Bumiwuf ausgesperrt:

Informatikstudenten fordern mehr Ressourcen

05.12.1980

WIEN (CW) - Ein "Cancel in" veranstalteten hundert erboste Informatikstudenten. Sie besetzten am sechsten November das Rechenzentrum der Technischen Universität in Wien. Ihre Forderung: eine eigene Rechenanlage für die Studienrichtung Informatik und mehr Dienstposten für Lehrpersonen. Der großen Menschenmenge war die Klimaanlage nicht gewachsen, das CDC-Großsystem mußte abgeschaltet werden. Unter den Leidtragenden des Systemstillstands befand sich auch ein Großabnehmer von EDV-Leistung, das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, von den Studenten scherzhaft "Bumiwuf" genannt.

Trotz einer kürzlich erfolgten Leistungserhöhung durch den Ausbau der beiden Großrechner CDC-Cyber 170/720 Multiprozessor sind die Informatikstudenten der TU-Wien mit dem Rechenzentrum nicht zufrieden.

Dabei geht es weniger um die Leistungsfähigkeit, wie sie beispielsweise in Antwortzeiten zum Ausdruck kommt. Der stark angeschwollene Produktionsbetrieb, der im TU-Rechenzentrum abgewickelt wird, hindert die Informatik-Eleven am Erfinden und Testen von Betriebssystemen, Kanalprogrammen und ähnlichen Systemkomponenten. Fast vierzig Universitätsinstitute und Forschungsstätten wickeln einen Großteil der wissenschaftlichen Arbeit im Timesharingbetrieb über die beiden Großrechner ab.

Als größte Leistungskonsumenten werden das Institut für Hochenergiephysik, die Akademie der Wissenschaften sowie die Abteilung Planung und Statistik des bereits erwähnten Ministeriums genannt. Darüber hinaus ist die CDC-Anlage mit einer Wortlänge von sechzig Bit zwar ein hervorragendes Instrument zur Lösung mathematischer Probleme, aber bei weitem weniger für alle zeichenorientierten Aufgaben (Compiler-Erstellung, Listprocessing ) geeignet.

Zusätzlich fordern die sechshundert Informatiker eine besser Ausstattung ihres Fachgebietes mit Lehrpersonen.

Täglichen Ärger im Übungsbetrieb bedeuten auch die spärlichen fünf IBM-Locher für mehrere hundert Praktikumsteilnehmer. Abgesehen von der Zahl bewirkt die intensive Benutzung der nicht mehr taufrischen Locher zahlreiche Ausfälle. Der Lieferfirma wird nachgesagt, daß hauptsächlich Techniker-Anfänger Wartung und Störungsbehebung durchführen. Sobald sie ein wenig Routine erworben haben, verschwinden sie zu anspruchsvolleren Tätigkeiten.