Neue Dienstleistung "Datex-P" der Deutschen Bundespost für die Datenkommunikation:

Intelligente Infrastruktur für einfache und komplexe Hardware

20.02.1981

Heutige typische Datenübertragungsanwendungen bestehen in der Regel aus Endgeräten (Datenverarbeitungsanlagen und Datenstationen) sowie Übermittlungsnetzkomponenten (private Netzknoten und von der Deutschen Bundespost [DBP] als Hauptanschlüsse für Direktruf überlassene festgeschaltete Leitungen). Die Hauptprobleme aus Anwendersicht sind: Inkompatibilitäten geschlossener Netze, geringe Ressourcenausnutzung (Terminals, Rechner, Leitungen), organisatorische Probleme beim Betrieb flächendeckender Netze aus HfD, privaten Netzknoten und Fernsprechanschlüssen, oft hohe Kosten pro übertragende Datamenge und nicht zuletzt die hohe Eintrittskostenschwelle.

Die Hauptursache der von der DBP zu beeinflussenden Problembereiche ist, daß Leitungen, die teure Ressourcen sind, einzelnen Anwendungen/Anwendern fest zugeordnet werden und dabei oft nur zu einem Bruchteil ihrer Leistungsfähigkeit ausgenutzt werden.

Der Datex-Dienst als eine Problemantwort

Die DBP bietet, um diesen Problembereich zu beheben, im Datex-Dienst und dem dazugehörigen Netz vermittelte Dienstleistungen an. Hier werden Leitungen nicht mehr von der Datenquelle bis zur Senke einem Anwender zugeordnet. Vielmehr erhält der Teilnehmer nur noch eine, von der DBP "Hauptanschluß" genannte, digitale Leitung zu einer "Datenvermittlungsstelle" der DBP. Von hier aus erhält er nach Bedarfsanforderung Übertragungskapazität zugeteilt.

Dies führt dazu, daß die Leitungen nunmehr vielen Teinehmern zur Verfügung gestellt und von ihnen bedarfsgerecht belegt und auch nur nach Benutzung bezahlt werden. Dies führt zu erheblichen Absenkungen der Einstiegskostenschwelle für den Anwender (vergleiche hierzu die Äußerungen Thomas H. Adenauers in der COMPUTERWOCHE vom 7. November 1980, Seite 64). Als Beispiel sei eine Übertragung über 50 km mit 2400 Bit pro Sekunde (bps) genannt: "festgeschaltete Leitung" (HFD) monatlich feste Gebühr: 2 020 Mark Datex-Grundgebühren für zwei Hauptanschlüsse: 400 Mark

Weitere Reduktionen der Einstiegskostenschwelle werden in Abschnitt 4 (Bild 5) beschrieben. Ein Teil dieser Vorteile kann auch bei Benutzung des öffentlichen vermittelten Fernsprechnetzes erreicht werden. Jedoch kann hier die Datenübertragungsrate bei Duplex-Betrieb aus technischen Gründen nur maximal 1200 bps oder 4800 bps bei Halbduplex-Betrieb betragen, während sie im Datex-Netz bei Duplex-Betrieb 48 000 bps erreichen kann.

Außerdem sind im Datex-Netz die Verbindungsaufbauzeit und die Fehlerrate um mehr als eine Größenordnung besser als im Fernsprechnetz. Darüber hinaus realisiert das Datex-Netz eine Reihe für den Anwender wichtiger zusätzlicher Komfort- und

Sicherheitsleistungsmerkmale wie Kurzruf, Direktruf und Gebührenübernahme auf der einen und Teil-

nehmerbetriebsklassen und Identifizierung der beiden an einer Verbindung beteiligten Hauptanschlüsse durch das Netz auf der anderen Seite.

Entsprechend den heute technologisch möglichen beiden Vermittlungsverfahren bietet die DBP heute als einzige Fernmeldebetriebsgesellschaft in der Welt neben der japanischen NTT (Nippon Public Telephone and Telegraph Corporation) einen leitungsvermittelten (Datex-L) und einen paketvermittelten (Datex-P) Datenübertragungsdienst an.

