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Infineon macht drei Standorte dicht

25.01.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Nach dem gescheiterten Komplettverkauf seines verlustreichen Glasfaserbereichs macht der Chipkonzern Infineon drei Standorte dicht. Der Glasfaser-Entwicklungsstandort Berlin mit rund 280 Beschäftigten werde komplett geschlossen, sagte Infineon-Chef Wolfgang Ziebart am Dienstag auf der Hauptversammlung in München. Zudem sind kleinere Standorte in München und Longmont (USA) betroffen. Die Aktionäre bereitete Ziebart auf harte Zeiten vor: "2005 wird ein schwieriges Jahr für die Halbleiterindustrie."

Insgesamt sind weltweit etwa 350 Mitarbeiter von den Schließungen im Glasfaserbereich betroffen. Betriebsbedingte Kündigungen schloss der Konzern nicht aus. Ein weiterer Stellenabbau in der Sparte mit bisher insgesamt 1200 Beschäftigten gilt in Unternehmenskreisen zudem als wahrscheinlich.

Ein kleiner Teil des defizitären Glasfaserbereichs wird zwar nun doch an das US-Unternehmen Finisar verkauft. Allerdings übernehmen die Amerikaner nur das Know-how und die Lagerbestände in dem Teilbereich Glasfaser-Transceiver, berichtete Ziebart. Die Fabriken und alle Beschäftigten bleiben bei Infineon. Ursprünglich wollte Finisar für Aktien im Wert von gut 200 Millionen Dollar die gesamte Sparte mit ihren 1200 Mitarbeitern übernehmen. Das Geschäft platzte aber. Nun muss Infineon den Bereich selbst sanieren. Für den Transceiver-Bereich zahlt Finisar knapp 50 Millionen Dollar. An der Börse wurde das Geschäft skeptisch beurteilt. Infineon war mit einem Minus von 1,4 Prozent auf 6,90 Euro zeitweise schwächster DAX-Wert.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2003/04 (30. September) hatte Infineon trotz eines kräftigen Aufschwungs in der Chipindustrie nur einen kleinen Gewinn erzielt. "Es steht außer Frage, dass der Konzernüberschuss mit nur 61 Millionen Euro sowohl für Sie als Aktionäre als auch für uns unbefriedigend ist", räumte Ziebart ein. Das schwache Abschneiden sei aber vor allem auf Sondereffekte zurückzuführen. Für das laufende Geschäftsjahr wollte Ziebart, der im September die Nachfolge des im Frühjahr abgelösten Konzernchefs Ulrich Schumacher angetreten hatte, keine Prognose geben.

Ziebart kündigte bei der Hauptversammlung an, Infineon werde für das laufende Geschäftsjahr 2004/05 erstmals die Bezüge des Vorstandsvorsitzenden veröffentlichen. Das Einkommen seiner Vorstandskollegen solle bei der Bekanntgabe im Dezember aber nur in einer Gesamtsumme genannt werden. Bisher hatte sich Infineon gegen eine Offenlegung gesträubt. Der abgelöste Konzernchef Schumacher hat nach Angaben von Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley eine Ablösung von 5,25 Millionen Euro erhalten.

Aktionärsvertreter kritisierten die schwachen Ergebnisse und das Fehlen einer Strategie zur nachhaltigen Stärkung der Ertragskraft. "Infineon ist im Wettbewerb eher Schlusslicht", sagte Henning Gebhardt von der Fondsgesellschaft DWS. Auch Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kritisierte, das Unternehmen hinke der Marktentwicklung hinterher. (dpa/tc)