Intel bringt Montecito mit Verspätung

18.07.2006
Brancheninsider sagen es schon seit längerem: Die Zukunft der Prozessoren geht in Richtung mehrerer CPU-Kerne.

Lang genug gedauert hatte es ja, bis der "Montecito"-Prozessor - offiziell "Itanium 2 Processor 9000" genannt - auf den Markt kam: Erstmals hatte Intel den Nachfolger des "Itanium"-Prozessors "Madison" Ende 2004 einführen wollen. Dieser Termin wurde auf Mitte 2005, im Oktober 2005 dann erneut verschoben. Am 18. Juli 2006 nun erblickte der Neue das Licht der IT-Welt auch offiziell.

Die Verschiebungen zeigen, dass es sogar für einen Spezialisten wie Intel nicht trivial ist, 1,72 Milliarden Transistoren auf einer Chipfläche unterzubringen. Zudem ist die Frage der Taktrate und der damit verbundenen Hitzeentwicklung sowie die des Stromverbrauchs für Prozessorbauer ein echtes Problem.

Probleme mit der Hitze

Ähnliche Herausforderungen hatte IBM zu schultern. Deren "Power-5x"-Dual-Core-CPUs sollten ursprünglich mit 3 Gigahertz getaktet sein. Nun werden sie dem Vernehmen nach in einigen Wochen mit Taktraten von 2,1 und 2,3 Gigahertz auf den Markt kommen.

Die Probleme der Wärmeentwicklung bei hoch getakteten CPUs dürften Intels Entscheidung beeinflusst haben, den Montecito "nur" mit einer Taktrate von 1,6 Gigahertz zu versehen. Herbert Cornelius, Technical Marketing Manager Emea bei Intel, sagt, für Unternehmen sei das Thema Hitze, Stromverbrauch und damit Energieeffizienz sehr wesentlich. Der Montecito verbraucht 100 Watt statt der ursprünglich - bei höheren Taktraten - geplanten 130 Watt. Er rechnet mit der gleichen Taktrate wie die Madison-CPU. Trotzdem soll er nach Angaben von Intel wegen interner Optimierungen doppelt so schnell arbeiten wie der Vorgänger.

Nur in der Nische

Geschätzte zehn Milliarden Dollar Entwicklungskosten hatte der Chipriese gemeinsam mit Hewlett-Packard (HP) in seine 64-Bit-Architektur gesteckt - um dann überrascht festzustellen, dass die Kunden doch AMDs auf 64 Bit aufgebohrte x86-Architektur besser fanden, auf der auch ihre alte 32-Bit-Software noch lief. Plötzlich hatte dann auch der Xeon x64-Erweiterungen, und den Itanium fanden eigentlich nur Nischenanwender vor allem im HPC-Bereich (High Performance Computing) interessant.

Zukunft in Sichtweite

Laut IDC wurden im ersten Quartal dieses Jahres nicht mehr als geschätzte 8200 Itanium-basierende Server verkauft - etwas weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Immerhin konnten aber die Computerbauer ihren Umsatz mit Itanium-Systemen im Jahresvergleich um 42 Prozent steigern.

Intels jüngste Sparvorhaben ließen bereits Spekulationen ins Kraut schießen, der Konzern könne sein Itanium-Geschäft verkaufen oder schließen. Intel weist dies vehement zurück. "Alles liegt auf dem Tisch", was die Sparpläne angehe, erklärte Intel-Sprecher Bill Kircos. "Wir haben nach Montecito schon drei weitere Itanium-Generationen in der Mache."

Die Zukunft der Itanium-Prozessoren liegt dabei in der Mehrkern-Technik. Im kommenden Jahr wird der Prozessormarktführer zwar mit dem Itanium-Chip "Montvale" noch einmal ein Dual-Core-Konzept verfolgen. Ab 2008 aber bricht mit der "Tukwila"-CPU das Mehrkern-Zeitalter an, das dann im "Poulson"-Prozessor etabliert sein wird. Beide Chips werden nicht mehr mit Intels 8870-Chipsatz rechnen, sondern mit Neuentwicklungen. Sie teilen allerdings die "Common Platform Architecture" mit der "Xeon"-MP-Prozessorlinie.

Kaum Geschäftsanwendungen

Ein Problem beim Itanium ist und bleibt die Verfügbarkeit von Business-Anwendungen, selbst wenn inzwischen die meisten Betriebssysteme, darunter Windows, Linux und proprietäre Systeme einzelner Hersteller, darauf laufen. Was aber die Applikationen angeht, sahen sich die ISVs (Independent Software Vendors) mit Verspätungen neuer Itanium-Modelle und fehlendem Kundeninteresse konfrontiert.

So wolle zum Beispiel die EMC-Tochter VMware den Itanium nicht unterstützen, erklärt Joe Clabby, Marktforscher bei Clabby Analytics. "Ich habe irgendwie den Eindruck, dass Intel diesen Krieg verloren hat", mutmaßt der Analyst. (jm/tc)