Forrester-Report prognostiziert:

Integration von Sprache und Daten bringt nichts

14.08.1998

Die Bilanz des Forrester-Report fällt insgesamt überraschend pessimistisch aus. Die Analysten machen dabei im wesentlichen drei Gründe aus, die einer positiven Entwicklung der Sprach-Daten-Integration im Wege stehen:

-ein für Unternehmen zu geringes Einsparpotential,

-ein zu komplexes Netzwerk-Management sowie

-das schwache Engagement der Carrier bei der Bereitstellung integrierter Dienste.

Insbesondere den ersten Punkt, nämlich das Argument, Unternehmen könnten durch die Konvergenz Betriebs- und Verbindungskosten senken, entlarven die Marktforscher in ihrem Bericht als eklatante Fehleinschätzung. Die Annahme, es komme billiger, beide Dienste über einheitliche Vermittlungstechnik zu betreiben, sei falsch. Die meisten Unternehmen hätten heute schon alle Hände voll zu tun, die Leistungsfähigkeit ihrer Datennetze zu garantieren. Die zusätzliche Komplexität, die durch die Integration von Sprachverkehr ent- stehe, sei insbesondere unter dem Aspekt unternehmenskritischer Anforderungen nur sehr schwer zu beherrschen.

Gegen die Konvergenz spricht nach Ansicht der Analysten auch, daß die Sprachqualität in Unternehmensnetzen nicht mehr verbessert werden kann, egal wie gut das integrierte Netzwerk technisch entwickelt wird.

Die Sprachübertragung ist, so die Studie, auf einem Spitzenniveau. Es bestehe daher kein Grund, Abstriche, die bei Sprache über IP drohen, in Kauf zu nehmen. Das Fazit: Multiple Netzwerke wird es immer geben, die Vereinheitlichung von Sprach- und Datenkommunikation kann nicht flächendeckend erfolgen.

Die Autoren des Reports identifizieren die auf Netzwerkprodukte spezialisierten Hersteller als verantwortliche Initiatoren für die derzeit grassierende Euphorie um die Konvergenz beider Welten. Die von dieser Klientel angestrebte Aufrüstung bestehender Systeme sei nicht nur teuer, sondern auch sehr langwierig. Sollte Unternehmen diese Integration tatsächlich gelingen, sei ihre Profitabilität angesichts der Komplexität des Systems fraglich.

Die Studie kommt ferner zu dem Schluß, daß es mindestens zehn Jahre dauern werde, bis die Carrier ausreichend Anreiz verspüren, ihre Infrastruktur zu einer integrierten Sprach-Daten-Plattform auszubauen. In dem Report heißt es: "Bevor die Nachfrage der Industrie nach integrierten Dienstleistungen nicht groß genug ist, werden die Netzbetreiber die enormen Summen nicht investieren, um ihre Netzwerke zu konvergieren."

Jürgen Melzer, Geschäftsführer der auf TK-Dienste spezialisierten Beratungsfirma Pecos GmbH, bestätigte die Ergebnisse der Forrester-Studie. Was bislang an Sprach-Daten-Integration von den Carriern geleistet wurde, so der Con- sultant, sei nichts anderes, als beide Medien auf eine Anschlußleitung zu bringen, dann aber wieder zu trennen. Melzer: "Im Anwendungsbereich muß noch vieles getan werden, damit sich integrierte Dienste etablieren." Den von Forrester prognostizierten Zeitraum von zehn Jahren hält er jedoch für übertrieben. Diese Entwicklung könnte sich bereits in den nächsten zwei Jahren abspielen.