Pilot Purgatory – das Fegefeuer der Pilotprojekte

Industrie 4.0: Testphase als Dauerzustand verhindern

13.02.2019
Von 


Andreas Behrendt ist Partner bei der Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey. Er ist Spezialist für Digitale Produktion und leitet die gleichnamige Sparte.

"Pilot Purgatory" vermeiden

Eine Digitalisierungsstrategie sollte sich auf einen konkreten Anwendungsfall konzentrieren.
Eine Digitalisierungsstrategie sollte sich auf einen konkreten Anwendungsfall konzentrieren.
Foto: Panumas Yanuthai - shutterstock.com

Fehlende Ressourcen oder nicht vorhandenes Fachwissen können für "Pilot Purgatory" verantwortlich sein. In vielen Fällen steht den hohen Kosten auch kein konkreter Mehrwert gegenüber. Die Unternehmen können nicht erkennen, was das Projekt ihnen und ihren Kunden wirklich bringt und wie es im Arbeitsalltag angewendet werden kann oder wie sich damit am Ende Geld verdienen lässt. Viele Firmen machen außerdem den Fehler, dass ihre Digitalisierungsstrategie an zu vielen Stellen im Unternehmen gleichzeitig ansetzt, statt sich auf einen konkreten Anwendungsfall zu konzentrieren und diesen konsequent umzusetzen. Zudem sind die Ziele oft viel zu hochgesteckt und die ersten Erfolge lassen deshalb lange auf sich warten.

In drei Schritten aus dem Dilemma

Wer diesem Dilemma entgehen will, sollte sich die folgenden drei Grundsätze zu Eigen machen:

  • Eine klare Vision

Für die Umstellung auf eine digitale Fertigung braucht es eine klare Vision und einen guten Projektplan. Der wirtschaftliche Nutzen sollte für das Unternehmen von Anfang an erkennbar sein und die Pilotprojekte entsprechend ausgewählt werden.

  • Die richtigen Leute

Das Unternehmen muss für den digitalen Wandel gerüstet sein. Hierzu gehört nicht nur die eigene technische Infrastruktur, sondern auch die Suche nach den richtigen Partnern. Die eigenen Mitarbeiter müssen geschult und neue Talente angeworben werden.

  • An der richtigen Stelle

Entscheidend ist außerdem, dass die Digitalisierungsstrategie von Anfang an unternehmensweit gedacht und von der Chefetage vorangetrieben wird. Denn auch wenn das Thema "Industrie 4.0" bei den meisten Unternehmen ganz oben auf der Agenda steht, sind die Projekte noch viel zu häufig in einzelnen Abteilungen wie der IT angesiedelt.

Wenn Unternehmen diese Punkte nicht beherzigen, wird das Ausprobieren von Strategien häufig zum Dauerzustand. Zwar haben weniger als 30 Prozent der Betriebe die relevanten Lösungen in den oben genannten Bereichen Konnektivität (Weitergabe von Informationen), künstliche Intelligenz (Analyse von Daten und Entscheidungsfindung) und flexible Automation (neue Robotertechnologien und fahrerlose Transportkonzepte) unternehmensweit eingeführt. Gleichzeitig zeigen die vielen Pilotprojekte aber auch, dass die Smart Factory weder ein Phantasiegebilde noch Zukunftsmusik ist. Die notwendigen Technologien sind schon heute vorhanden und somit auch die Möglichkeiten für eine erfolgreiche Umstellung auf eine digitale Produktion. Die Unternehmen müssen sie nur umsetzen.