Chiphersteller plant Hybridchips für 32 und 64 Bit

Intel kopiert AMDs 64-Bit-Strategie

27.02.2004
MÜNCHEN (CW) - Noch in diesem Jahr wird Intel 64-Bit-fähige Versionen seiner "Xeon"- und "Pentium-4"-Prozessorfamilie vorstellen. Damit reagiert der Chiphersteller auf den Erfolg der ebenfalls für 64 Bit ausgelegten "Opteron"-CPUs des Konkurrenten Advanced Micro Devices (AMD). Ein Scheitern ihrer Itanium-Pläne wollen die Intel-Verantwortlichen jedoch nicht einräumen. Die Architektur soll für den Highend-Server-Bereich weiterentwickelt werden.

"Ab dem zweiten Quartal 2004 wird Intel bei seinen Server- und Workstation-Prozessoren die 64-Bit-Technik einführen", kündigte Intel-Chef Craig Barrett auf dem Intel Developer Forum an, das vom 17. bis 19. Februar in San Francisco stattfand. Für Experten kam diese Nachricht nicht überraschend (siehe www.computerwoche.de/go/80115125 : "Chiphersteller Intel steckt in der 64-Bit-Falle"). Bereits im Vorfeld der Intel-Konferenz hatten Gerüchte kursiert, der Chiphersteller werde eine 64-Bit-Strategie für den Desktop- und Lowend-Server-Bereich vorstellen.

"Nocona" markiert die Wende

Der erste 32-Bit-Chip, der zusätzlich mit den unter dem Codenamen "Clackamas Technology" (CT) entwickelten 64-Bit-Fähigkeiten ausgestattet werden soll, wird ein Xeon-Prozessor sein - Codename "Nocona". Die CPU wird mit einer Taktrate von 3,6 Gigahertz und einem L3-Cache-Speicher von 1 MB arbeiten, kündigte Mike Fister, General Manager von Intels Enterprise Platforms Group, an. Entsprechende Systeme, die auf den Chipsätzen "Lindenhurst" und "Tumwater" basierten, könnten bis zu 16 GB Hauptspeicher adressieren. Alle folgenden Xeon-Prozessoren würden standardmäßig mit 64-Bit-Technik ausgestattet. Die jüngste Pentium-4-Generation "Prescott" soll in der zweiten Jahreshälfte ebenfalls mit den 64-Bit-Funktionen versehen werden.

Damit vollzieht der Chiphersteller aus dem kalifornischen Santa Clara eine Kehrtwende seiner Strategie. Noch vor wenigen Monaten hatten die Verantwortlichen die 64-Bit-Technik für den Desktop- und Lowend-Server-Bereich als wenig zukunftsträchtig abgetan. Man werde im Highend-Segment an der Intel-eigenen 64-Bit-Itanium-Architektur festhalten und die anderen Märkte weiter mit den bewährten 32-Bit-Plattformen bedienen, verlautete wiederholt aus der Konzernzentrale.

Die Erfolge AMDs mit dem hybriden Opteron-Chip dürften die Intel-Manager jedoch eines Besseren belehrt haben. Server-Hersteller wie Sun, IBM und Fujitsu-Siemens Computers (FSC) haben Systeme angekündigt, die den Chip integrieren, der sowohl 32-Bit- wie auch 64-Bit-Applikationen verarbeiten kann. Auch Hewlett-Packard - immerhin entscheidend an der Entwicklung des Itanium beteiligt - plant Opteron-Server.

Um die Glaubwürdigkeit zu wahren, versucht das Intel-Management den Brückenschlag zwischen alter und neuer Strategie. Man könne nun ein breites Spektrum an Lösungen anbieten, die alle Bereiche abdecken und in 32- sowie 64-Bit-Konfigurationen erhältlich sind, erläuterte Barrett. Während Intels neue 64-Bit-Technik für den Workstation- und Lowend-Server-Markt bestimmt sei, setze der Halbleiterhersteller im Highend weiter auf den Itanium.

Die Verantwortlichen von AMD verbuchen Intels Kehrtwende als Erfolg für die eigene Strategie und heißen den Konkurrenten in AMDs 64-Bit-Welt willkommen. "Das bestätigt alles, was wir in den vergangenen Jahren getan haben", triumphiert John Morris, Marketing-Manager von AMD. Nach Einschätzung von Nathan Brookwood, Analyst bei Insight 64, werden auch die Anwender vom Markteintritt Intels profitieren. Wenn Intel mit an Bord sei, werde es auch mit der Entwicklung von 64-Bit-Applikationen schneller vorangehen, prognostiziert der Marktforscher.

Intels neue 64-Bit-Technik werde softwarekompatibel zu AMDs Ansatz sein, versprach Barrett. Es gebe zwar einige kleine Unterschiede innerhalb der Architektur, was zum Beispiel die Instruktionssätze für Multimedia-Anwendungen anbelangt. Hier setzen Intel und AMD auf unterschiedliche Implementierungen. Dies wirke sich jedoch nicht auf die Kompatibilität der Anwendungen aus.

Im Grunde bedeutet das jedoch, dass sich der Wind im Prozessorgeschäft gedreht hat, erläutert Analyst Brookwood. Hat früher AMD Intel-Technik nachgebaut, ist es heute umgekehrt. Chipgigant Intel muss sich an den Vorgaben von AMD orientieren, das seine 64-Bit-Spezifikationen bereits im Jahr 2000 offen gelegt hat.

Es gibt nur ein 64-Bit-Windows

Insidern zufolge dürfte die Softwarestrategie Microsofts ein gewichtiger Grund für Intel gewesen sein, sich an der Konkurrenz zu orientieren. So entwickelt der Softwarekonzern derzeit die 64-Bit-Variante seines Windows-Betriebssystems. Basis der Arbeit ist die 64-Bit-Spezifikation von AMD. Eine marktreife Version wird für die zweite Jahreshälfte erwartet.

Unklar bleibt indes das Schicksal von Intels Itanium-Architektur. Zwar verkündete Barrett, Intel habe im vergangenen Jahr rund 110000 CPUs dieses Typs verkauft und rechne für das laufende Jahr mit einer doppelt so hohen Zahl. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Hersteller damit seine Zielvorgaben weit verfehlt hat.

Trotz der gedämpften Aussichten und der nach wie vor reservierten Haltung der Anwender will Intel weiter am Itanium festhalten. Die Architektur, die aufgrund eines eigenen Instruktionssatzes speziell angepasste 64-Bit-fähige Software erfordert, um ihr Leistungspotenzial auszuschöpfen, soll künftig als Highend-Datenbankplattform im Markt positioniert werden. Außerdem würden mehr und mehr Unternehmen auf die Leistung des Itanium setzen, je mehr Applikationen dafür entwickelt würden, hofft Barrett.

Doch damit war Intel in der Vergangenheit gescheitert. Trotz millionenschwerer Förderprogramme blieb die Zahl der speziell an den Itanium angepassten Anwendungen überschaubar. Ob sich das in der Zukunft angesichts einer zusätzlichen 64-Bit-Plattform ändert, ist fraglich. (ba)