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Instinkt und Computer

14.08.1981

Die Süddeutsche Zeitung schrieb in ihrer Samstagausgabe vom 8./9. 8. 81:

In jeder Bewegung steckt erfahrungsgemäß schon der Ansatz zur Gegenbewegung. Folglich kann es nicht verwundern, daß nun - nach Jahren der Computerisierung der Polizei- und Sicherheitsorgane - vor einer übertriebenen Computergläubigkeit gewarnt wird, Der neue Präsident des Bundeskriminalamtes, Boge, weiß sich dabei mit dem Vorsitzenden Günter Schröder von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) einig. Nun ist der als Computerfetischist verschrien gewesene Horst Herold zwar schon im Ruhestand. Aber selbst, wenn hinter den jüngsten Appellen auch ein finanzielles und soziales Standesinteresse an der Umverteilung vom Kommissar Computer zu seinen in der GdP organisierten zweibeinigen Kollegen stehen sollte, steckt in der Warnung noch ein richtiger Kern.

Die Technisierung der Datenverarbeitung im Sicherheitswesen sollte freilich nicht nachträglich (nun, da sie ihr gerade noch erträgliches Optimum erreicht hat) bloß als Teufelswerkzeug oder Spielzeug von Phantasten abgetan werden, Eine ganze Reihe von neuen Fahndungsmethoden, Datenvergleichen und Informationskopplungen wären ohne diesen technischen Aufwand gar nicht zu erreichen gewesen. Es mag schlimme Pannen gegeben haben (Erfstadt- Liblar) sowie Übertreibungen, die den Datenschutz auf den Plan riefen, aber im Prinzip handelte es sich um eine notwendige Entwicklungsstufe.

Nur nutzt der beste, Computer nichts, wenn es nicht erfahrene Polizisten gibt, deren wachsame Beobachtungen man ihm zur Verarbeitung eingeben kann. Ein großer Teil der Festnahmen erfolgt zum Beispiel an unseren so offenen Grenzübergängen. Ein Datensichtgerät kann zwar den Paß sehr schnell registrieren und vergleichen. Aber darauf kommen, daß ein Passant der Prüfung würdig ist - dies kann eben nur ein instinktsicherer Polizist mit geschultem Fingerspitzengefühl.