Datex-L: Überblick

Dienstleistungsangebot

- Benutzerklassen: 50 . . . 200, 300, 2 400, 4 800, 9 600 Bit/Sekunde

- Dienstzugang

þHauptanschlüsse 50 . . . 9 600 Bit/Sekunde

þÜbergänge zu anderen öffentlichen Netzen: Datex-P

- Gewählte Verbindungen

- Zusätzliche Leistungsmerkmale (Kurzwahl, Direktruf, Teilnehmerbetriebsklasse, Gebührenübernahme)

Gebühren

- Hauptanschlüsse: feste monatliche Gebühren

- Verbindungen: benutzungszeitabhängige Gebühren, zwei Gebührenstufen auf Grundlage der Entfernung.

Datex-P: Überblick

Dienstleistungsangebot

- Dienstzugang

þHauptanschlüsse 110 ... 48 000 Bit/Sekunde

þZugänge aus Fernsprech-, Teletex-, Datex-L-Netz

- Verbindungen

þgewählte virtuelle Verbindungen

þfeste virtuelle Verbindungen

- Zusätzliche Leistungsmerkmale (Mehrfachanschluß, Gebührenübernahme, Teilnehmerbetriebsklasse [= geschlossene Benutzergruppe] und so weiter)

- Anpassungs-Dienstleistungen (PAD)

Gebühren

- Hauptanschlüsse: feste monatliche Gebühren

- Verbindungen: benutzungsabhängige Gebühren

- Alle Gebühren entfernungsunabhängig

Der Datex-L-Dienst wird seit 1976 (Datex-L 2400) beziehungsweise seit dem 1. 1. 1979 (Datex-L 4800, Datex-l 9600) angeboten, der Datex-P-Dienst (Datex-P 10 und Datex-P 20) seit Juni 1980. Daher sollen im folgenden einige Aspekte des jüngst eingeführten Datex-P-Dienstes behandelt werden.

Um das Datex-P-Dienstleistungsangebot deutlicher darzustellen, wurden "Unterdienste" in Datex-P definiert. Elemente dieser Dienste sind:

- Hauptanschlüsse und Einwählzugänge

- Gewählte und feste virtuelle Verbindungen

- Weitere Leistungsmerkmale

- Kommunikationsprotokoll

Bisher wurden folgende Dienste definiert:

Die Dienste P 32 und 33 realisieren eine einfache Abbildung des Hersteller-Datenübertragungsprotokolls auf die Schnittstelle X.25. Sie enthalten keinerlei Kompatiblitätsdienste; sie erlauben also keine Kommunikation von IBM-Datenstationen mit Siemens-DVA und umgekehrt. Hieraus wird deutlich, daß die diesbezüglichen Teile der Kritik Adenauers in der COMPUTERWOCHE vom 24. Oktober (Seite 20) und vom 7. November 1980 (Seite 4) am Pilotprojekt "PAPA" auf einem unzureichenden Informationsstand des Autors beruhen.

Basis-Dienst Datex-P 10

Der Datex-P 10-Dienst ist der Basis-Dienst des Datex-P-Dienstes. Er ermöglicht den Anschluß intelligenter Datenstationen oder Datenverarbeitungsanlagen mit Hilfe der international genormten Schnittstelle X.25 an das

Vermittlungsnetz (vergleiche Bild 1). Diese Schnittstelle ist anwendungs- und herstellerneutral. Je nach erforderlichem Durchsatz oder Antwortzeit kann man die Datenrate zwischen 2400 bps und 48000 bps wählen.

Jeder Hauptanschluß ist in einen oder mehrere logische Kanäle eingeteilt. Über jeden logischen Kanal können feste oder gewählte Verbindungen mit anderen Hauptanschlüssen des Netztes geführt werden. Bei der Einrichtung des

Hauptanschlusses wird festgelegt, wie viele logische Kanäle er hat, ob ein bestimmter Kanal für eine feste Verbindung mit einem bestimmten anderen Hauptanschluß oder für gewählte Verbindungen verwendet wird.

