Firmenallianz Imunified richtet sich gegen AOL

Instant-Messaging-Standard nimmt langsam Gestalt an

23.02.2001
MÜNCHEN (fn) - Eine Reihe von Firmen, darunter Yahoo und Microsoft, beabsichtigt, ein einheitliches Protokoll für Instant-Messaging-(IM-)Serviceseinzuführen. Auf diese Weise sollen die User der Chat-Programme dieser Hersteller untereinander kommunizieren können, was bisher mangels Standards nicht möglich war.

Die im August 2000 gegründete Firmenallianz Imunified (www.imunified.org) will noch im ersten Quartal dieses Jahres ein Protokoll verabschieden, über das unterschiedliche Chat-Programme Textnachrichten sowie Adressbücher ("Buddy Lists") ausgetauscht werden können. Technisch ist das Verfahren keineswegs aufwändig. Dem Vernehmen nach scheint vor allem die Vertragsgestaltung zwischen den Mitgliedern der Vereinigung die Freigabe der Spezifikation hinauszuzögern. Zu den Herstellern von Imunified zählen AT&T, Excite Athome, Microsoft, Odigo, Phone.com, Prodigy Communications und Yahoo.

Die Bemühungen von Imunified um ein gemeinsames IM-Protokoll rühren von der Tatsache her, dass der Marktführer in diesem Segment, AOL Time Warner, sich bisher weigerte, seine Softwareprodukte "AOL Instant Messenger" (AIM), "Icq", "Compuserve Instant Messenger" und "Netscape Messenger" mit denen der Konkurrenz interoperabel zu machen. Der Konzern begründet seine hartnäckige Haltung damit, dass durch eine Öffnung seiner Dienste die Privatsphäre sowie die Sicherheit seiner Anwender nicht mehr gewährleistet ist. Aus diesem Grund hält das Unternehmen die Spezifikation seiner Chat-Protokolle unter Verschluss. Manche Experten sehen darin jedoch eher eine Schutzbehauptung und vermuten, das Aussperren der Konkurrenz diene der Firma lediglich dazu, ihre Marktposition zu sichern. Vergangenes Jahr gelang es Microsoft, Odigo und anderen, ihre Chat-Software mit der von AOL Time Warner zu verbinden, doch nur für kurze Zeit, denn der Marktführer änderte flugs sein Protokoll ab, um den Brückenschlag zu unterbinden. Die Anbieter von Instant-Messaging-Services betreiben spezielle Server, die für den Transfer der Nachrichten zwischen den Teilnehmern zuständig sind. Die Endanwender benötigen eine Client-Software und müssen sich bei dem Service-Provider registrieren.

AOL hat schon vor der Fusion mit Time Warner zu verstehen gegeben, sich nicht generell gegen eine Form von Interoperabilität zu sperren, doch müsste dabei die Sicherheit seiner Kunden gewährleistet sein.

Behörden fürchten Gefahr von MachtmissbrauchDas Unternehmen wird sich wohl bewegen müssen, denn die amerikanische Regulierungsbehörde für Telekommunikation, Federal Communications Commission (FCC), hat den Merger des Online-Dienstes und des Medienhauses unter Auflagen im Instant-Messaging-Geschäft genehmigt (siehe Kasten "Auflagen der FCC"). Die Behörde hegt vor allem die Befürchtung, das fusionierte Unternehmen könnte seine Dominanz im IM-Markt auf neue Instant-Messaging-Services, wie etwa Videokonferenzen, ausdehnen. Time Warner betreibt das zweitgrößte TV-Kabelnetz in den USA, das sich auch für den breitbandigen Internet-Zugang eignet und somit solche Dienste ermöglicht.

Noch ist Instant-Messaging vor allem bei privaten Konsumenten beliebt, die sich kleine Textnachrichten schicken, doch die Clients halten verstärkt Einzug in Büros, wo Kollegen über Abteilungen oder Standorte hinweg Textnachrichten austauschen, statt zu telefonieren. Ferner erweitern die Anbieter ihre Produkte, so dass sie auch über mobile Endgeräte funktionieren. Ferner verknüpfen die Hersteller ihre Chat-Clients mit anderen Diensten. Microsofts "Msn Messenger Service" beispielsweise ist verknüpft mit dem Web-basierten E-Mail-Service Hotmail, der dem Softwarekonzern gehört. Zudem lassen sich über das Tool SMS-Nachrichten an Handy-Nutzer versenden. Über das ebenfalls integrierte Programm "Net2phone" kann der Anwender über das Internet telefonieren. Sehr ähnliche Funktionen baute Yahoo in seinen "Yahoo Messenger" ein.

Der von Imunified angestrebte Standard soll zunächst nur für den Textaustausch sorgen und Buddy Lists untereinander kompatibel machen. File-Sharing-Funktionen sowie die Server-zu-Server-Kommunikation zwischen den Anbietern sind ebenfalls geplant, doch die Verantwortlichen des Gremiums wollten sich nicht auf einen Zeitpunkt festlegen.

Auflagen des FCC

Entweder muss AOL Time Warner seine IM-Services Server-seitig mit denen der Konkurrenten kompatibel machen oder Kooperationsverträge mit diesen Firmen abschließen. Bei letzterem Vorgehen muss zumindest eine solche Übereinkunft mit einem Wettbewerber bestehen, sobald der Konzern breitbandige Dienste auf den Markt bringt. Zwei weitere Agreements müssen innerhalb der folgenden 180 Tage ausgearbeitet werden.

Allerdings hat sich die FCC nicht genau darauf festgelegt, was "neue Dienste" sind. Noch ist unklar, was geschehen soll, falls AOL Time Warner die Auflagen nicht erfüllt.