Der Erfolgsfaktor für Informationsmanagement und Controlling heißt Integration

Informations-Controlling: Eine Aufgabe der ersten Ebene

16.12.1988

Mit Professor Joachim Griese, Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität Bern, sprach CW- Redakteur Wolf-Dietrich Lorenz.

þWo liegen die Schwierigkeiten begründet, die Wirtschaftlichkeit von DV-Projekten und DV-Anwendungen zu beurteilen?

Die Schwierigkeiten einer Wirtschaftlichkeitsermittlung sind bei bisherigen DV-Projekten in überschaubarem Maße gegeben. Sie führten meist zu Rationalisierung und Kostenverringerung, die sich mit Kostenvergleichsrechnungen, also einer bestimmten Form der Wirtschaftlichkeitsrechnung, erfassen lassen.

þController werfen aber DV-Verantwortlichen häufig vor, genau jene Rationalisierung nicht betrieben, dagegen aber unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht zu haben.

Diese Haltung ist dadurch begründet, daß der "klassische" Controller auf Kostenreduktion hinwirkt und häufig übersieht, daß auch erlösmehrende Vorgehensweisen für Unternehmen Bedeutung haben.

Diese Einschätzung des Controllers zeigt, daß er sein Weltbild an heute überholten Vorstellungen orientiert. Gerade bei grundlegenden Auffassungen jedoch muß es zu einem Wandel kommen, wenn das Controlling zusammen mit dem Informationsmanagement zum Erfolg des Unternehmens beitragen soll.

Heute spielen nämlich neben den klassischen DV-Anwendungen verstärkt wettbewerbswirksame Informationssysteme eine wichtige Rolle. Beispiele hierfür sind Reservationssysteme bei Fluggesellschaften, Interorganisation-Information-Systems und ähnliches. Diese Informationssysteme bewirken keine Kostenreduzierung, sondern Veränderungen auf der Erlösseite. Ein Vergleich mit einem Unternehmen, das mit neuen Produkten in neue Märkte einzudringen versucht, illustriert dieses Vorgehen, das nur als Gesamtstrategie zu rechtfertigen ist. Herkömmliche Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnung greifen dabei schlecht bis gar nicht.

þKann das Controlling mit seinen Methoden und Verfahren wirksam DV-Kosten transparent machen?

Für das Controlling besteht die Gefahr, sich auf die unternehmensinterne Sicht zu konzentrieren. Damit strebt es eine stärker kosten- und weniger erlösorientierte Betrachtung an. Prinzipiell ist es jedoch für das Controlling erforderlich, den Blick auch auf neue Einsatzmöglichkeiten und ihre wirtschaftlichen Vorteile zu richten: nämlich neue Märkte zu eröffnen, neue Kundengruppen zu gewinnen, neue Produkte auf den Markt zu bringen. Die herkömmlichen Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnung sind in dieser Richtung auszuweiten.

þFür einen erweiterten Nutzwert beim DV-Einsatz ist die Qualifikation im Unternehmen ein wichtiger Schlüssel. Passen in das Schema eines IS-Controlling eigentlich auch jene Kosten, die für ein qualifiziertes Anwendungs-Know-how der Mitarbeiter aufgebracht werden müssen?

Das Unternehmen muß ein Interesse daran haben, daß es in den jeweiligen Markt, bei den jeweiligen Kunden mit den jeweiligen Produkten auch qualifizierte Wissensleistung via Mitarbeiter einbringen kann. Ein Vermögensbestandteil ist also das Fachwissen der Mitarbeiter. Diese Wissensbestandteile zu aktualisieren, ist ebenso wichtig wie bei Anlagegütern durch Abschreibung und Ersatzinvestitionen den Anlagenpark auf dem neuesten Stand zu halten.

þUnd dem klassischen Controlling geht bislang dieses offene Denken ab?

Richtig ist zumindest, daß im klassischen Controlling-Ansatz die Gefahr besteht, sich einseitig auf eine konservative Kostenbetrachtung zu konzentrieren. Allerdings sind die Dienstleistungsbranchen richtungsweisende Vorreiter. In ihnen markiert das Know-how der Mitarbeiter besonders deutlich den Wert des Unternehmens. Deshalb ist es durchaus üblich, auch unter Controlling-Gesichtspunkten an die Qualität des Wissens und die Aktualisierung dieser Wissensqualität der Mitarbeiter zu denken und diese in Controlling-Konzepten zu berücksichtigen.

þControlling wie auch Informationsmanagement gelten als strategische Werkzeuge für den Unternehmenserfolg. Welche Konsequenzen bringt das Informations-Controlling für die Entwicklung der Informationstechnik in Büro und Produktion mit sich?

Sicher ist, daß in einigen Branchen ein erfolgreiches Informationsmanagement den Erfolg des Gesamtunternehmens prägt. Beispiele hierfür sind Banken und Versicherungen.

Dabei besteht eine Arbeitsteilung zwischen Controlling und anderen strategischen Aufgaben des Informationsmanagements. In keiner Weise wäre es für das Unternehmen nützlich, wenn durch das Controlling eine kontrollierende und bremsende Funktion eingerichtet würde.