Bei den für gewählte Verbindungen vorgesehenen logischen Kanälen wird festgelegt, ob sie für abgehende oder ankommende Verbindungen oder für beide Arten benutzt werden können. Mit Hilfe des Merkmals Teilnehmerbetriebsklasse, das es in vier verschiedenen Versionen gibt, kann der Anwender definieren, mit welchen anderen Gruppen von Hauptanschlüssen am Netz sein Hauptanschluß Verkehr haben kann. Diese Leistungsmerkmale können monatlich durch Datenänderungen in den Vermittlungsrechnern der DBP nach den Wünschen des Teilnehmers geändert werden.

Die Gebühren des Datex-P 10-Dienstes (vergleiche Bild 4) enthalten monatliche feste Beträge für die Hauptanschlüsse und kleine Zuschläge dazu für die genannten Leistungsmerkmale. Alle weiteren Gebühren sind benutzungsabhängig. Sie haben teilweise Obergrenzen oder eine Mengendegression bei großer Benutzung. Die Gebührenstruktur enthält eine niedrige Eintrittskostenschwelle, folgt flexibel dem Verkehrsbedarf und enthält degressive Elemente für eine hohe Benutzung.

Hier sei noch auf folgende wesentliche Vorteile des Anwenders hingewiesen:

- Mehrkanalanschluß bringt für DVA erhebliche Vorteile

þGebührenersparnis durch Wegfall vieler Hauptanschlüsse

þKostenvorteile durch Wegfall vieler Leitungsabschlußeinrichtungen

þErhebliche betriebliche Vereinfachungen durch Wegfall vieler Hauptanschlüsse und Leitungsabschlußeinrichtungen

- Redundanz in Datenvemittlungsstellen der DBP sowie Mehrwegeführung der Leitungen zwischen den Datenvermittlungsstellen der DBP bringt

þErhöhte Zuverlässigkeit

þErsparnis besonderer Aufwendungen für "Backup"-Lösungen durch den Anwender

- Vermittlungsfähigkeit des Datex-P-Netzes bringt

þEine Datenstation kann mehrere DVA erreichen

þBei Ausfall einer DVA kann der Datenstationsbenutzer eine andere DVA erreichen.

Voraussetzung der Nutzung des Datex-P 10-Dienstes ist die Verfügbarkeit von Endgeräten, die das Kommunikationsprotokoll X.25 bedienen können. Für vorhandene Endgeräte kann man Anpassungseinrichtungen einsetzen. Um einen Überblick über das Angebot von X.25-Endgeräten zu erhalten, führte der Teilnehmerarbeitskreis Datex-P im Frühjahr 1980 eine Herstellerumfrage durch Bild 2 zeigt einen Überblick über das Ergebnis. Danach haben 35 Hersteller mehr als 70 Produkte angekündigt.

Datex-P 20 mit Einwählzugängen

Es gibt ein großes Potential für Da-tenübertragungsanwendungen mit niedrigen Kosten. Der von der DBP geplante Bildschirmtextdienst bietet eine mittelfristige Lösung vor allem für den privaten Bedarf, Datex-P 20 bietet eine kurzfristige Lösung vor allem für den kommerziellen Bedarf.

Die preisgünstigsten, heute verfügbaren Datenstationen, sind die sogenannten Teletype-kompatiblen Geräte. Sie sind entweder schreib/drukkende Stationen oder Bildschirme. Sie benutzen einen 7-Bit-Code nach dem internationalen Alphabet No. 5 und eine zeichenorientierte Start/Stop-Übertragung. Übliche Datenübertragungsraten sind 300 und 1200 bps und 1200/75 bps. Sie werden von einer Vielzahl von Herstellern angeboten. Ihre Preise bewegen sich meist zwischen 2000 und 3000 Mark.

