Auf dem Developer Forum

Intel besinnt sich auf Urstärke: Chips, Chips, Chips

09.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Auf dem Intel Developer Forum (IDF) in San Jose äußerte sich Firmenchef Craig Barrett trotz der momentanen Umsatz- und Gewinneinbrüche optimistisch: "Die Entstehung der digitalen Welt steckt erst in den Kinderschuhen."

Damit schwenkt Barrett erneut ein auf die ursprüngliche Kompetenz von Intel. Im vergangenen Jahr klang das noch anders, damals wollte das Topmanagement neue Geschäftsfelder in anderen Märkten erobern, etwa das Geschäft mit Web-Hosting oder Server-Appliances. Doch viele der neuen Projekte führten, zumindest kurzfristig, nicht zum gewünschten Erfolg.

Die jüngst verkündeten Sparmaßnahmen sollen nach dem Willen Barretts zwar nicht die Etats für Forschung und Entwicklung betreffen, jedoch wird am Personal gespart. Mit Einstellungs- und Baustopps sowie der verzögerten Anhebung der Gehälter sollen Kosten reduziert werden, ohne die Fertigstellung neuer Produkte zu gefährden. Allein für den Bereich Networking will Intel in diesem Jahr 35 neue Silizium-Produkte auf den Markt bringen.

Neben dem Brot und Buttergeschäft, der IA-32-Architektur, stützt Intel zukünftige Erfolge auf die 64-Bit-Technik, die "Intel Exchange Architecture" (IXA) sowie auf die "Personal Client Architecture" rund um "Xscale" und den Strongarm-Chip für Handheld-Geräte. Für alle vier Säulen wurden Neuerungen vorgestellt.

Star auf dem IDF war der erstmals gezeigte "McKinley"-Baustein. Der Nachfolger des lange erwarteten ersten 64-Bit-Chips "Itanium" von Intel konnte auf drei Systemen bestaunt werden. Nur drei Wochen nach Fertigstellung der ersten Muster durchlief McKinley die Demonstrationen unter HP-UX sowie den 64-Bit-Varianten von Windows und Linux ohne Probleme. Paul Otellini, Chef der Intel Architecture Group, hofft, dass der Prozessor im kommenden Jahr in kommerziell einsetzbaren Systemen zu finden sein wird. Erst mit McKinley erreicht Intel die für Server benötigte Leistungsfähigkeit der heute schon verfügbaren 64-Bit-Prozessoren von IBM oder Sun Microsystems. Im Vergleich mit der derzeit schnellsten Intel-CPU, Pentium III Xeon, soll der Itanium-Nachfolger nach Angaben von Otellini fünfmal so schnell rechnen.

Erstmals waren die Gründe für die Verzögerung des seit mehr als zwei Jahren überfälligen Itanium-Chips, der endgültig ab dem zweiten Quartal für Umsätze sorgen soll, zu erfahren. "Die Komplexität der Aufgabe mit der Vielzahl der Variablen war schwieriger zu bewältigen, als jeder von uns dachte", räumte Otellini ein. "Wir mussten Fehler beseitigen. Wir mussten ein neues Chipset entwickeln. Wir arbeiteten mit vier Betriebssystemen, nur eines erwies sich als stabile Plattform." Jetzt soll der Itanium aber unter den Betriebssystemen HP-UX, Windows 2000, Linux und IBMs AIX laufen.

Derzeit testeten 500 kleinere Unternehmen mit Itanium-Chips bestückte Pilotsysteme, so Otellini. Wichtig für den Ein- oder Umstieg auf die 64-Bit-Technik ist die passende Software: Bislang sollen etwa 300 Anwendungen, nach anderen Intel-Angaben 400 Programme, die Vorteile der schnelleren Verarbeitung nutzen können. Der Hersteller errichtet nach eigenen Aussagen derzeit weltweit 25 Application-Centers, in denen Unternehmen ihre Software an den Itanium anpassen können. Dennoch räumen Analysten der CPU nur Chancen als 64-Bit-Entwicklungsplattform für den eigentlichen Umstieg auf McKinley ein.

