Offshore bei TUI

Inder warten auf Anweisungen

02.09.2008
Von 
Daniela Hoffmann ist freie IT-Fachjournalistin in Berlin.

"Aus indischer Sicht ist es ein Zeichen von Gastfreundlichkeit, die Besucher auch außerhalb des Unternehmens in der Freizeit zu umsorgen. Im Westen ist das untypisch, es gibt eher eine Tendenz, die fremde Umgebung unabhängig erkunden zu wollen. Hier ist es gut, die jeweiligen Bedürfnisse zu erkennen und sich darauf einzulassen, um von der Sicht des jeweils anderen zu profitieren", erklärt Demangeat. Auch die Frage, wie wohl sich die indischen Mitarbeiter in Deutschland fühlen, entscheidet über den Erfolg. "Der indische Arbeitsmarkt ist sehr offen, und es herrscht eine starke Fluktuation. Eine Orientierung in Richtung USA oder Großbritannien ist zudem üblicher. Wenn Mitarbeiter sich hier auf persönlicher Ebene nicht gut behandelt fühlen, spricht sich so etwas schnell herum, und es wird schwieriger, in Indien hoch qualifizierte Kräfte zu finden", so Demangeat.

Routineaufgaben fallen weg

Neben der Auseinandersetzung mit Sprache, Kultur und Arbeitsweisen spielen effiziente Strukturen eine wesentliche Rolle. Insbesondere beim Offshoring lassen sich die durchschnittlichen Einsparungen von etwa 30 Prozent nur erzielen, wenn die Zusammenarbeit konstruktiv läuft und auch in Indien kontinuierlich Know-how aufgebaut wird. Bei TUI Infotec betreuen deutsche Projekt-Manager die Kunden, während das indische Backbone klar umrissene Aufgaben abwickelt. Dadurch verändern sich die Aufgaben für die hiesigen Mitarbeiter, die mehr koordinieren als produzieren. "Anfangs definierten wir Standardaufgaben, die sich sehr gut auslagern lassen. Meine Tätigkeit ist spannender geworden, weil es jetzt weniger Routinetätigkeiten und mehr strategische Aufgaben zu erledigen gibt", schildert Kuhlmeyer.

Sibyll Strunk, die im Bereich IT-Operations arbeitet, hatte dagegen anfangs viel zu organisieren: "Es war aufwändig, Strukturen und eine effiziente Zusammenarbeit zu etablieren." Dazu gehöre es, klare Wege zu schaffen. "Wenn eine Spezifikation nicht ausreichend war oder falsch verstanden wurde, muss ein rascher Korrekturfluss möglich sein, ohne dass Dinge durch den Zeitunterschied verzögert werden", so Strunk. Es habe auch Zeit und Erfahrung gebraucht, den Zuschnitt eines Projekts oder einer Aufgabe im Hinblick darauf zu beurteilen, ob sich Offshoring lohnt oder eine Abwicklung in Deutschland effizienter und günstiger sei. Wie schwierig eine übergreifende Zusammenarbeit ist, hängt vom Maß der Standardaufgaben ab - je branchenspezifischer oder individueller ein Projekt ist, desto aufwändiger wird auch die Kommunikation. Dieser Umstand spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Erfahrungen der Unternehmensbereiche IT-Services und IT-Operations wider.

Dennoch: "Der Einblick in eine andere Kultur und andere Denkweisen ist eine echte Bereicherung im Arbeitsalltag", stellt Systemadministrator Kuhlmeyer fest. Bei Heinz Kreuzer hat die Begeisterung für das gemeinsame Projekt trotz aller Hürden nicht nachgelassen. "Ein interkulturelles Zusammenwachsen ist kein Sonntagsspaziergang und für Unternehmen nicht ad hoc zu leisten. Unsere Erfahrungen innerhalb der letzten zwei Jahre zeigen jedoch, dass es ein kalkulierbarer Prozess sein kann, der im Ergebnis hochwertige Arbeitsplätze in Deutschland sichert".