MAI-basicfour im Sanitär-Großhandel:

Integrierte DV ist kein Privileg der Großen

04.08.1978

Der Wirkungsgrad einer Unternehmensorganisation wird unter anderem dadurch bestimmt, inwieweit die verschiedenen Unternehmensbereiche - die Fachabteilungen - in das Kommunikationssystem einbezogen sind. Ein hoher Wirkungsgrad setzt also voraus, daß die für eine Entscheidung notwendigen Daten jederzeit verfügbar sind und daß Informations-Aktualität und -Qualität als eine Einheit betrachtet werden. Dies gilt für Großunternehmen ebenso wie für mittlere und kleine Betriebe, in denen lediglich andere "Werkzeuge" eingesetzt werden. Ein wirksames und wirtschaftliches Instrument zur Rationalisierung in Kleinbetrieben ist der Minicomputer - "lnformationsgenerator" zwischen Sachbearbeitung, Organisation und Management.

Das Sanitär-Großhandelsunternehmen Hermann Birk im schwäbischen Nürtingen ist ein solches Kleinunternehmen. 1962 in Nürtingen gegründet, hat sich die Sanitär-Großhandlung von einem Zwei-Mann-Betrieb zu einem gesunden mittelständischen Unternehmen entwickelt. 55 Mitarbeiter schaffen bei Birk; 11 000 Artikel zählt das Sortiment, das auf 4000 Quadratmetern Lagerfläche angeboten wird. Zu den Kunden - etwa 1000 an der Zahl - gehören Handwerker, Installateure, Bauträger und Privatpersonen.

Datenorganisation und personelle Abhängigkeit

Ein generelles Problem im Bereich der Sanitär-Großhandlungen sind die im Durchschnitt nur geringen Unternehmensgrößen, bei denen sich die Sortiments- und Preisstruktur - vor allem auch im Hinblick auf die verhältnismäßig geringe Höhe der Einzelaufträge - als so komplex erweist, daß sie mit einem vertretbaren Personalaufwand betriebswirtschaftlich nicht mehr optimal zu beherrschen ist. Als Folge davon droht den Großhandelsbetrieben die Gefahr von Improvisation, Desorganisation und personeller Abhängigkeit. Dies freilich um so mehr, je schwieriger die Wettbewerbssituation und je enger der unternehmerische Spielraum ist.

Diese Ausgangssituation führte auch bei der Großhandlung Birk zu der Entscheidung, ein eigenes Computersystem einzusetzen. Nach der Phase der Markterkundung und einer detailierten Produktanalyse entschied man sich bei Birk für einen Kleincomputer von MAI (basic/four Modell 400). Dieses System ist innerhalb der (Business Basic II-) Modellfamilie voll kompatibel und bietet die Möglichkeit zum späteren Übergang auf eines der größeren Modelle.

Die Grundkonfiguration des bei Birk installierten MAI-Systems besteht aus einer Zentraleinheit mit 16 K Bytes Anwenderspeicher (zuzüglich 16 KB für das Betriebssystem "BOSS II"), einer Fest- und Wechselplatte mit je 6 Millionen Bytes Brutto-Speicherkapazität, einer intelligenten Plattensteuereinheit, einem Drucker mit einer Nennleistung von 165 Zeichen pro Sekunde und zwei Arbeitsbildschirmen, die in der EDV und in der Auftragsbearbeitung installiert sind.

Das für diese Applikation geschneiderte Softwaresystem "SANGROSS" wurde von dem Böblinger Softwarehaus "Programm-Standard" entwickelt und implementiert. Es ist ein auf spezielle Probleme des Sanitär-Großhandels abgestimmtes Programmpaket für den gesamten kommerziellen Bereich; insbesondere für die Verkaufs- und Einkaufsabteilung sowie für die Finanz-, Lager- und Lohnbuchhaltung. Außerdem gehören betriebswirtschaftliche Statistiken und Auswertungen für die Geschäftsleitung zum Leistungspaket von SANGROSS.

