Die technische Rahmenplanung ebnet den Bürosystemen erst den Weg:

Integrations-Missionaren bläst noch der Wind ins Gesicht

24.06.1988

Der Faktor Bürosysteme hat bei einer Kommunikationsplanung künftig höchste Priorität. Wie die Integration dieser wichtigen Komponente anzugehen ist, beschreibt Dietrich Manz. Der Leiter Kommunikationstechnologie bei der Kodak AG in Stuttgart sieht dabei die unternehmensweit gültigen Standards als neuralgischen Punkt.

Büroautomation ist die Organisation der Abwicklung von Bürotätigkeiten durch Einsatz von Bürosystemen und Kommunikationsdiensten. Zur Unterstützung steht eine Reihe von Systemen zur Verfügung (siehe Abbildung). Diese Bürosysteme können einzeln sowie im Verbund betrieben werden. Doch erst im Verbund, durch Integration von Systemhardware, -Software und Orgware, kann der höchste Nutzen für Mitarbeiter und Unternehmen erzielt werden. Voraussetzung dafür ist indes eine frühzeitige Planung, um Schäden durch technischen und organisatorischen Wildwuchs zu vermeiden.

Bei der Planung werden zwei Schritte unterschieden: die Rahmenplanung zur technischen Integration und die darauf aufbauende Bürosystem-Planung, also die organisatorische Integration.

Technische Rahmenplanung ist eine Standardfrage

Alle Büro- oder Bürokommunikationssysteme setzen zur Nutzung das Endgerät, das Transportnetz und das Computing voraus. Ziel der technischen Rahmenplanung ist es, die Integration auf jeder der drei Ebenen (Endgerät, Nets und Computing) so zu handhaben, daß möglichst viele Bürosysteme die gleiche Einrichtung mitbenutzen können.

Als Problem taucht dabei auf, daß alle drei Ebenen geplant werden müssen, bevor im Detail bekannt ist, welche Bürosysteme in einem Unternehmen überhaupt benötigt werden und welche Benutzeranforderungen es für diese Systeme gibt. Denn: Bereits das erste zu installierende Bürosystem verlangt alle drei Ebenen. Der Ansatz zur Planung soll gewährleisten, daß bei mittleren und großen Unternehmen, langfristig gesehen, prinzipiell von jedem Arbeitsplatz auf alle Bürosysteme zugegriffen werden kann.

Eckdaten für die technische Rahmenplanung sind:

- die vorhandene Infrastruktur für Daten- und Sprachkommunikation,

- Planungen der Deutschen Bundespost,

- gegebenenfalls Planungen von Mutter- und Schwestergesellschaften.

Von den Eckdaten ist in der Regel die vorhandene Infrastruktur für Kommunikation die richtungbestimmende Komponente. Schließlich sollen bereits getätigte Investitionen für die Bürokommunikation auch genutzt werden.

Die technische Integration auf der Endgeräteebene baut auf typisierte Arbeitsplätze (Unterstützungskraft, Sachbearbeiter, Fachkraft, Führungskraft) auf. Dabei stellt sich die Frage: ein Endgerät (Workstation mit integriertem Telefon) oder zwei Endgeräten (Workstation beziehungsweise Terminal und Telefon) je Arbeitsplatz. Die Planung von einem Endgerät je Arbeitsplatz ist jedoch noch der Ausnahmefall.

Auf der Transportnetz-Ebene legt man die Vernetzung aller Systemkomponenten in einem Unternehmen fest. Dabei wird ein Konzept entwickelt, das ausgehend von der Endgeräte-Ebene

- für Datenkommunikation ein universelles, arbeitsplatzverbindendes (lokales) und gebäudeverbindendes (globales) Kommunikationsnetz beschreibt,

- bestehende Netzinfrastrukturen berücksichtigt,

- Terminals, PCs, Abteilungs- und Hostrechner miteinander vernetzt,

- heterogene Netzarchitekturen über Emulation oder Gateways verbindet,

- heutige und zukünftige Postdienste (ISDN) nutzt,

- PBX-, Sprachspeichersystem- und LAN-Technologie vorsieht.

