Innovation braucht gute Manager

14.08.2008
Die Fähigkeit von Unternehmen, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und zu vermarkten, ist von großer Bedeutung für ihren Erfolg. Wie aber kann Innovation gesteuert werden?

Das Management folgt heute einem anderen Grundverständnis als früher. Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein orientierten sich betriebliche Praxis und wissenschaftliche Forschung an den Idealen der Optimierung, der Rationalisierung und der Effizienzsteigerung. Lange hatte der Geist des Taylorschen "Scientific Management" vorgeherrscht. In einer stabilen und wenig dynamischen Umwelt mag dies auch sinnvoll sein. In der heutigen Zeit jedoch reichen gute Qualität und niedrige Preise nicht aus, um im globalen Vergleich zu bestehen.

Wettbewerb wird zur Innovationskonkurrenz

Der Wettbewerb wird immer stärker zu einer Innovationskonkurrenz - er erfordert ein anderes Management-Verständnis. Die Zahl der Märkte, in denen Firmen ohne Innovation überleben können, wird vermutlich weiter abnehmen. Management-Guru Peter Drucker formuliert es so: "Business hat nur zwei Grundfunktionen: Marketing und Innovation. Beide bringen Resultate hervor. Alles andere sind Kosten."

Der Zwang, sich durch Innovation ständig neu zu erfinden, gilt auch für den Mittelstand. Dies zeigt die vom Institut für Entrepreneurship und Innovation der Wirtschaftsuniversität Wien vorgenommene Analyse der TOP 100 des deutschen Mittelstandes (www.top100.de). Diese besonders innovativen Unternehmen erzielen rund zwei Drittel des aktuellen Umsatzes und Gewinns mit Produkten und Services aus den vergangenen drei Jahren.

Ohne menschliches Wissen erfinden Unternehmen nichts

Die Innovationsforschung beschäftigt sich intensiv mit der Frage, welche Faktoren den Innovationserfolg eines Unternehmens positiv beeinflussen. Die Mehrzahl der einschlägigen Studien betont die Bedeutung personalwirtschaftlicher Maßnahmen. Kein Wunder, denn in erster Linie sind Menschen die Träger des Wissens, aus dem die Innovation hervorgehen kann. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass sich das innovative Potenzial der Mitarbeiter vor allem in jenen Unternehmen besonders erfolgreich entfaltet, in denen ein dazu passendes Klima besteht, für das wiederum das Topmanagement zuständig ist. Und wenn das "Können" und die "Förderung des Wollens" dann auch noch in professionelle Strukturen eingebettet sind, steht Innovationserfolgen eigentlich nichts mehr im Wege. Genau nach diesen Kriterien werden TOP-100-Kandidaten analysiert.

Die Suche nach dem unbekannten Ziel

Innovationsprozesse haben es im Gegensatz zu Routineprozessen meist zunächst mit schlecht strukturierten Problemstellungen zu tun. Oft sind die Wege zur Zielerreichung nicht klar, ja selbst über das eigentliche Ziel kann es zu Beginn nur ungefähre Vorstellungen geben. Sie werden erst im Verlauf des Innovationsprozesses konkretisiert und oft auch verändert. Dies hat zur Folge, dass dem Erfolg von starren Programmierungs- und Optimierungsansätzen Grenzen gesetzt sind. Bei Routineaufgaben führt eine minutiöse Detailplanung zu hoher Effizienz, bei der Umsetzung von Innovationsprojekten bewirkt sie dagegen das Risiko, das Ziel vollständig zu verfehlen. Statt einer aufwändigen Planung zu Beginn sind Meilensteine und ein revolvierender Planungsprozess wichtig. Innovationsorientierte Personaler sollten demnach Mitarbeiter rekrutieren, die neben dem nötigen Fachwissen auch eine entsprechende Persönlichkeit mitbringen. Sie sollten kreativ und unkonventionell, konfliktfähig und durchsetzungsstark sein.

Welchen Einfluss die Mitarbeiter auf die Innovationskraft des Unternehmens haben, zeigt eine Studie von Mark S. Freel. Dieser zufolge lassen sich die Unterschiede in der Innovativität von 1345 untersuchten Klein- und Mittelbetrieben (KMU) signifikant auf das unterschiedliche Ausbildungsniveau der Mitarbeiter und die Intensität der Fortbildung zurückführen. Auch die TOP-100-Studie zeigt, dass die Mitarbeiter der innovativsten deutschen Mittelständler im Durchschnitt mehr als doppelt so viel Weiterbildung betreiben wie ihre Kollegen in normalen KMU (neun gegenüber vier Weiterbildungstage pro Jahr).

