Informationstransfer fordert innovative Bildungskonzepte

30.01.1987

Gerd P. Hopp, Geschäftsführer GMI-Fachverlag für Datenverarbeitung, Organisation und

Technologie, München

Die EDV hat längst Einzug gehalten in das tägliche Büro- und Produktionsleben. Das Tempo dabei ruft indes Überraschung auch bei jenen Medien hervor, die diese Technologie verbal begleiten.

Schmerzlich vermerken etwa Verlage in der Berichterstattung über diese Branche den Mangel an kompetenten Fachjournalisten. Dadurch bleibt beispielsweise jene Kraft nahezu unausgeschöpft, die diese Mittler zwischen potentiellen und vorhandenen Anwendern und der informationstechnischen Industrie eo ipso besitzen: den Boden für Akzeptanz fruchtbar zu machen.

Doch die journalistische Aufgabe reicht wohl eher noch weiter. Sie beinhaltet vor allem und gerade die Vermittlung qualifizierter Kritik - wenn der Anwender tatsächlich einmal mündig werden soll. Mangel an Manpower also auch hier.

Auch bei den Presseleuten der DV-Hersteller fehlt bislang in ausreichendem Maß fachliches Know-how. Dabei sind sie immerhin die Schnittstelle zwischen Unternehmensprodukten und der breiten Öffentlichkeit. Noch sind die Produkte erklärungsbedürftig (und ist eigentlich abzusehen, ob sie es jemals nicht mehr sein werden?); noch muß der Zusatznutzen eines Systems oder auch nur eines simplen neuen Printers dem Anwender vermittelt werden.

Noch gibt es - zum weiteren - aber auch nicht genügend Technische Redakteure, die sowohl die Sprache der Entwicklungsexperten wie, ebenso kompetent, die des Anwenders beherrschen. Das Handbuch hat sich bisher noch nicht von der bloßen Beschreibung zum Anwendungsbuch hin gewandelt. Denn reicht es aus, darüber zu informieren, wie ein Gerät funktioniert? Und hat der Benutzer beispielsweise im Fall einer Störung wirklich fundierte Informationen an der Hand?

Im Stellenmarkt herrscht Nachfrage nach Fachjournalisten. Als Beweis können die Wochenendausgaben der überregionalen Tageszeitungen, vor allem aber der Stellenmarkt der Fachzeitschriften dienen.

Boomt sich hier etwa ein Boom langsam zu Tode? Denn fast hilflos mutet diese Personalsuche vieler mittlerer und großer Unternehmen an, wenn es um Vakanzen in diesen Segmenten geht.

Bewerbungen auf Vakanzen schließlich offenbaren - treffen sie überhaupt ein - zwar den guten Willen der meisten Kandidaten. Gleichermaßen liegen aber nicht selten die Leistungsprofile weit daneben. Bislang gibt es nur recht wenige Autoren für technische Literatur und Berichterstattung. Und darunter befinden sich nur selten gute.

Dennoch: Ganz ohne brauchbares fachspezifisches Know-how ist letztlich auch der Betriebswirt, der Architekt, der Maschinenbauingenieur, ist auch der Lehrer ja nicht. Denn hat nicht die DV nahezu alle Bereiche des beruflichen Lebens - und das in nahezu allen Branchen - erfaßt?

Dem Arbeitsmarkt entsprechend bedarfsgerecht zu handeln, müßte eigentlich eine Selbstverständlichkeit für die Bildungspolitik wie für die Verantwortlichen der betrieblichen Aus- und Weiterbildung in Unternehmen sein.

Denn es gilt nichts mehr und nichts weniger, als zweierlei Defizite eines vielversprechenden Potentials an - in ihren Fachgebieten zweifellos mit Kompetenz versehenen - Bewerbern auszugleichen: Nämlich DV-Wissen und Fertigkeiten ebenso zu vermitteln wie die vorhandenen Grundlagen auszubauen und technische Entwicklungen mit gesellschaftspolitischer Bedeutung im geschriebenen Wort verständlich ausdrücken zu können.

Dazu reicht die herkömmliche Bildungspolitik offensichtlich bisher ebensowenig aus wie die meisten Studienpläne zu sogenannten "Maßnahmen". Nur zu pauken - datentechnische, informationstechnische, kommunikationstechnische Theorie - erweist sich als zuwenig.

Ebenso wichtig ist der Schritt der Umschüler in die DV-Praxis, in den beruflichen Alltag bei Anwender und Hersteller.

Daß es allerdings nicht bei einem Schritt während der Ausbildung bleiben sollte, versteht wohl besonders derjenige, der selbst intensiv seinen Weg in diese neuen Techniken gesucht und beschritten hat. Auf die Erfahrung kommt es an.

Freilich gehört dazu auch eine Portion Wagemut und interdisziplinäres Denken, und zwar ebenso bei den Unternehmen wie bei der Bundesanstalt für Arbeit und ihren Fachvermittlungsdiensten.

Denn der Umschüler und künftige Autor muß dabei unterstützt werden, sein Grundwissen eben um praktische Fähigkeiten - in Erfolg wie auch Mißerfolg - vervollkommnen zu können.

Was heißt das? Keinesfalls mehr "cheap tricks" und "Quick-and-dirty" oder "Fire-and-forget"-Kurse. Jene Zeit der Erfahrung und der finanziellen wie auch motivationsgeschützten Lehren zu fördern, versteht sich doch eigentlich von selbst; denn ist Erfahrung nicht mehr als Gold wert?