Auf der dritten Integrations-Ebene, der Computing- oder logischen Ebene, sind zukunftssichere Kommunikations- und Dokumentationsstandards festzuschreiben. Gleichgültig ist dabei, ob diese hersteller- oder OSI-orientiert sind. Bei Wahl der OSI-Standards liegt allerdings das Risiko, ob die Produkte verschiedener OSI-Produkthersteller auch " miteinander können", beim Anwender. Bei Wahl der Standards eines Herstellers ist das erwähnte Risiko durch Labortests des Herstellers zwar weitaus kleiner, schafft aber eine gewisse Abhängigkeit. Großunternehmen werden es sicherlich nicht vermeiden können, OSI- und Herstellerstandards nebeneinander zu haben und zu integrieren.

Bürosystem-Planung zum Zeitpunkt des Bedarfs

Die technische Rahmenplanung schafft die Voraussetzung, daß die Bürosystem-Planung erst im Zeitpunkt des Bedarfs durchgeführt werden kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, technisch nicht integrierbare Insellösungen zu schaffen.

Dies erst hat die Vorteile, daß der Benutzer in der Lage ist, seine aktuellen Anforderungen zu definieren und daß zeitgemäße Bürosystem-Hardware und -Software eingesetzt werden kann.

Ziel der Bürosystem-Planung ist es, mit Blick auf die Benutzeranforderungen und unter Beachtung der technischen Rahmenplanung, Bürosysteme zu bestimmen. Dabei sind die Benutzeranforderungen unternehmensweit zu erheben und ein Bürosystem beziehungsweise eine Komponente auszuwählen, welche den kleinsten gemeinsamen Nenner im Unternehmen darstellt und gegebenenfalls eine horizontale Integration von Bürofunktionen erlaubt.

Mit horizontaler Integration von Bürofunktionen ist gemeint, daß eine Bürosystemkomponente, zum Beispiel ein Electronic-Text-Mail-System, den Informationstransport von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz nicht nur für einen Informationstyp übernehmen sollte, sondern für alle.

Die unternehmensweite Planung eines Bürosystem-Produktes für eine Bürofunktion ist der Schlüssel, um integriert und wirtschaftlich Bürokommunikation betreiben zu können. Unternehmensweit geltende Bürosystem-Standards zu schaffen, wird hier als Lösung empfohlen.

Die Durchsetzung von Bürosystem-Standards bedarf viel missionarischer Arbeit, denn welcher Anwender ist gleich einsichtig, zum Beispiel die PC-Standard-Software A zu nehmen, wenn ihm die PC-Software B - bekannt vom letzten Messebesuch - für seinen Arbeitsplatz mehr zusagt. Dies ist Aufgabe von Bürosystem-Planern und -Organisatoren, überzeugend darzustellen, daß Bürokommunikation Unternehmensorganisation ist und Arbeitsplatzorganisation eine Untermenge davon darstellt.

Unternehmen, die es schaffen, aufbauend auf einer soliden technischen Rahmenplanung, eine Bürosystem-Planung für standardisierte Bürosystem-Hardware und -Software feinfühlig und überzeugend beim Benutzer durchzusetzen, brauchen sich

um eine integrierte Bürosystenlandschaft, mit hoher Effizienz- und

Akzeptanz, keine Sorge zu machen.

Dietrich Manz: Frühzeitige Planung soll Schäden durch Wildwuchs verhüten.

Freie Fahrt auf dem Informationsfluß

Ziel der Kommunikationsplanung ist es, alle Mitarbeiter am Arbeitsplatz mit den zur Abwicklung ihrer Aufgaben notwendigen Kommunikationseinrichtungen (Kommunikations-Endgeräte und -Anschlüsse) zu versorgen. Ebenfalls gehört zur Zielvorstellung ein Konzept, das eine langfristige Nutzung von Kommunikations-Einrichtungen (Kommunikations-Netze, Netz-Steuereinheiten, Vermittlungseinrichtungen) zur Daten-, Text-, Bild- und Sprachkommunikation sicherstellt.

Dazu ist es notwendig, daß Anforderungen über einen definierten Planungszeitraum aus allen Unternehmensbereichen in die Kommunikationsplanung mit einfließen. Neben den Bereichen mit operationaler Datenverarbeitung stehen insbesondere Büro/Verwaltung mit Bürosystemen und (falls vorhanden) Technik mit CAD/CAM-Anwendungen im Blickpunkt.

.Aufgrund dieser Anforderungen kann dann ein Konzept erarbeitet werden, das unternehmensweit eine Kommunikationsinfrastruktur mit Kommunikations-Endgeräten, -Netzen und -Standards beschreibt und die Integration der erwarteten Anwendungssysteme erlaubt.