über das mangelnde Engagement Suns beklagt und seine Unterstützung für die Solaris-Portierung deutlich reduziert.