Applikation aus einem Guß

Kernstück ist die Auftragsbearbeitung mit integrierter Lieferschein- und Rechnungsschreibung sowie der nachgelagerten Rückstandsbearbeitung und Lagerbestandsführung. Im Bereich der Auftragsbearbeitung werden die Bestelldaten über den Arbeitsbildschirm eingegeben. Nach Eingabe der Kunden-Nummer erscheint die gesamte Kundenadresse auf dem Bildschirm. Bei der Erfassung der Artikelpositionen wird meist nur die Bestellmenge und die Artikelnummer eingegeben - anschließend erscheinen Artikel-Klartext, Einzelpreis und Kundenrabatt auf dem Schirm.

Nach Eingabe der Kundenaufträge schreibt der MAI-Rechner automatisch den Lieferschein; eine Kontrolle der Rechnung kann entfallen, da Artikel und Mengen auf dem Lieferschein mit den Angaben auf der Rechnung identisch sind. Sind die Lieferscheindaten für die Fakturierung freigegeben, so schreibt der Computer automatisch die Rechnung. Die Lieferscheine lassen sich wahlweise zu Einzelrechnungen, Sammel- oder Monatsrechnungen zusammenfassen. Im Anschluß an diesen Arbeitsablauf übernimmt das System alle Daten in die Debitoren- und Sachkonten-Buchhaltung und aktualisiert den Warenbestand im Lager.

Die Finanzbuchhaltung wurde voll in das Gesamtsystem integriert. Sie besteht auf, folgenden Buchungskreisen: Debitorenbuchhaltung, Kreditoren- und Sachkontenbuchhaltung. Die einzelnen Konten weisen einen offenen Rechnungsposten mit Rechnungsnummer, Rechnungsdatum, Betrag und Fälligkeit auf. Dadurch kann der Rechner auch die Außenstände überwachen und - falls erforderlich - automatisch mahnen. Ebenfalls integriert sind ein maschinelles Lastschrift-Verfahren (Außenstände werden automatisch eingezogen) und - im Kreditoren-Bereich - schriftliche Zahlungsvorschläge (unter Berücksichtigung der Zahlungsziele).

Hervorzuheben an dieser Applikation, die verdeutlicht, daß integrierte Datenverarbeitung kein Privileg für Großbetriebe ist, ist das bedienerfreundliche Handling des EDV-Systems. Es benötigt weder eine besondere Bedienungskraft noch spezielles EDV-Know-how. Der Bildschirm teilt dem jeweiligen Mitarbeiter automatisch mit, was er zu tun hat (Bedienerführung); etwaige Eingabefehler lassen sich sofort korrigieren. Bei der Sanitär-Großhandlung Birk ist die EDV ein effektives Hilfsmittel zur Rationalisierung der administrativen Abläufe geworden.

*Walter Lönneker, Betriebswirt (grad.), ist freier EDV-Fachjournalist

Großhandels-Informationssystem SANGROSS

Die wichtigsten Statistiken aus dem Programm-Paket sind:

- Eine Tagesrechnungs-Ausgangsstatistik, die zudem für jede Rechnung den erzielten Bruttonutzen ausweist;

- Eine Warengruppen-Statistik; diese zeigt die Erlöse und den Bruttonutzen je Warengruppe im Vergleich zum Vorjahr;

- Eine Artikel-Verkaufsstatistik; sie zeigt den Absatz des einzelnen Artikels im Vorjahr und im laufenden Jahr;

- Eine Kundenstatistik; d. h. der Computer ermittelt für jeden Kunden automatisch den Erlös und den Deckungsbetrag je Warengruppe im laufenden und für das vergangene Jahr;

- Eine Vertreter-Gebietsstatistik; diese weist - pro Monat und für das gesamte Jahr - den Erlös und den Deckungsbeitrag je Warengruppe aus. Zudem errechnet der Computer den Durchschnitts-Deckungsbeitrag je Gebiet.

- Werbe-Adressen; durch Vorgabe von Adressen-Auswahlmerkmalen schreibt der Rechner - zum Beispiel im Rahmen von Direkt-Werbung - bestimmte Kunden oder Kundengruppen gezielt und individuell an.

Neben diesen Statistiken deckt SANGROSS im Großhandelsunternehmen Birk - selbstverständlich - auch die Lohn- und Gehaltsabrechnung ab.