Produktion, Lager und Vertrieb in einer Gesamtlösung koordiniert:

Industrie-Roboter organisiert Materialfluß

20.06.1981

Material- und Warenfluß stellen einen erheblichen Anteil an den Kosten des Fertigproduktes. Durch fahrerlose Transportsysteme können die Kosten des innerbetrieblichen Transports gesenkt und die Wirtschaftlichkeit in Produktion und Lager gesteigert werden. Damit wird es möglich, den Materialfluß in der gleichen Weise wie den Produktionsablauf zu organisieren.

Die Angebotspalette für den innerbetrieblichen Transport umfaßt inzwischen allein bei Elektro-Flurförderzeugen mehr als 40 Grundmodelle mit ungezählten Varianten und Zusatzgeräten. Ob zwölf Meter hohe Lagerhallen optimal genutzt, Kleinlager rationalisiert oder Großlager mit fahrerlosen Elektroschleppern automatisiert werden sollen, immer gibt es mehrere Möglichkeiten. Neben Neu- und Gebrauchtgerätekauf wird auch maßgeschneiderte Finanzierung über Leasing und Miete geboten. Elektronik und Mikroprozessor-Technik sind längst in die Entwicklung der Logistik-Kette eingeflossen. Eine genaue Analyse der Daten (mit Hilfe von Rechnern werden Simulationsmodelle erstellt) zum Zeitpunkt der Planung hilft Zeit und Kosten sparen.

Aber nicht nur im Lager haben sich die FTS-Systeme (fahrerlose Transportsysteme) durchgesetzt. Auch im Fertigungsbereich werden neben der klassischen Zubringerfunktion der gleislosen Flurförderzeuge Anlagen realisiert, in denen induktiv geführte Fahrzeuge als Montageplattform oder als Unterfahrschlepper eingesetzt sind. Besonders in Fertigungsstätten mit kleinen und mittleren Losgrößen, in Fertigungsbereichen mit in der Zukunft verstärkt zu erwartenden häufig wechselnden Fertigungsabläufen wird die Flexibilität solcher Systeme genutzt werden können.

Integrierte Gesamtlösung im Material-Bereich

Die direkte Beschickung von Fertigungsmaschinen über Industrie-Roboter wird das Anforderungsprofil in den 80er Jahren mitbestimmen. Die "Schnittstelle" Industrie-Roboter erfordert eine hohe Positionsgenauigkeit der Systeme. Industrie-Roboter, die zur Werkstückbeschickung eingesetzt werden, regeln den "Materialfluß" im engeren Arbeitsbereich der Maschine. Sie können auch zur Palettierung eingesetzt werden. Fertigung und Lager werden in Zukunft immer enger verzahnt, so daß es nicht mehr zu getrennten "Insellösungen", sondern zu integrierten GesamtIösungen im Bereich des Material Handlings kommen wird. Der Industrie-Roboter des Hamburger Unternehmens Jungheinrich beispielsweise ist frei programmierbar in Drehgelenkbauweise vielseitig in fast allen Bereichen der Fertigung einsetzbar. Durch den Einsatz als Handlanger an Arbeitsplätzen, die durch Monotonie besonders belastungsintensiv sind, wird nicht nur die Produktivität gesteigert, sondern leistet nach Angaben des Roboter-Herstellers auch einen wesentlichen Beitrag zur Humanisierung der Arbeitswelt. Der Industrie-Roboter mit einem halbkugelförmigen Aktionsradius und einem Durchmesser von 3800 Millimeter kann unter anderem zur Beschickung von Werkzeugmaschinen, aber auch zur Werkzeugführung - zum Beispiel beim Schutzgasschweißen - eingesetzt werden.

Pilotprojekt: Automatischer Regalstapler

Das weitergesteckte Ziel der System-Entwicklung liegt in der Integration von Lager- und Fertigungsbereich. Ein automatischer Regalstapler soll voraussichtlich bis Ende 1983 marktreif sein. Als Pilotanwender ist ein Glashersteller aus- dem bayerischen Raum beteiligt. Die Pilotanwendung erfolgt im Halbfabrikatenlager, das als Produktionspuffer dient. Der automatische Regalstapler als Teil eines komplexen automatischen Lagersystems soll die Flexibilität eines gleislosen Flurförderzeuges auch im automatischen Lagerbereich erhalten. Mit dem neuen System soll auch die Lagerhaltung kleinerer und mittlerer Unternehmen automatisierbar werden.