Der CCITT hat Empfehlungen verabschiedet, wie solche Geräte an Paketvermittlungsnetze angeschlossen werden können. Die Empfehlung X.28 beschreibt das Protokoll zwischen Datenstationen und erster Datenvermittlungsstelle des Netzes, in der in einer sogenannten PAD-Funktion (Packet Assembly Disassembly) die Zeichen der Datenstation in Datenpakete "assembliert" oder vom Netz kommende Datenpakete in Zeichenströme umgesetzt werden. Die PAD-Einrichtung ist mit der Empfehlung X.3 und das Protokoll zwischen PAD und DVA mit der Empfehlung X.29 beschrieben (vergleiche Bild 3).

Bei den Netzzugängen fällt hier auf, daß es für

Datenstationen neben Hauptanschlüssen auch Einwählzugänge aus dem Datex-L- und dem Fernsprechnetz gibt. Diese Zugänge eröffnen den Datenstationen in diesen Netzen den Zugang zu DVA am Datex-P-Netz. Darüber hinaus senkt der Zugang aus dem Fernsprechnetz die monatlichen Festkosten für Anwender mit wenig Verkehr, wie Bild 4 zeigt. Wie die DBP-Ankündigungen zum Bildschirmtext-Modem zeigen, kann mit einem weiteren Sinken der Fernsprechnetz-Modem-Kasten gerechnet werden, so daß die Einstiegskostenschwelle bei geringem Verkehr mittelfristig sinken und die Obergrenze des wirtschaftlichen Einsatzes steigen wird.

Darüber hinaus ermöglicht der Fernsprechnetz-Einwählzugang den Einsatz von mobilen Datenstationen mit akustischer Ankopplung. Dies ermöglicht es beispielweise Vertretern, Kunden bei einem Besuch sehr aktuell zu beraten.

Auf der DVA-Seite stehen Hauptanschlüsse mit 2400 bis 48000 bps zur Verfügung. Sie können mit mehreren logischen Kanälen ausgestattet werden und damit gleichzeitig mit vielen Datenstationen Verkehr haben. Dadurch entfallen die heute noch bei Benutzung des Fernsprechnetzes erforderlichen vielen Hauptanschlüsse und Modems.

Mit dem Leistungsmerkmal Gebührenübernahme können alle Datex-P-Gebühren dem oder den DVA-Anschlüssen angerechnet werden. Auf das hier anfallende Datenvolumen wird dann die Degression gemäß Bild 5 angewandt. Bild 6 faßt die Haupteigenschaften von Datex-P 20, die für Anwender relevant sind, zusammen.

Datex-P-Gebühren

Bild 6 gibt einen Überblick über die Datex-P-

Hauptgebührenpositionen.

Es gibt folgende Hauptgebührenpositionen:

- Grund- beziehungsweise Zugangsgebühren für

þHauptanschluß

þZugang aus anderen öffentlichen Wählnetzen

- Anpassungsgebühr für Anpassung nichtpaketorientierter Datenübermittlungsverfahren an Datex-P-Übermittlungsverfahren

- Verbindungsgebühren

þZeitgebühr für individuell reservierte Netzbetriebsmittel

þVolumengebühr für übertragene Datenmenge.

Die Haupteigenschaften der Gebührenstruktur für den Anwender sind:

- Alle Datex-P-Gebühren sind entfernungsunabhängig

- Die für eine Anwendung zu zahlenden Gebühren enthalten:

þRelativ geringe Festbeträge

þBenutzungs- und mengenabhängige Anteile mit Obergrenzen oder Mengendegression.

Datex-P international und öffentlich

Bild 7 zeigt die für 1980/81 geplanten

Auslandsverkehrsrichtungen, die von Datex-P-Zugängen aus erreicht werden können. Bei Ländern, die in Klammern genannt sind, sind noch Verhandlungen im Gange.

Bild 8 gibt einen Überblick über die Beiträge, die Datex als öffentliche Infrastruktur für die Datenübertragung leisten kann.

*Friedhelm Hillebrand ist Postdirektor im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen in Bonn.