US-Provider stemmen sich gegen Kritik

In USA mehren sich Anzeichen fuer ein Ende des Internet-Booms

22.03.1996

Anwender wie Turner Broadcasting System Inc. und Time Warner Inc. haben etwa die High-speed-Verbindungen zu ihren Seiten im World Wide Web eingeschraenkt. Die Inhaltsangebote haben sie auf redundante Rechner kopiert, um die Wartezeit nicht allzulang werden zu lassen.

Doch nicht nur die Anbieter reduzieren ihr Engagement, auch unter Anwendern wird die Kritik lauter. Schon immer gab es warnende Stimmen, die auf die Ueberflutung des Internet mit Inhalten und Nutzern hinwiesen. Mittlerweile beschweren sich aber auch Anwender.

"Fuer viele Seiten, besonders fuer die grafikintensiven Angebote, sind die Systeme zu langsam", aergerte sich etwa Percy Young, Director fuer Store Systems bei der Burlington Coat Factory Inc., Burlington. "Um beispielsweise eine einfache Dokumenten-Anfrage auf der Adobe-Seite durchzufuehren, benoetigt man sehr viel Geduld."

Young ist kein Einzelfall. Internet-Anwender beginnen sich zunehmend ueber verschwundene E-Mails und lange Wartezeiten bei Routine-Aufgaben wie das Laden einer Web-Pages zu beschweren. Viel Geduld muessen Internet-Surfer besonders um die Mittagszeit und am Ende der Geschaeftszeiten aufbringen, wenn die meisten US-Anwender online sind.

"Unsere Hauptverkehrszeit ist zwischen 11 und 14 Uhr, weil die Angestellten am Schreibtisch essen und gleichzeitig durch das Internet surfen" beschreibt Oliver Knowlton, Director of Operations bei der New Media Division, die Situation.

Nicht nur die Masse der Nutzer belastet das Netz, auch die verwendeten Anwendungen sind fuer lange Wartezeiten verantwortlich. Besonders Multimedia-Applikationen fressen Bandbreite. Waehrend eine grosse Grafik einige hundert Kilobyte Speicherplatz in Anspruch nimmt, muessen bei Audio- und Video-Uebertragungen mehrere Megabyte durch das Netz geschleust werden.

Um sich gegen den wachsenden Unmut zu stemmen und die Wartezeiten der Kunden zu verkuerzen, planen viele Internet-Service-Provider, die Kapazitaet ihrer nationalen Backbones und die Anzahl der Modems in den lokalen Zugangsknoten auszubauen. Als Sonderdienste wollen viele zudem kostenpflichtige Services einrichten, die Hochgeschwindigkeits-Verbindungen garantieren.

<H4>Zur Mittagszeit ist Rush hour </H4>

Die Ueberlastung des Netzes bekommen besonders die Kunden zu spueren, die fuer den Zugang kleine und kundenorientierte Service- Provider nutzen. Benachteiligt sind aber auch Anwender, die ihren Internet-Zugang ueber einen kommerziellen Online-Dienst abonniert haben.

Viele der Probleme stammen aus der Kombination von Internet- Networking-Topologie und den WAN-Zugang, der durch einzelne Anwender beansprucht wird. Das Internet setzt sich aus mehreren kleinen Netzwerken zusammen, die miteinander verbunden sind, ist jedoch keine einheitliche grosse Infrastruktur. Es gleicht einem Netz aus Landstrassen und ist kein globaler Highway.

Kleine Service-Provider speisen ihren Verkehr in die Netze groesserer Service-Provider. Die wiederum liefern den akkumulierten Datenstrom an den naechst groesseren und so weiter, bis lediglich rund zwoelf grosse US-Provider uebrigbleiben. Lediglich dieses Dutzend beginnt nun, seine Infrastruktur zu verbreitern. Im gleichen Masse wie die Internet-Provider ihre Systeme ausbauen, werden vermutlich bandbreitenintensive Anwendungen wie Echtzeit- Video und Sprachuebertragung zunehmen und die geschaffenen Ressourcen wieder verbrauchen.

Das Internet ist ein Opfer seiner selbst. Die Zahl der mit dem Internet verbundenen Rechner hat sich innerhalb eines Jahres nahezu verdoppelt. Im Januar 1995 betrug der US-Bestand 4,85 Millionen, Im gleichen Monat diesen Jahres waren 9,5 Millionen am Netz. Aufgrund der dezentralen Natur des Netzes gibt es zudem keine verlaessliche Angaben ueber die Nutzer. Ein kuerzlich von der Nielson Media Research und dem Commercenet Consortium durchgefuehrte Studie ergab, dass Ende letzten Jahres 24 Millionen Amerikaner ueber einen Internet-Zugang verfuegen.

Da die meisten jedoch langsame Waehlverbindungen benutzen, um ins Netz der Netze zu gelangen, sind sie jedoch fuer umfangreiche Marketing- und Verkaufsaktionen schwer zu erreichen.