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Infrastruktur konsolidiert - Business-Logik wird Hybrid

08.01.2014
Von 
Stefan Ried ist Principal Analyst bei Cloudflight.
Computing im Jahr 2013 ist auch aus deutschen Unternehmen kaum noch wegzudenken

Ein Grund dafür ist sicher, dass der Begriff so breit von Infrastruktur (IaaS) über vollständige Plattformen (PaaS) bis hin zu standardisierten Softwareanwendungen (SaaS) gefasst ist. Dazu kommt, dass das für Cloud Computing charakteristische Betriebskostenmodell (Subscription) inzwischen nicht nur von den global agierenden Anbietern, sondern auch von vielen europäischen und deutschen Infrastruktur- oder Applikationsanbietern neben älteren IT-Outsourcing-Modellen verfügbar ist.

Das stimuliert eine weitere Verschiebung von klassischen Kauflizenzen zu Subscriptions, bei denen andere Miet- und Finanzierungsmodelle anteilig immer kleiner werden. Forrester erwartet sogar, dass die gesamten Abonnements bereits im nächsten Jahr das gleiche Volumen wie traditionelle Kauflizenzen erreichen. Damit ist das Cloud-Geschäftsmodell definitiv im IT-Mainstream angekommen.

Die Nutzung von Cloud-Diensten hat sich gewandelt

Durch das wachsende Angebot von europäischen und deutschen Cloud-Providern setzte sich besonders in den letzten zwölf Monaten bei vielen deutschen Unternehmen eine hybride Cloud-Nutzung durch. Während Anbieter wie Amazon.com von amerikanischen Kunden ja als nationale Anbieter wahrgenommen werden, die sich an lokales Recht halten (müssen), war die Wahrnehmung dieser „nativen“ Cloud-Provider in Europa immer zweigeteilt. Nach Prism werden sie skeptischer gesehen als je zuvor. Deshalb findenlokale Provider mit Cloud-Angeboten, die wirklich als Betriebskosten-Modelle daherkommen, eine steigende Resonanz in Deutschland.

Auch wenn die Preise mangels Skaleneffekten etwas höher als bei den global-amerikanischen Volumenangeboten sind, eröffnet sich ein guter Kompromiss zwischen Public Cloud und privater Infrastruktur. Forrester Research hat dieses Phänomen schon vor über zwei Jahren als „Virtual Private Cloud“ beschrieben. Die Public-Cloud-Anbieterlandschaft für IaaS und PaaS hat sich in den USA schnell konsolidiert. Die kürzlich erschienene „Forrester Wave: EnterprisePublic Cloud Platforms, Q2 2013“ zeigt im Wesentlichen nur noch Amazons AWS, Microsofts Azure und Salesforce.coms Force.com als führende IaaS/PaaS-Anbieter.

Aber deutsche Firmen beziehen nicht alle Cloud-Dienste von diesen dominierenden Playern, sondern verlassen sich auf eine Kombination von Public- und Virtual-Private-Cloud verschiedener Lieferanten. So werden in Deutschland Geschäftsanwendungen häufig in der Public Cloud entwickelt und getestet, während die Produktionsumgebungen mit sensiblen Kundendaten bei einem lokalen Cloud-Provider oder im eigenen Haus zu finden sind.

Die führenden Virtual-Private-Cloud-Anbieter in Deutschland sind nicht nur deutsche Unternehmen wie T-Systems, sondern auch globale Konzerne, die einen lokalen Betrieb und eine lokale Geschäftsform haben. Dazu gehören etwa IBM, Hewlett-Packard, Fujitsu und andere. Kleinere Anbieter wie zum Beispiel Profitbricks aus Berlin differenzieren sich besonders durch innovative Software-Designed-Data-Center-Lösungen.

Der Kostenvorteil von Public Clouds motiviert eine steigende Zahl deutscher Firmen, ihre Anforderungen bezüglich rechtlicher Compliance genau zu untersuchen. Große Versanddienstleister und Einzelhandelsketten, aber auch Finanzdienstleister haben zum Beispiel erkannt, dass viele ihrer rechenzeitintensiven Simulationsrechnungen, die sie mit neuen Predictive-Analytics- und Big-Data-Ansätzen lösen, gar keine Kundendaten benötigen. So lassen sich zum Beispiel Börsenkurse aus vollkommen anonymisierten Handelsdaten in der Public Cloud eines US-Providers berechnen, ohne dass deutsches Datenschutzrecht verletzt wird.

Im Vergleich zu IaaS hat sich der SaaS-Markt ganz anders entwickelt. Software as a Service wurde bisher von globalen Anbietern wie Salesforce.com, Workday oder Netsuite bezogen, doch eine Konsolidierung hat im Markt noch nicht stattgefunden. Hier rollt die große Welle der Anwendungen erst noch auf uns zu, da viele europäische Softwarehersteller ihrem Portfolio erst jetzt eine SaaS-Variante hinzufügen.

Deutsche Entscheidungsträger nehmen das auch wahr: Hierzulande präferieren derzeit noch 27 Prozent aller Firmen einen „nativen“ SaaS-Anbieter, nur 19 Prozent würden ihre SaaS-Lösungen von traditionellen Softwareherstellern kaufen. Anfang 2014 wird sich dieses Verhältnis fast umkehren. Entscheidungsträger erwarten zum Beispiel, dass eine SAP genauso „nativ“ in der Cloud agiert wie eine Salesforce.com.

Allerdings bewegt sich auch die SaaS-Nutzung in eine hybride Welt. So geben die 178 deutschen Software-Entscheidungsträger, die Forrester im „Forrsight Software Survey Q4/2012“ befragt hat, an, dass sich bereits sieben Prozent aller heutigen oder mittelfristig geplanten Geschäftsprozesse auf mehrere SaaS-Anwendungen stützen. Sogar ein Viertel der Befragten sagt, dass in ihren Häusern Prozessschritte aus der Cloud mit selbst betriebenen Anwendungen zu einem Geschäftsprozess zusammengefügt werden.

Zwar will die Mehrzahl von 59 Prozent der Firmen heute noch ihre Geschäftsprozesse eindeutig entweder ins Rechenzentrum oder in eine Cloud lokalisieren, doch diese Zahl wird vermutlich rasch sinken, da die beschriebenen Multi-Cloud- und Hybrid- Cloud-Szenarien praktisch innerhalb von nur zwei Jahren von null auf 25 beziehungsweise sieben Prozent gewachsen sind. Dem entsprechend erwartet Forrester schon jetzt die nächste Herausforderung der „hybriden Integration“.

Social Computing, ja bitte – Social Networks, nein danke!

Als besondere Anwendungskategorie sind die Social Networks bemerkenswert: Eine deutliche Mehrheit von 56 Prozent der deutschen Unternehmen möchte die eigenen Geschäftsanwendungen klar von den Inhalten sozialer Netze getrennt sehen, während nur elf Prozent diese Inhalte nahtlos verknüpfen wollen.

Eine steigende Zahl von bereits 20 Prozent wünscht indes, dass die Softwarehersteller ihre Standardanwendungen um die Interaktionsform eines Social-Newsfeeds erweitern. Alle verwendeten Zahlen stammen aus dem Forrester Forrsight Software Survey Q4/2012 und wurden in diesem Forrester Report analysiert: „Ten Myths And Realities Of The Software Market In 2013“. (mhr)