Ratgeber zum IT-Servicekatalog

In sechs Schritten zum Servicekatalog

11.12.2012
Von Dr.Ralf Meyer, Marcus Schwertz und Dr. Rolf  Kühn
Standardisierung, Transparenz, Flexibilisierung und Kostenoptimierung der IT-Leistungen sind die Ziele eines IT-Servicekatalogs. Dafür bedarf es einiger Vorarbeit.

Nicht immer haben Unternehmen einen strukturierten Überblick über die gegenwärtigen und zukünftig erforderlichen IT-Services, die durch die Fachbereiche abgefragt und genutzt werden. Gerade in wachsenden Unternehmen ist eine klare Darstellung der notwendigen Leistungen oft nicht mehr möglich, da sich im Laufe der Zeit oder durch Unternehmenszukäufe Redundanzen und Überschneidungen bilden. Ein klar strukturierter IT-Servicekatalog kann dies vermeiden. Er hilft darüber hinaus, die passenden IT-Leistungen zur rechten Zeit an der richtigen Stelle in der optimalen Qualität anzubieten. Ein IT-Servicekatalog lässt sich in sechs Phasen realisieren:

1. Definition der IT-Leistungskategorien

Zu Beginn ist der detektivische Spürsinn des IT-Service-Managers gefragt: Zunächst muss er in groben Kategorien die IT-Leistungen den Eigenarten seines Unternehmens anpassen. Dabei helfen Best-Practice-Vorlagen: Häufig sind es Strukturen, die sich im Laufe der Zeit am Markt gebildet haben und die Leistungsinhalte praxisgerecht sowie in Benchmark-fähigem Schnitt modularisieren. Typische vom Geschäftszweck unabhängige IT-Leistungskategorien sind zum Beispiel Bürokommunikation, Speicher, Datenbanken, Backup und Restore, Server oder der Betrieb von Standardapplikationen.

Diese machen in der Regel rund 80 bis 90 Prozent des Umfangs eines IT-Servicekatalogs aus. Dazu kommen geschäftszweckabhängige IT-Leistungskategorien, die im Idealfall aus vorhandenen Kategorien modularisiert oder als deren Spezialfälle dargestellt werden. Ziel dieser Phase ist eine marktübliche Struktur des Katalogs, die sich an den ermittelten IT-Leistungskategorien (etwa 20 bis 40) orientiert.

2. Detaillierung der IT-Leistungskategorien zu IT-Leistungen

Typische Services eines IT-Leistungskatalogs.
Typische Services eines IT-Leistungskatalogs.
Foto: Lexta

Aufbauend auf den Leistungskategorien sind nun die jeweiligen Leistungen detailliert zu beschreiben, die sich hinter den Kategorien verbergen. Hierbei benötigen die Verantwortlichen die Mithilfe der Anwender, um etwa die verwendete Begriffswelt an die jeweiligen betrieblichen Gepflogenheiten anzupassen. Das gewährleistet die spätere Akzeptanz des Katalogs. Ein Beispiel für eine Detaillierung ist die Einteilung der IT-Leistungskategorie Bürokommunikation in die Leistungen Clients, Standardsoftwarepakete, Drucker oder Mobile Devices.

3. Erarbeitung der IT-Leistungsscheine

Die Definition der IT-Leistungen bildet den Input für die Erstellung der IT-Leistungsscheine. In diesen werden konkrete Leistungen strukturiert und verbindlich beschrieben. Hierfür hat sich eine Tabellenstruktur bewährt, in der je Aktivität der Leistungsbeschreibung deren zeitliche Frequenz (einmalig, täglich, wöchentlich etc.) sowie für die Rollen Auftraggeber und Auftragnehmer jeweils deren Beteiligung (Verantwortung, Durchführung, Mitwirkung oder Information) verbindlich festgelegt werden. Sinnvoll ist es darüber hinaus, zwischen Basisleistungen (im Standardleistungsumfang enthalten) und optionalen Aktivitäten (explizite Beauftragung gegen gesonderte Verrechnung) zu unterscheiden. Mit dieser Strukturierung wird die Benchmark-Fähigkeit der IT-Leistung sichergestellt.