Die 32-Bit-Plattform wird in diesem Jahr trotz der Konkurrenz aus dem eigenen Lager ebenfalls ausgebaut, sorgt sie doch derzeit für den Hauptteil der Einnahmen. Noch in diesem Quartal soll eine 900-Megahertz-Version des Server-Chips Pentium III Xeon auf den Markt kommen, drei Monate später die Server-Variante "Foster" des Pentium 4. Diese CPU will Intel mit mindestens 1,4 Gigahertz takten. Außerdem soll die in den Pentium-4-Prozessoren verwendete Technik "Netburst", die den Netzzugriff verbessert, in alle zukünftigen Xeon-Chips implementiert werden.

Low Voltage bei mobiler CPU

Für den Einsatz in mobilen Geräten ist die mit 700 Megahertz getaktete CPU Pentium III "Low Voltage" gedacht, die nur mehr eine Kernspannung von 1,35 Volt benötigt und damit auf eine Leistungsaufnahme von etwa zehn Watt kommen dürfte. Dank "Speedstep"-Technik düfte sich die benötigte Wattzahl halbieren, allerdings reduziert sich dann die Taktfrequenz auf 500 Megahertz. Zum Vergleich: die derzeit verfügbare 700-Megaherz-CPU zieht ohne Speedstep 15 Watt. Intel will noch in diesem Quartal eine mobile Version des Pentium III mit einem Gigahertz auf den Markt bringen. Nicht vor dem Jahr 2003 ist mit einem vollkommen neuen Chipset für den Mobilsektor zu rechnen, das bessere Funktionalität hinsichtlich Stromaufnahme und drahtlosen Anschlussmöglichkeiten bieten soll.

Eine Neuerung im Fertigungsprozess soll im zweiten Halbjahr 2001 auch die Produktion der mobilen Prozessoren betreffen: die Umstellung auf 0,13 Mikrometer breite Kupfer-Leiterbahnen. Außerdem will die Company von 200-Millimeter-Wafern auf solche mit einem Durchmesser von 300 Millimetern umsteigen. Pro Wafer ließe sich damit die Chip-Ausbeute um 225 Prozent steigern und die Kosten um 35 Prozent senken. Allerdings ist dieser Fortschritt nicht kostenlos zu erreichen: Intel steckt insgesamt 4,5 Milliarden Dollar in die Forschung und 7,5 Milliarden Dollar in den Bau neuer Fabriken.

Peer-to-Peer (P-to-P) heisst das neue Zauberwörtchen, das nicht nur der Software-, sondern auch der notleidenden PC-Industrie auf die Sprünge helfen soll. Nach Ansicht von Intels Cheftechniker Pat Gelsinger ließe sich mit dem Zusammenschalten unterschiedlicher Rechner endlich auch die lukrative professionelle Anwendergemeinde davon überzeugen, in IT am Arbeitsplatz zu investieren. Denn natürlich müssen Teilnehmer an einem P-to-P-Rechnernetz zumindest über so viel Leistung verfügen, dass sie einen Teil davon für Fremdaufgaben abstellen können. Die rosigen Aussichten für Intel kommentierte Gelsinger mit einem "Hallelujah". Hart ins Gericht ging der Technikchef mit Mitbewerber Sun Microsystems, der kürzlich seine Version von P-to-P-Computing basierend auf der Programmiersprache "Jxta" ankündigte, die derzeit zusammen mit Partnern entwickelt wird. Suns Pläne nannte er "einen Versuch, die P-to-P-Gemeinde zu kontrollieren".

Der Telecom-Industrie galt der Aufruf der Intel-Manager, endlich fortschrittliche Dienste über paketbasierende Netze, beispielsweise die nächste Mobilfunkgeneration GPRS, anzubieten. Der Chipmarktführer selbst kündigte sieben optische Netzbausteine an, die die hauseigene IXA-Architektur für paketbasierte Kommunikation unterstützen.