Integration in kaufmaennische Loesungen EIS waechst ueber Praesentation von Buchhaltungsdaten hinaus

15.09.1995

Von Wolfgang Fechner*

Die Diskussion um Executive Information Systems (EIS) wurde lange Zeit sehr technisch gefuehrt, waehrend das Potential als Management- Hilfe zur Loesung von Geschaeftsproblemen in den Hintergrund rueckte. Inzwischen scheinen sich die Anbieter mit ihren Produkten jedoch staerker auf die tatsaechlichen Geschaeftsanforderungen der Unternehmen zu konzentrieren. Auffaellig hierbei ist der Trend, EIS-Funktionalitaet verstaerkt in operative Systeme wie betriebswirtschaftliche Software zu integrieren.

EIS-Loesungen, die zweite Generation der Management- Informationssysteme (MIS), haben waehrend der rezessiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder an Bedeutung gewonnen - als probate Mittel, um die Unternehmensschiffe quasi von einer virtuellen Kommandobruecke aus sicher durch zwischenzeitlich seichte Marktgewaesser zu steuern. Die Software-Anbieter sehen darin ihre Chance, sich in wachstumstraechtigen Nischenmaerkten mit genuinen EIS-Produkten neue Umsatzquellen zu erschliessen.

Durch die hierarchischen Ansaetze vieler der heute gebraeuchlichen EIS-Produkte leidet allerdings die noetige Effizienz bei der Suche etwa nach betrieblichen, finanziellen oder administrativen Informationen. Eine Moeglichkeit, diesem Problem zu Leibe zu ruecken, ist die Verwendung von Hyptertext als EIS-Schnittstelle. Mit Hypertext lassen sich kombinierte Informationen aus interaktivem Video, Karten, Animationen, Grafiken, Text, Ton und anderen Daten einfacher in einem nichtlinearen Format nutzen. Hypertext findet bereits zunehmend in Tools fuer die Datenbank- Recherche Verwendung. Der wesentliche Vorteil dabei ist, dass die Daten in einem nichtstrukturierten Format kombiniert werden - im Gegensatz zur linearen Anordnung der meisten Datenbanken. Ausserdem koennen Benutzer per Hypertext in zusammengehoerigen Dokumenten navigieren.

Durch die Verwendung von Hypertext in EIS-Produkten lassen sich unterschiedliche Informationskomponenten in einer Bildschirmsicht zusammenfuehren. Ein weiterer Vorteil dieser Technik ist, dass sich mit Hilfe verschiedener Medientypen Zusammenhaenge zwischen Informationen darstellen lassen. Indem sich ein Sachverhalt per Hypertext in mehreren Perspektiven illustrieren laesst, koennen Entscheider in den Unternehmen unterschiedliche Kontexte beleuchten und so das Potential der Problemloesungen verbessern.

Ein weiterer Trend ist die Integration von EIS in andere horizontale und vertikale Anwendungen, besonders in kaufmaennische Software. Dem Kundenwunsch nach Produkten, die das klassische Arsenal kaufmaennischer Funktionalitaet mit moderner Management- Unterstuetzung kombinieren, versucht man auf Herstellerseite zu begegnen. Dabei wird aufgrund der heutigen Anforderungen an eine wirksame Entscheidungsunterstuetzung eine Feingranularitaet der Programme benoetigt, die viele EIS-Systeme als universelle Praesentations-Schnittstellen fuer Anwendungen in der Regel noch nicht bieten. Bei der Verquickung etwa von kaufmaennischer Software mit Informations-Management reichen undifferenzierte Umsatz- und Kostendaten nicht aus, da derartige Informationen fuer jedes Produkt, jede Geschaeftsstelle und jeden Zeitpunkt benoetigt werden - und dabei befindet man sich erst am Anfang der Leistungs- Fahnenstange.

Die Bedeutung der Integration von betriebswirtschaftlichen Daten und entscheidungsunterstuetzenden Management-Informationen kommt auch in den Prognosen der Marktanalysten zum Ausdruck. Die International Data Corporation (IDC) hat unlaengst eine Untersuchung zur Bedeutung der Integration von EIS-Funktionalitaet mit anderen traditionellen betriebswirtschaftlich-operativen Komponenten durchgefuehrt. Spitzenreiter auf der Integrations- Wunschliste war der Bereich Buchhaltung mit 88,7 Prozent aller Befragten. Fuer 1996 erwarteten 88,1 Prozent die Notwendigkeit der Integration beider Funktionalitaeten. An zweiter Stelle folgte der Bereich Vertriebsautomation/Kundenservice mit 68 Prozent, gefolgt von branchenspezifischen Anwendungen (67,3 Prozent), Qualitaetskontrolle (61,1 Prozent) und Distribution/Transport (47,9 Prozent).

Die Befragung, wenngleich in den USA und auf Basis einer relativ kleinen Stichprobe (200 Unternehmen) durchgefuehrt, unterstreicht die Bedeutung, die heute dem Informations-Management - als Oberbegriff von EIS - zukommt. Es geht es nicht mehr um das Dokumentieren und Verwalten historischer und aktueller Geschaeftsvorfaelle, sondern um eine zukunftsorientierte Entscheidungs- und Planungsunterstuetzung. Dabei setzt das Informations-Management auf der klassischen Buchhaltung auf, erweitert diese aber technisch und funktional durch das Einbinden aller Komponenten vom Bereich der maschinell gestuetzten Verwaltung und Verarbeitung operativer Massendaten bis hin zur aktiven Teilnahme an unternehmerischen Gestaltungsprozessen.

Diese funktionale Integration bringt aber nur dann den gewuenschten Erfolg, wenn Anwender und Anbieter gleichermassen beruecksichtigen, dass die neue Software nicht nur das Senior- oder Top-Management adressiert. Vielmehr muessen auch mittlere und operative Fuehrungsebenen fruehzeitig im Entwicklungsprozess als Zielgruppen definiert werden. Die erweiterte Teilnehmerzahl schafft derzeit allerdings noch eine Reihe technologischer Probleme wie ergaenzendes und verbessertes Berichtswesen, Einbindung von Buerokommunikationssystemen oder flexible wissensbasierte Komponenten fuer eine selektive, aufgaben- und anwendungsnahe Entscheidungsunterstuetzung.

* Wolfgang Fechner ist Geschaeftsfuehrer der ISE Scala Informationssysteme GmbH in Offenbach.