Big Blue beteiligt sich mit 250 Millionen an Chiphersteller:

Intel und IBM: Liaison mit Schwierigkeiten

14.01.1983

ARMONK (nw) - Nachdem kürzlich Gerüchte über eine Fusion zwischen IBM und Intel Corp. kursierten, diese dann aber von dem Halbleiterhersteller dementiert wurden, kommt jetzt doch eine Beteiligung zustande: Big Blue wird sich zu zwölf Prozent bei Intel einkaufen. Ausgeben will das Unternehmen dafür 250 Millionen Dollar, und das Intel-Direktorium soll durch einen von IBM empfohlenen Direktor erweitert werden.

Obwohl IBM eigenen Angaben zufolge die Beteiligung als reine Geldanlage betrachtet, behaupten böse Zungen, daß Big Blue nicht annähernd soviel Know-how auf dem Gebiet der Speichertechnologie besitze, wie es das Unternehmen in der Öffentlichkeit verbreite.

Von einer vollständigen Übernahme des von geplagten Halbleiterherstellers ist jedenfalls nicht die Rede; mögliche künftige Käufe von Intel-Aktien will IBM auf insgesamt 30 Prozent des emittierten Aktienkapitals begrenzen.

Da jedoch die Intel-Aktien einem englischen Informationsblatt zufolge sehr weit gestreut seien, reiche schon eine zwölfprozentige Beteiligung aus, um effektiv Einfluß auf die Unternehmenspolitik ausüben zu können.

Für Intel allerdings wird es höchste Zeit, an Geld zu kommen: Wegen der gegenwärtig schlechten Ertragslage scheint die weitere Forschungs- und Entwicklungstätigkeit des Chipherstellers in Gefahr. Zudem könnte Intel nun Schwierigkeiten mit seinen Abnehmern bekommen, heißt es in der Branche.

Professionelle Beobachter des US-Halbleitermarktes fragen sich, wie diejenigen Intel-Kunden, die gleichzeitig auch IBM-Konkurrenten sind, auf die neue Entwicklung reagieren. Honeywell Inc. und Burroughs Corp. verkaufen Mainframe-Computer in Konkurrenz zu IBM; Digital Equipment ist Mitbewerber von IBM auf dem Markt für Mini- und

Mikrocomputer. Von Digital und Burroughs kam "kein Kommentar", während Honeywell keinen Grund zur Änderung der Geschäftsbeziehungen zu Intel sieht.

Aber auch Intel selbst wird nun teilweise gegen seinen mit zwölf Prozent größten Anteilseigner antreten, IBM nimmt auch 13 Prozent des Intel-Umsatzes ab. Zudem sei Intel im vergangenen Jahr bemüht gewesen, sich im Systemgeschäft zu etablieren. Das sei ein Bereich, in dem die Konkurrenz zu IBM unvermeidlich sei.

Gerüchte, wonach sich der Chip-Spezialist wieder aus dem Systembereich zurückziehen werde, weist der Halbleiterhersteller zurück. Es gebe darüber weder schriftliche noch mündliche Abmachungen, auch würde dies gegen Anti-Trust-Regeln verstoßen. Außerdem mache Intel weniger als zehn Prozent des Umsatzes in Bereichen, die sich mit IBM-Produkten überschneiden,