Das FTS-System ist mit anderen Systemen kompatibel, Schnittstellenprobleme sind lösbar. Automatische Türen, Ampeln, Aufzüge, Schrumpföfen, stationäre Übergabestationen und übergeordnete Rechner sind eigenständige Systeme, mit denen die Fahrzeuge an bestimmten Punkten des Fahrkurses - Schnittstellen - korrespondieren.

Informationen werden über die Fahrkurssteuerung in die Fahrzeuge eingegeben. Standardisierte Schnittstellen ermöglichen den Daten- und Signalaustausch mit allen angeschlossenen Systemen. Bei Anbindung des induktiv geführten Systems an einen übergeordneten Rechner disponiert, verwaltet und optimiert dieser Rechner die Transportaufträge. Er steuert die auf dem Fahrkurs befindlichen Fahrzeuge, indem er über die Fahrkurssteuerung in das System eingreift. In diesem Fall ist die dezentrale Intelligenz - der Bordcomputer- vorteilhaft für eine erhöhte Verfügbarkeit der Anlage, setzt aber ein Kommunikationssystem zwischen Fahrzeug und Rechner voraus.

Duplex-Betrieb ist möglich

Zur Kommunikation wird die induktive Datenübertragung verwendet. An bestimmten Punkten des Fahrzeuges wird der Kontakt zwischen Zentrale und Fahrzeug hergestellt. Der Datenaustausch ist in beiden Richtungen möglich (Duplex-Betrieb). Durch eine sorgsame Auftrags- und Fahrzeugdisposition können die Wartezeiten erheblich reduziert werden. So erhöhen kürzere Transportzeiten die Kapazität der Gesamtanlage und reduzieren Leerfahrten. Fahrerlose Transportsysteme senken also die Kosten.

Auch mit der Produktion verknüpfte Fördersysteme setzen sich immer mehr durch. Sie führten beispielsweise zur Perfektion in Mittelbetrieben, die Fahrräder, Tretmobile und Freizeitmöbel herstellen. In den angeschlossenen Lackierstraßen läuft die Transportkette mit 4 Meter pro Minute durch die platzsparende Kompaktanlage. Trotz 2,5 Meter hoher Werkstücke erfolgt automatische Elektrostatik im Naßbereich und beschleunigter Farbwechsel durch verfahrbare Pulverkabinen.

Ein anderes Fallbeispiel: Stall-Einrichtungen für die ganze Welt fertigt ein Betrieb in Dänemark. Die vorhandene Lackieranlage war völlig überlastet, deshalb eine zweite dringend nötig.

Diese aber durfte keinerlei zusätzliche Umweltbelastungen mit sich bringen. Eisenmann (Böblingen) löste das Problem durch ein Anlagen Konzept, das sowohl rationellen Ablauf als auch Umweltschutz und sparsamen Energiehaushalt berücksichtigt. In der neuen Vorbehandlungs- und Lackierstraße wird getaucht. Es existieren jetzt zwei automatisch verknüpfte Fördersysteme: Beschickungsautomat mit Quertransport, Power + Free Förderer mit Längstransport durch Grundierung, Decklackierung und Trocknung. Infolge Längstransport gibt es enge Ein- und Auslauföffnungen. Die Abluftreinigung erfolgt durch eine thermische Nachverbrennungsanlage, die Wärmerückgewinnung dient der Beheizung der Tauchvorbehandlung.

Fördertechnik wird inzwischen verknüpft mit den Bereichen Kommissionieren, Fertigen und Rationalisieren. Mit einem ergänzenden Transportsystem kann jetzt in einem Versandhaus in saisonalen Spitzen die doppelte bis dreifache Kommissionierleistung erzielt werden. Es gab aber nur Platz direkt unter der Hallendecke, drei Meter über dem Kommissionierbereich. Mit Senkrechtförderern intermettierend, manuell beschickbar bei verkürzenden Fahrwegen wurde das Problem gelöst.