Kreative Köpfe brauchen Autonomie

Darüber hinaus sollten Mitarbeiter ein Klima vorfinden, in dem sich ihr Potenzial zur Innovation entfalten kann. Kennzeichen sind die Förderung von Autonomie und Risikobereitschaft sowie Transparenz, Motivation und Leistungsorientierung. Diese Atmosphäre ermöglicht die Entwicklung von "Intrapreneuren", also von Mitarbeitern, die so eigenverantwortlich wie Unternehmer agieren. Nahezu alle TOP-100-Unternehmen gaben an, dass ihre Unternehmenskultur innovative und unternehmerische Aktivitäten der Mitarbeiter ermöglicht und unterstützt. Darüber hinaus ist es fast ebenso vielen der TOP-100-Firmen gelungen, ein Klima zu schaffen, in dem Fehler toleriert werden - eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Mitarbeiter überhaupt bereit sind, unternehmerisch zu agieren.

Doch natürlich genügen "weiche" klimatische Faktoren nicht. Hinzukommen müssen organisatorische Maßnahmen. Dazu zählen ein betriebliches Vorschlagswesen für neue Produktideen sowie "Freizeit" - bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit -, in der die Mitarbeiter im Sinne des Unternehmens an Lieblingsideen tüfteln können.

Ideen-Management-Systeme fördern den Mut zum Risiko

Der Mensch wägt ständig Kosten und Nutzen ab - auch wenn ihm das nicht immer bewusst ist. Und weil Innovation mehr Einsatz, Risiko und Anstrengung bedeutet, ist es klug, auch entsprechende Anreize zu setzen. Diese Anreize können monetärer und nichtmonetärer Natur sein. Viele Personalverantwortliche unterschätzen die Bedeutung von Lob und Anerkennung gewaltig.

Sehr wichtig sind Ideen-Management-Systeme. Bewährt hat sich eine zentrale Stelle, welche die Ideen sammelt, bewertet und weiterverfolgt - nicht immer bewerten Vorgesetzte Ideen uneigennützig. So manche gute Idee wurde schon verschleppt oder unterdrückt, weil ein Chef sie als Kritik empfand. Allerdings sollten Unternehmen darauf achten, dass keine schwerfällige Innovations-"Behörde" entsteht: Ein Mitarbeiter, der auf einen Vorschlag ein Jahr später ein unfreundliches und dilettantisch begründetes "Abgelehnt!" erhält, wird keinen zweiten Vorschlag einreichen. Es ist also durchaus sinnvoll, die Vorgesetzten einzubeziehen und ihnen Anreize zu geben, die Kreativität ihrer Mitarbeiter gezielt zu fördern und Ideen dezentral zu sammeln und weiterzugeben. Beispielsweise durch ein Anreizsystem, in dem nicht nur die Ideengeber, sondern auch deren Vorgesetzte als "Ideen-Coaches" ausgezeichnet werden. (mb)

Das Projekt TOP 100

Der Unternehmensvergleich, welcher jährlich herausragende Innovatoren im deutschen Mittelstand ermittelt, ist ein wichtiger Bestandteil des Projektes TOP 100. Darüber hinaus geht es bei der Initiative der Compamedia GmbH aus Überlingen am Bodensee darum, voneinander zu lernen und gemeinsam weiterzukommen. Das Projekt will eine Gemeinschaft hochinnovativer Mittelständler fördern und Impulsgeber für all jene sein, deren Lebenselixier die Innovation ist. Über einen standardisierten Fragebogen von Professor Nikolaus Franke, wissenschaftlicher Kopf von TOP 100, qualifizieren sich die Mittelständler für eine Aufnahme in den Kreis der TOP-100-Innovatoren. Projektpartner sind die Bayern Innovativ Gesellschaft für Innovation und Wissenstransfer mbH, die Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V., das RKW - Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e. V., der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) sowie der Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Mentor des Projekts ist Lothar Späth. Die Bewerbung für den Innovationswettbewerb 2009 ist ab sofort möglich.