Für Planung und Steuerung

Informationsabbildung macht den Vertrieb transparenter

14.06.1991

Vertriebsorientierte nehmen sind auf einen optimalen Informationsfluß angewiesen. Lutz Strauß* zeigt in seinem Beitrag, wie Vertriebstätigkeiten und -ergebnisse aktuell abgebildet werden können und wie sich aus alten und neuen Daten ein Planungs-, Informations- und Kontrollsystem zur Vertriebssteuerung gestalten läßt.

Der innerbetriebliche Informationsprozeß gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die kontinuierliche spiegelbildliche Abbildung der unternehmerischen Basisprozesse wie Einkauf, Logistik, Vertrieb etc. ist in Form eines Informationskreislaufes für jedes Unternehmen von ähnlichem Wert wie der Blutkreislauf für den menschlichen Organismus. Mangelnde Durchblutung führt ebenso zu Fehlfunktionen der einzelnen Organe, wie fehlende, falsche oder verspätete Informationen im Unternehmen zu Fehlentscheidungen führen können.

Besonders vertriebsorientierte Unternehmen sind schon durch die Wandlung vom Angebots- zum Nachfragemarkt immer stärker auf einen schnellen und fehlerfreien Informationsfluß angewiesen. Eine spezielle Form stellt hierbei der Direktvertrieb mit eigener Vertriebsmannschaft dar. Hier sind nicht nur Informationen zur Vertriebssteuerung notwendig, sondern auch ausführliche Kenntnisse bezüglich der einzelnen Kunden. Die Einbindung dieser Vertrieb-Kunden-Waren-Beziehung in die allgemeinen Unternehmens-Basisfunktionen ist in Abbildung 1 dargestellt.

Aktuelle Abbildung aller Vertriebsfähigkeiten

Zur Gestaltung einer effizienten Vertriebssteuerung in Form eines Planungs-, Informations und Kontrollsystems ist die aktuelle Abbildung aller Vertriebstätigkeiten und -ergebnisse, heruntergebrochen auf die kleinste Einheit, die im Normalfall durch den individuellen Verkäufer repräsentiert wird, erforderlich.

Als ein erster Schritt muß nicht unbedingt eine Beziehung zwischen der untersten Vertriebsebene und dem einzelnen Kunden hergestellt werden. Die wesentlichen Informationen über die Aktivitäten und Ergebnisse des einzelnen Verkäufers lassen sich auch über ein ergebnisorientiertes Berichtswesen periodenweise erheben und erfassen.

Mittels der Verdichtung auf allen übergeordneten Vertriebshierarchie-Ebenen und der Bildung von Kennziffern ergibt sich bereits ein ausreichendes Instrumentarium für eine effiziente Vertriebssteuerung. Vereinfachte Planung, durchgängige Zielabsprachen sowie Eigen- und Management-Kontrollen auf allen Vertriebsebenen sind nur einige Ansätze zur Nutzung der vorhandenen Informationen. Eine Erweiterung des Basis-Vertriebssteuerungssystems läßt sich in einem zweiten Schritt durch die Zuordnung der Kundenstamm- und -umsatzdaten zum jeweiligen Verkäufer erzielen. Diese zu speichernden Kundeninformationen müssen dabei so strukturiert werden, daß sie die drei folgenden Anforderungen erfüllen.

- Kundensicherung: Im Falle eines Wechsels innerhalb der Verkaufsmannschaft dürfen keine Adressen verlorengehen, da jeder Kundenverlust mit einem Umsatzverlust gleichzusetzen ist.

Auch unter dem Aspekt, daß eine Neukundengewinnung im Regelfall kostenintensiver ist als die Altkundenpflege, muß die

Kundensicherung betrieben werden.

- Kundenausschöpfung: Mittels der vorhandenen Kundendaten sollen neue Bestellwege beschnitten und flexiblere Lieferrhythmen realisiert werden. Diese Möglikeiten in Verbindung mit den Bedarfsstrukturen der Kunden bilden eine Voraussetzung für die optimale Auschöpfung des vorhandenen Kundenpotentials.

- Marktinformationen: Die Installation von Testmärkten innerhalb der eigenen Kundschaft bietet sich zur Analyse neuer Zielgruppen und Kundenstrukturen an.

Die Aufnahme der Kunden-Artikel-Beziehung als dritter Schritt erfordert umfangreiche organisatorische Anpassungen und Voraussetzungen. Es handelt sich hier zum einen um komplexe Abläufe der Datenerfassung und -übertragung innerhalb des Vertriebsaußendienstes zum anderen um ein großes Datenvolumen das ausgewertet, und aufbereitet werden muß, wenn es als Basis für gezielte Marketing-Maßnahmen eine quantifizierbare Umsatzsteigerung bewirken soll.

Speziell für den Direktvertrieb stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob sich mit Einführung einer "mobilen Datenerfassung" (MDE) der administrative Aufwand im Außendienst soweit reduzieren läßt, daß zusätzliche freie Zeit für den Verkäufer gewonnen wird. Die Beantwortung dieser Frage kann jedoch nur in Abhängigkeit von der gesamten Unternehmensorganisation sowie der vorhandenen DV-Infrastruktur erfolgen. Bei der Einführung eines Vertriebs-Informationssystems darf nicht Übersehen werden, daß die Auswertung der gespeicherten Daten nicht nur zu einer höheren Transparenz über Vertriebsaktivitaten und Marktentwicklungen führen kann. Auch stehen unmittelbare Vorteile, für die Vertriebsmannschaft durch Unterstützung bei der Touren- und Besuchsplanung in Aussicht.

