Nutzen ist klarer als der zu erwartende Erfolg

Intels Dotstation soll PCs als Internet-Surfboard ablösen

30.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Viel kann es nicht, Intels Internet-Gerät "Dotstation". Dafür kostet es mit rund 500 Dollar so viel wie mancher PC. Einigen Analysten ist deshalb schleierhaft, warum dieses Terminal ein Erfolg für den Prozessorkrösus werden soll.

Intels Internet-Gerät läuft unter Red Hats Linux-Betriebssystem und ist mit einem "Celeron"-Prozessor ausgestattet, den der CPU-Hersteller selbst entwickelt und produziert. Zudem soll das System mit einem Netscape- beziehungsweise "Modzilla"-Browser sowie Messaging-Software von Telcordia bestückt sein. Das Terminal soll im dritten Quartal 2000 auch in Europa auf den Markt kommen. Sein Debüt gibt es gerade auf der PC-Expo.

Intels Entwickler statteten den Rechner mit einer Festplatte aus - eine kleine Inkonsequenz des weltmarktführenden Prozessorlieferanten, der den Paradigmenwechsel vom PC zum reinen Internet-Gerät dann doch nicht ganz vollziehen mochte. Der Bildschirm des Terminals ist kleiner als der eines handelsüblichen PCs. Das Design stammt von Intel, gebaut aber wird die Dotstation von einer taiwanischen Firma.

Mit der Dotstation kann der Benutzer im Internet surfen, über das Web E-Mails austauschen und telefonieren. Wie Greg Welch, Marketing-Direktor für Heimprodukte bei Intel, sagte, dürften die Produktionskosten bei rund 500 Dollar liegen. Gemessen an dem Leistungsumfang des Systems, veranlasst dieser voraussichtliche Mindestpreis Analysten zu der Frage, was für eine Existenzberechtigung Intels Internet-Maschine eigentlich besitzt. Zwar geben sich Experten überzeugt, dass Gerätschaft für das WWW abseits vom PC eine große Zukunft hat. Trotzdem konnte sich bislang noch kein Anbieter von Alternativsystemen durchsetzen.

Diverse Handhelds von Palm, Compaq, Handspring, Casio, HP etc. versprechen zwar in Verbindung mit einem Funkmodem oder gekoppelt an ein Handy, das WWW direkt in die Jackentasche zu befördern. Bislang dienen diese Mini-Maschinen allerdings vor allem als Terminplaner und Adressbuch. Als Tor zur vernetzten Welt konnte sich aufgrund der zu kleinen Displays und der geringen Übertragungsraten keines der auf dem Markt befindlichen Systeme etablieren.

Auch Intels Dotstation, die nicht einmal Mobilitätsansprüchen genügt, bedeutet da keinen Durchbruch als wegweisendes Technologiekonzept. Analysten führen lediglich Intels gute Kontakte zur Telekommunikationsindustrie an, die hilfreich sein könnten, um das Gerät zu vermarkten. Das Unternehmen wird nämlich die Dotstation nicht direkt an den Endkunden verkaufen, sondern vor allem an Provider von Web-Portalen, an Banken und Telecom-Firmen sowie an Internet-Service-Provider (ISPs). Insbesondere Letztere, so die Vorstellung der Intel-Marketiers, werden Dotstations dann im Paket mit ihren Dienstleistungen - gegebenenfalls ist die Hardware umsonst - an ihre Kundschaft vertreiben. Ähnliche Konzepte im PC-Umfeld gibt es ja bereits seit längerem - zu erinnern wäre an die Free-PC-Debatte, um die es allerdings ruhig geworden ist.