Es ist künftig notwendig, daß Informationsmanagement auch unter Controlling-Gesichtspunkten betrieben wird, um für das Vorgehen geeignete Ziele auszuwählen, diese Ziele mit geeigneten Mitteln zu erreichen und die Zielerreichung und den sachgerechten Mitteleinsatz schließlich in einer kontrollierenden Betrachtung überprüfen und sicherstellen zu können. Also sind in all jenen Branchen, in denen Informationsmanagement den Unternehmenserfolg wesentlich prägt, auch geeignete Controlling-Konzepte notwendig.

þErfordert eine solche Kombination von Controlling und Informationsmanagement einen neuen Typ des Controllers?

Gewiß. Der Controller ist in vielen Beziehungen noch nahe an dem Rechnungswesen angesiedelt und nicht genügend eng an der Unternehmensführung plaziert. Wenn Informationsmanagement - zumindest in einigen Branchen - den Unternehmenserfolg wesentlich prägt, dann sind auch Entscheidungen über Fragen des Informationsmanagements auf der Managementebene anzusiedeln. Ebenso muß in geeigneter Weise ein Controlling-Konzept erstellt und gehandhabt werden. Dann führt die Synergie von Informationsmanagement und Controlling dazu, daß eine starke Top-Management-Orientierung der Controlling-Konzepte beim Informationsmanagement erhalten sind. Dies steht im Gegensatz zu Controlling-Konzepten klassischer Bauart.

þSpielt der Controller, ganz ähnlich dem DV-Manager, also bislang eine Nebenrolle? Kommt ihm bei einer erlösorientierten Betrachtung der Unternehmensvorgänge ein neuer Stellenwert zu?

Vielleicht ist die Analogie richtig. Der Controller ist in vielen Unternehmen stark in das Fachressortdenken eingespannt. Er bewegt sich damit auf der gleichen Ebene, auf der sich klassischer Weise auch die DV-Manager bewegen, nämlich auf der zweiten oder dritten Stufe der Unternehmenshierarchie.

Informationsmanagement und Controlling in geeigneter Weise miteinander verbinden zu wollen, heißt aber, daß Unternehmen diese Funktionen aufwerten und sie zu einer Aufgabe der ersten Ebene machen.

Teamwork bei Informations-Controlling

In den Chefetagen deutscher Unternehmen ist es zum Thema geworden: Der Unternehmenserfolg hängt künftig besonders vom Teamwork des Informations-Managements und -controllings ab.

Gemeinsame Strategien will das "IDG-CSE-Forum 1989: Informations-Controlling - Synergien zwischen Informationsmanagement und Controlling" am 23. und 24. Februar 1989 in München vorstellen.

Aspekte für die strategische Informationsplanung dabei sind:

- Informations-Management und -controlling - siamesiche Zwillinge oder feindliche Brüder?

- Projekt-Controlling

- Nutzenbetrachtung über Mark und Pfennig hinaus

- Ausbildung und Wissenshintergrund des dezentralen IS-Controllers

- Kommunikation zwischen Controller und Informationsmanager

Als Informations-Manager und Controller gehen das Thema unter anderem an: Professor Dr. Norbert Szyperski, Vorstand Mannesmann Kienzle GmbH, Ragnar Nilsson, Direktor Organisation und Informationstechnik, Glöckner Humboldt Deutz AG, Prof. Dr. Joachim Griese, Universität Bern, Professorin Dr. Heidi Heilmann, Universität Stuttgart, Dr. Zbynek Sokolowsky, Abteilungsdirektor Dresdner Bank AG, Dr. Joachim Niemeyer, Fraunhofer Institut, Stuttgart, Jürgen Dube, Geschäftsführer des Betriebswirtschaftlichen Instituts der Deutschen Kreditgenossenschaften BIK GmbH, Jürgen Nielsen, Kaufmännischer Geschäftsführer, Hoffmann & Campe Verlag, Hamburg.

Informationen: IDG-CSE, CW Publikationen, Conferences, Seminars, Education, (ehemals CW CSE-Seminare), Rheinstraße 28, 8000 München 40, Telefon 0 89/3 60 86-1 66 oder

-1I 69, Frau Susan Gotwalt.

Zwischen dem Einsatz von Informationstechnik im Unternehmen und dem Wettbewerbserfolg werden enge Zusammenhänge gesehen. Eine immer ausgeklügeltere Technik erfordert indes hohe Investitionen, besonders in Software und Anwendungs-Know-how der Mitarbeiter. Das Unternehmens-Management beschäftigt deshalb auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit der neuen Technik. Dabei steht künftig die erlösorientierte Betrachtung im Vordergrund. Controller und DV-Manager können eine wichtige Rolle übernehmen - wenn sie sich bei ihren Dienstleistungen für das Top-Management ergänzen. In loser Folge nehmen Controller und Informationsmanager zu diesem Problem in den kommenden CW-Ausgaben Stellung.