Außerdem sind Umsatzerhöhungen durch vorbereitende Mailings und gezieltere Angebote im Verkaufsgespräch möglich. Ebenso lassen sich anhand dieser Daten zielgerechte Potentialberechnungen und -zuweisungen bewerkstelligen.

Die Systematik eines integrierten Informationssystems läßt sich in drei aufeinander aufbauende Stufen unterteilen.

1. Vertriebs-Info-System:

- Erfassen der Tätigkeitsparameter der einzelnen Verkäufer,

- Planung, Steuerung und Kontrolle des Vertriebs auf Tätigkeitsbasis.

2. Kunden-Info-System:

- Erfassen der Kundendaten und Kunden-Besuchsergebnisse,

- Ableitung der Tätigkeitsparameter aus den Kundenergebnissen,

- Planung, Steuerung und Kontrolle des Vertriebs auf Kundenbasis,

- Kundensicherung und -analyse; Marktinformationen auf Kundenebene,

- Basis-Marketing-Aktivitäten (Mailings) sowie

- Vertriebsunterstützung wie Touren- und Besuchsplanung.

3. Kunde-Artikel-Info-System:

- Erfassen der Artikelumsätze pro Kunde,

- Planung, Steuerung und Kontrolle des Vertriebs auf Artikelbasis,

- Marktinformationen auf Kunden- und Artikelebene,

- gezielte Marketing-Aktivitäten (zum Beispiel Cross-selling) sowie

- zusätzliche Vertriebsunterstützung durch Warenwirtschaftssysteme.

Zur Implementierung eines derartigen Systems müssen nicht immer alle benötigten Informationen neu erfaßt werden, da häufig bereits vorhandene Mengen- oder Wertdaten, zum Beispiel aus der Rechnung, als Grundstein genutzt werden können. Durch Verknüpfungen mit neuen Daten, wie zugehörige Verkäufer, Abbildung der Vertriebsorganisation und/oder Zeitachsen, entsteht das in Abbildung 2 dargestellte Gesamtmodell.

Diese Entwicklungsmöglichkeit aus den vorhandenen Datenstrukturen wird in den Unternehmen häufig übersehen oder aufgrund der Komplexität einer ganzheitlichen Lösung sogar bewußt vernachlässigt. Als Folge entstehen in vielen Fällen Insellösungen, deren partielle Informationen mühsam zusammengeführt und ausgewertet werden müssen.

Jedes Unternehmen, das sich mit dem Gedanken trägt, seinen Vertrieb mittels Informationsabbildung transparenter zu gestalten, sollte sich an folgende Vorgehensweise bei der Entwicklung und Implementierung eines durchgängigen Vertriebs-Informationssystems halten:

1. Alle für die Ermittlung einer Bedarfsstruktur relevanten Daten lassen sich durch die Beantwortung der Frage: "Wer braucht was wann wie oft in welcher Form wofür?" ableiten. Besonderes Augenmerk muß dabei auf die künftigen und strategischen Aspekte, etwa auf Änderungen in der Vertriebsorganisation, gerichtet werden.

Informationsbedürfnisse, die morgen überholt sind oder sich schon heute nicht klar begründen lassen, müssen bereits in dieser Phase eleminiert werden, um eine klare Struktur des Systems zu gewährleisten. Daten, die nicht genutzt werden, kosten zusätzlich zum Speicherplatz auch Verarbeitungszeit und Pflegeaufwand.

2. Nach der Festlegung der benötigten Informationsstrukturen erfolgt die Ermittlung bereits vorhandener Daten und -wenn möglich - die Schnitts-Sellen-Abgrenzung für eine Übergabe. Außerdem findet jetzt die Definition und mögliche Plazierung des neuen Informationssystems innerhalb der vorhandenen Systeme statt.

3. Entscheidungsfindung: Auf Basis der erstellten Kosten-Nutzen-Analyse für alle untersuchten Lösungsansätze fällt die Entscheidung, in welchem Umfang ein Vertriebs-Informationssystem implementiert werden soll und welcher Phasen-Zeit-Plan zugrundegelegt wird.

4. Im Anschluß an die Festlegung der Projektorganisation und der zugehörigen Zeit-, Budget- und Aktivitätenpläne findet die Detailkonzeption in der Projektgruppe unter der Leitung des Vertriebs statt. Die Erstellung des organisatorischen Lösungskonzepts und der Systemdokumentation sowie die Klärung von Hardware- und Softwarefragen erfolgt nach Abschluß des Detailkonzeptes unter Federführung der Abteilung Organisation/DV.

5. Ist das Organisationskonzept Umgesetzt und sind die Testläufe bestanden, so wird das System zur Einführung an den Vertrieb übergeben. Strukturelle Anpassungen innerhalb der Aufbau- und Ablauforganisation. Anwenderschulungen und -dokumentationen sowie die Organisation von Übergangsregelungen müssen zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen sein.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß es immer sinnvoll ist, bei der Ermittlung von Informationsbedürfnissen und der Entwicklung des Basiskonzeptes von einer ganzheitlichen Lösung auszugehen. Eine stufenweise Vorgehensweise bei der Entwicklung und Einführung bietet immer noch die Möglichkeit, bei auftretenden Schwierigkeiten mangels Akzeptanz oder aus technischen Gründen so lange auf der jeweiligen Stufe zu verweilen, bis die Probleme behoben sind.