Was Unternehmen tun müssen

Industrie 4.0 - wenn Daten und Sicherheit fehlen

07.07.2014
Von 
Sebastian Holzschuh ist Manager bei Mieschke Hofmann und Partner im Bereich Application-Management.

Lernende Mitarbeiter

Sinnvoll ist es, parallel zur schrittweisen Vernetzung - die vierte industrielle Revolution sollte eher als Evolution angegangen werden - auch die Betreuung schrittweise auszubauen. Im Idealfall prüfen Unternehmen schon während der Analysephase jedes Einführungsprojekts, wie sich die angestrebten Veränderungen auf das Application-Management auswirken. Mögliche Schwachstellen lassen sich so frühzeitig erkennen und im besten Fall mit wenigen Anpassungen ausräumen. Diese Anpassungen werden sich in der Regel auf zwei Dimensionen beziehen: auf die Mitarbeiter und die von ihnen eingesetzten Werkzeuge.

In der Regel setzen sich AM-Teams heute aus Spezialisten für einzelne Applikationen und Technologien zusammen. Jeder dieser Mitarbeiter wird künftig seine Spezialkenntnisse kontinuierlich um angrenzende Themenkomplexe erweitern müssen. Diejenigen, denen das besonders gut gelingt und die mit Weitblick agieren, werden zentrale Rollen im Industrie-4.0-tauglichen Application-Management übernehmen. Außerdem müssen AM-Teams in der Lage sein, sich bei Bedarf auch kurzfristig Know-how aus den Fachabteilungen zu beschaffen. Dafür sind belastbare Netzwerke und eingeübte Kommunikationswege erforderlich. Für die Unternehmen ergeben sich daraus einige Aufgaben.

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Ticketlösungen

Die Mitarbeiter im Application Management werden kein komplett neues Werkzeug-Set benötigen, sondern mit den etablierten Tools weiterarbeiten - etwa mit der vorhandenen Ticketlösung. Im Zuge der voranschreitenden Vernetzung kann es aber erforderlich werden, neue Schnittstellen zu programmieren, die die Application-Management-Werkzeuge mit den operativen Systemen verbinden. Denkbar wäre auch, sämtliche Shopfloor-Komponenten - also die Anlagen sowie deren Steuerungseinheiten und das Produktionsleitsystem - direkt anzubinden. Die Ticketlösung würde dann beispielsweise neben Fehlermeldungen aus SAP ERP auch automatisch erstellte Nachrichten zu Incidents aus der Maschinensteuerung oder von den Maschinen selbst erhalten und diese als integrierte Instandhaltungsmeldungen oder Kundendienst-Anfragen an die damit befassten Mitarbeiter weiterleiten.

Transparenz hilft bei Störungen

Bei steigender Komplexität kann es zudem sinnvoll sein, eine zentrale und adaptive Monitoring-Lösung einzuführen, die den gesamten IT- und Maschinenverbund sowie sämtliche Zusammenhänge abbildet. Mit Hilfe einer solchen Anwendung wäre beispielsweise schnell erkennbar, welche Systeme und Maschinen an der Fertigung eines Teils beteiligt sind und welche Arbeitsschritte wann ausgeführt wurden. Diese Transparenz würde es dem Application-Management erheblich erleichtern, bei Störungen die Ursache zu finden.

Voraussetzung für eine solche Lösung ist, dass jedes zu fertigende Teil einen eindeutigen Identifikator erhält, der über den gesamten Produktionsprozess hinweg - von der Planung bis hin zur Auslieferung - gültig und nachvollziehbar bleibt. Werkstück-IDs müssten dafür die heute üblichen Auftragsnummern ersetzen. Die zentrale Monitoring-Lösung erfasst diese IDs und reichert sie bereits zu Beginn um Informationen zu den Soll-Werten an. So könnte beispielsweise definiert sein, welche Materialien benötigt werden und wie Arbeitsschritte auszuführen sind. Im Laufe der Fertigung übermitteln die angebundenen IT-Systeme und Maschinen via Web-Service, Datenbank-Direktabruf oder HTTP-Call, FTP, E-Mail oder Datei-transfer die jeweiligen Ist-Werte.

Abweichungen erkennen

Auf diese Weise wird es möglich, Abweichungen zu erkennen: Statt den vorgesehenen 20 Schrauben wurden nur 19 Stück verbaut; der Druck während eines Stanzvorgangs war fünf Prozent geringer etc. Ein solches Monitoring würde helfen, Fehler im Gesamtsystem zu finden und zu beheben. Zudem würde es wertvolle Erkenntnisse für die Produktdokumentation liefern.