Der Chipkrösus begibt sich auf die Suche nach dem "besseren Weg"

Intel: Statt schnellen Chips nun viele Kerne

17.09.2004
MÜNCHEN (CW) - Die Kehrtwendung in der Chipentwicklung hat jetzt auch Intel erreicht: Statt die Taktraten in immer neue Höhen zu treiben, setzt man wie AMD, IBM und Sun auf Prozessoren mit zwei CPU-Kernen. Einen Ausblick auf die Entwicklungsvorhaben gab der Chipmogul auf seinem Intel Developer Forum (IDF) in San Francisco.

Vollmundig beschrieb Intels Chief Operating Officer Paul Otellini auf der Entwicklerkonferenz die Pläne für das kommende Jahr, in dem die Company Dual-Core-Prozessoren für Server, Desktops und Laptops auf den Markt bringen will. Statt wie bisher die Leistung über höhere Taktraten zu steigern, sollen andere Techniken - zwei CPU-Kerne, der Ausbau von Hyperthreading, bei dem eine CPU zwei Befehlsketten gleichzeitig abarbeitet, sowie Zusatzfunktionen wie Virtualisierung und Sicherheitsfeatures - in den Prozessoren für mehr Performance sorgen.

Warten auf Longhorn

"Vanderpool" nennt sich die Virtualisierungstechnik, die es einer Ein-Prozessor-Maschine erlaubt, verschiedene Programme und Betriebssysteme abzuarbeiten. Hinter "La Grande" verbergen sich Intels Bemühungen um die Verwaltung digitaler Rechte. Beide Funktionen sollen aber erst in Silizium gegossen werden, wenn Microsoft mit dem neuen Betriebssystem "Longhorn" aufwarten kann.

Über die Roadmap für die CPUs mit zwei Kernen hielt sich Intel entgegen der Erwartung der Analysten mit Details zurück. Zu erfahren war allerdings, dass diesen Produkten die Zukunft gehören soll: Im Jahr 2006 werden 40 Prozent der Desktop-, 85 Prozent der Server- und 70 Prozent der Notebook-Prozessoren mit zwei Rechenkernen arbeiten. Bei den Mobilchips soll Ende 2005 Modell "Yonah" (ein Pentium-M-Chip, der in 65-Nanometer-Technik gefertigt wird) als erster zwei Kerne erhalten. Yonah soll bei Bedarf einen Prozessorkern abschalten und so Strom sparen können und auch die Virtualisierungs- und Sicherheitstechniken (Vanderpool und La Grande) enthalten. Ihn begleitet der Chipsatz "Calistoga", der weitere Funktionen für mehr Sicherheit und längere Batterielebensdauer sowie eine integrierte Grafik bereitstellen soll. Chip, Chipset und Wireless-Modul "Golan" bilden zusammen die "Napa"-Plattform, für die Intel noch einen I/O-Hub mit sechs PCI-Express-Ports entwickelt.

Zuvor soll im nächsten Jahr die eigentlich für dieses Quartal angekündigte "Sonoma"-Plattform die "mobile Unterhaltung" auf den Tragbaren befördern. Sonoma besteht im Wesentlichen aus einer Pentium-M-CPU mit schnellem Frontside-Bus (533 Megahertz) mit passendem Chipsatz "Alviso" und dem Netzmodul "Pro/Wireless 2915 ABG". Intels erklärtes Ziel ist es, im Jahr 2010 ein Notebook mit einer Batterielaufzeit von acht Stunden anbieten zu können.

In San Francisco stellte Intel mit "Rosedale" den ersten "Wi-Max"-Chipsatz vor, der in der hauseigenen Steckkarte "Pro Wireless 5116 Broadband Interface" integriert ist. Er soll alle für Wi-Max notwendigen Funktionen bereitstellen außer dem Funk selbst, der von Drittanbietern wie SMI und Texas Instruments zugeliefert wird. Wi-Max wird nach Einschätzung des Intel-Managements die berühmte "letzte Meile" zum Endanwender liefern. Die Funktechnik stellt einen Zwei-Wege-Zugang zum Internet bereit und liefert Transferraten von 75 MBit in der Sekunde über eine Entfernung von rund 50 Kilometern. Intel will die Technik ab 2006 mit den "Centrino"-Prozessoren unterstützen.

Für Desktop-Rechner arbeitet Intel an einer Lösung, die auf der "Netburst"-Architektur und dem "915-Grantsdale"-Chipsatz aufbaut. Unklar blieb, ob als Basis dafür das x86- oder Itanium-Design verwendet wird. Bei den Server-Prozessoren gab es eine Demonstration des "Montecito", eine Itanium-Implementierung mit zwei Kernen. Der Chip wird über 1,7 Milliarden Transitoren verfügen und Multithreading-fähig sein. Damit würde ein Chip in vier logische CPUs zu unterteilen sein. Zusammen mit dem geplanten 24 MB Cache-Speicher dürfte Montecito eineinhalb mal mehr Leistung bieten als aktuelle Itaniums.

Abi Talwalkar, General Manager der Enterprise Platforms Group und damit verantwortlich für Itanium, räumte ein, dass die überraschend hohe Nachfrage nach AMDs Opteron-Prozessor, der reinen 64-Bit-Serie "Itanium" geschadet hat. Intel begegnete der Herausforderung - eher als eigentlich geplant - mit dem "Nocona"-Prozessor, der ebenfalls 32- und 64-Bit-Programme verarbeitet. Die Nachfrage nach Itaniums blieb deshalb hinter den Erwartungen zurück. Dennoch zeigte sich Talwalkar zufrieden, was die Position der 64-Bit-CPU gegenüber den konkurrierenden Risc-Plattformen in Mehr-Prozessorsystemen angeht: "Das Wachstum bei großen SMP-Installation war wirklich phänomenal". Intel konnte offenbar auch die Softwareentwickler überzeugen, denn das für dieses Jahr gesteckte Ziel von 2000 auf den Itanium portierten und optimierten Programmen habe man bereits jetzt übertroffen. (kk)