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"Innovationsfreude ist vorhanden - Problem ist die Umsetzung"

01.06.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Obwohl Deutschland regelmäßig die europäischen Patentstatistiken anführt, tun sich findige Köpfe und innovative Unternehmen mit der Umsetzung ihrer Ideen häufig schwer. Noch immer gibt es große Hürden, Patente zur Produktreife zu bringen. Vor allem kleine und mittelständische Firmen scheitern an Barrieren wie einer mangelnden Kapitalausstattung, sagt der Hauptdirektor des Europäischen Patentamtes, Wolfram Förster. "Hier herrscht noch immer das altbekannte Sicherheitsdenken." Neidvoll müssen Unternehmen daher nach wie vor in Länder wie die USA blicken, wo Banken und Risikokapitalgeber deutlich bereitwilliger seien, Geld für neue Ideen zur Verfügung zu stellen: "Dort herrscht eine ganz andere Denkweise: Man schmeißt Geld hin und dann passiert etwas", sagt Förster.

Aber auch in Europa gebe es Länder, bei denen es um das Vertrauen in Innovationen deutlich besser bestellt sei als in Deutschland: Großbritannien beispielsweise kam zwar im vergangenen Jahr mit knapp 4800 Patentanmeldungen nicht mal auf ein Fünftel der deutschen Zahl, dort ließen sich neue Ideen aber deutlich besser umsetzen als hierzulande, sagt Förster.

Der Untergang des Neuen Marktes, der in den neunziger Jahren vor allem in Branchen wie der Biotechnologie oder Informationstechnologie eine regelrechte Innovations-Euphorie ausgelöst hatte, habe die Unternehmungslust in Sachen Erfindungen nicht gerade befördert, glaubt Dominique Guellec vom EPA. Er arbeitet mit Förster derzeit an einer Analyse über den europäischen Technologiemarkt, deren Ergebnisse Ende Juni bei einer Konferenz in Berlin vorgestellt werden sollen. Zudem hapere es gerade für kleinere und mittelständische Firmen an Möglichkeiten, ihre Erfindungen auch publik zu machen und sie beispielsweise an größere Partner heranzutragen.

So seien es weiterhin vor allem große Unternehmen wie der Elektrokonzern Siemens oder Automobilhersteller, die unter den Patentanmeldern ganz vorne rangierten. Um den Kleineren zu helfen, will das EPA nun unter seinem neuen Präsidenten Alain Pompidou beispielsweise den Informationsfluss über technologische Innovationen verbessern und so letztlich auch die europäische Konjunktur ankurbeln. "Wir wollen, dass die Kleinen gehört werden", sagt Guellec.

Ein Unternehmen, das die Nachfrager und Anbieter von geschütztem Know-how und neuen Technologien zusammenbringen will, ist der Deutsche Technologiedienst (dtd). Für Geschäftsführer Markus Mann krankt die deutsche Innovationslandschaft vor allem an einer fehlenden Sondierung des Bedarfs. "Man fährt noch immer viel zu sehr die Angebotsschiene, statt zu schauen, was bräuchte man eigentlich."

Ergebnis sei auch eine Vielzahl überflüssiger Patente, die echte Perlen zuweilen verdeckten. Dabei sei es verständlich, dass Industrie, Risikokapitalgeber oder Banken nur bereit seien, ihr Geld für Sinnvolles zur Verfügung zu stellen, sagt Mann.

An der eigentlichen Innovationsfähigkeit des Standorts Deutschland gibt des für ihn keinen Zweifel. Deutschland habe beispielsweise reichlich wissenschaftliche Einrichtungen mit hervorragendem Potenzial. Davon ist auch EPA-Präsident Pompidou überzeugt:" Deutschland war immer ein Hochtechnologie-Land und besitzt sehr große innovative Kapazitäten und Möglichkeiten, daraus Produkte entstehen zu lassen für das Wohl der Wirtschaft." (dpa/mb)