Stärkstes Wachstum im Kommunikationssektor

Infineon-Ergebnis lässt die Börsianer kalt

17.11.2000
MÜNCHEN - Mehr als beachtlich hat sich Infineon im zurückliegenden Geschäftsjahr geschlagen. Die Börse aber honorierte die guten Ergebnisse des Halbleiterherstellers nicht. Nach Bekanntgabe der Zahlen sackte der Aktienkurs der Münchner erst einmal kräftig ab. Von Beate Kneuse*

Infineon-Chef Ulrich Schumacher hat sein Unternehmen zu kräftigen Wachstumssprüngen getrieben. So steigerten die Münchner, wie in der vergangenen CW-Ausgabe bereits gemeldet, im Geschäftsjahr 1999/00 (Ende: 30. September) vorläufigen Zahlen zufolge den Umsatz um 72 Prozent von 4,24 auf 7,28 Milliarden Euro - davon wurden 55 (Vorjahr: 43) Prozent außerhalb Europas gemacht. Beim Jahresüberschuss gingen sie mit 1,13 Milliarden Euro über die Ziellinie.

Damit dürfte der Infineon-Chef nicht nur der Siemens AG eine Freude gemacht haben, die mit 67 Prozent noch immer die Mehrheit am Unternehmen hält, sondern auch die Anleger zufrieden stimmen. Denn entgegen den ursprünglichen Plänen, Dividenden zugunsten der eigenen Investitionstätigkeit ausfallen zu lassen, hat man sich nun umbesonnen. An die Aktionäre werden rund 400 Millionen Euro fließen. Finanzvorstand Peter Fischl begründete die Entscheidung auf der Bilanzpressekonferenz in München: "Wir hatten nicht mit einem solch guten Ergebnis gerechnet. Durch die Gewinnausschüttung sparen wir 40 Millionen Euro Steuern."

Insgesamt konnte der Münchner Halbleiterhersteller in allen Geschäftssegmenten zulegen und den operativen Gewinn zum Teil deutlich verbessern. Dabei sticht vor allem die Entwicklung bei den Speicherprodukten hervor. Hier sprang der Umsatz von 1,4 auf 3,8 Milliarden Euro und steuerte damit 48 Prozent zu den Gesamteinnahmen bei. Das Ebit-Ergebnis (Ertrag vor Steuern und Abschreibungen) glänzte mit 1,33 Milliarden Euro. Im Vorjahr war noch ein Verlust von 238 Millionen Euro angefallen. "Wir haben eindeutig von der Erholung des Markts und den Preissteigerungen profitiert", erklärte Schumacher. Die für den Chipsektor bereits gewohnten Marktschwankungen werden aber auch im gerade begonnenen Geschäftsjahr 2000/01 für Unruhe sorgen. "Im laufenden Quartal stehen die Preise so stark unter Druck wie Anfang des Jahres." Weit von sich wies er allerdings so manche Analystenmeinung, dass angesichts einer Abflachung des Speicherchipmarkts die Milliardengewinne von Infineon schnell wieder in rote Zahlen umschlagen könnten.

Unverkennbar sind zudem Verschiebungen in der Konzernstrategie, wie Schumacher zugab. "Unser strategischer Fokus liegt eindeutig auf dem Kommunikationssektor." Dieser umfasst die drahtgebundene und die mobile Kommunikation sowie Sicherheits- und Chipkarten-ICs. Alle drei Geschäftsfelder waren im abgelaufenen Geschäftsjahr profitabel. An Umsatz verzeichnete Infineon im Kommunikationssektor insgesamt 2,83 (Vorjahr: 1,86) Milliarden Euro. Damit entfielen auf diesen Bereich 39 Prozent der Gesamteinnahmen. Den größten Sprung machte dabei die mobile Kommunikation von 865 Millionen auf 1,22 Milliarden Euro. Angesichts des boomenden Mobilfunkmarkts erwartet Schumacher für das laufende Jahr eine weitere kräftige Verbesserung. Verstärkt ins Visier genommen hat der Firmenchef aber auch den Bereich der optischen Datenkommunikation. Hier sollen vor allem Zukäufe zu mehr Schlagkraft verhelfen, um vom erwarteten Marktwachstum profitieren zu können.

In Grenzen halten sich dagegen Erfolgsmeldungen in Sachen Aktienkurs. Im März wagte sich Infineon auf das glatte Börsenparkett am Neuen Markt in Frankfurt am Main. Wunder vollbrachte das Papier allerdings noch nicht. Was für Schumacher völlig unverständlich ist. "Dass alle Chipwerte unter Druck stehen, ist kaum nachvollziehbar. Gar nicht gefällt uns aber, nicht besser zu sein als die Konkurrenz." Schlichtweg sauer dürfte er gewesen sein, dass die Börse weder das ansehnliche Jahresergebnis von Infineon noch seine Wachstumsprognose für das laufende Geschäftsjahr honorierte.

*Beate Kneuse ist freie Journalistin in München.

Abb: Neuer Fokus: Noch stärker als bisher will Infineon das Geschäft mit Kommunikations-Chips ins Visier nehmen. Quelle: Infineon AG