Die Leistungsbeschreibung wird ergänzt um Ausführungen zur Servicequalität (Service-Level) und Messverfahren hierfür, Leistungsübergabepunkte, Verrechnungsgrößen für das Pricing (Preismodell), Mitwirkungsleistungen durch den Kunden, Prämissen und Ausschlüsse von Leistungen sowie Regelungen zum Reporting. Ein Unternehmen kann durchaus mehrere Leistungsscheine der gleichen Kategorie in unterschiedlicher Ausprägung (Service-Level, Standorte usw.) abschließen. Wichtig hierbei ist, dass die Struktur der Leistungsscheine einem einheitlichen Vorbild folgt, welches auch über die Kategorien hinweg beibehalten wird. Ebenfalls Bestandteil der Leistungsbeschreibung sollte eine saubere Abgrenzung von den übrigen Leistungen sein.

4. Kostenzuordnung und Preiskalkulation

Mit Hilfe eines einheitlichen Kalkulationsschemas werden die IT-Ist-Kosten auf die jeweiligen Leistungsarten abgebildet. Die Abrechnungseinheiten, die Kosten und das detailliert erhobene Mengengerüst fließen in die Berechnung der Stückpreise ein. Anhand einer definierten Preiskalkulation sind die Leistungen zukünftig adaptierbar und lassen auch Benchmarks zu. Den Abschluss dieser Phase bildet ein Proof of Concept für exemplarische Fälle.

5. Zusammenstellung des IT-Servicekatalogs

Die in den vorhergehenden Phasen entstandenen Dokumente werden modular im IT-Servicekatalog zusammengefasst. Die IT-Leistungen müssen klar voneinander abgegrenzt sein, so dass keine Redundanzen und vor allem keine Leistungslücken entstehen. Erst dadurch bekommt die geschaffene Leistungstransparenz ihren eigentlichen Wert. Gleichzeitig müssen Schnittstellen der einzelnen IT-Leistungen zur Dokumentation außerhalb des IT-Servicekatalogs explizit benannt und beschrieben werden. Das können Prozessbeschreibungen sein, jedoch auch Warenkörbe oder IT-Richtlinien unterschiedlichster Ausrichtung.

6. Implementierung und Pflege

In der letzten Phase sind die Verantwortlichen gefordert, den IT-Servicekatalog zu implementieren. Dazu zählt auch, dass der Katalog den Fachbereichen und Anwendern bekannt gemacht wird, sofern dies nicht im Rahmen der Abstimmungsprozeduren bereits geleistet wurde. Die Akzeptanz des IT-Servicekatalogs ist wichtig und wird erleichtert, wenn es dem IT-Management gelingt, den damit verbundenen Nutzen klar herauszustellen.

Hierzu zählen etwa reduzierter Änderungs- und Verhandlungsaufwand, Preis- und Leistungstransparenz, ein Beitrag zur Standardisierung von IT-Leistungen oder eine Erhöhung der Wettbewerbsdynamik. Nicht zu unterschätzen ist dennoch der Aufwand für die Pflege des IT-Servicekatalogs. Dieser beträgt, abhängig von der Anzahl der Bausteine, im Schnitt etwa zwölf Tage pro Jahr. Hier bietet es sich an, einen einfachen Änderungsprozess festzulegen. Anstehende Änderungen werden gesammelt und zu bestimmten Zeitpunkten, zum Beispiel halbjährlich, im Servicekatalog abgebildet. Dabei müssen Priorität und Auswirkungen beachtet werden. Zur Steigerung der Effizienz kann beispielsweise ein Web-Tool (in der Regel durch den Dienstleister) zur Verfügung gestellt werden.

Fazit: Wichtig sind Vorbereitung und Abstimmung

Best Practices für IT-Servicekataloge.
Best Practices für IT-Servicekataloge.
Foto: Lexta

Viele Unternehmen besitzen nur rudimentäre IT-Leistungsbeschreibungen und Service Level Agreements (SLA). Oft haben es Betriebe in der Vergangenheit versäumt, bestehende Servicebeschreibungen an geänderte Erfordernisse und Rahmenbedingungen anzupassen. In diesem Fall sollten sie einen neuen IT-Servicekatalog in Erwägung ziehen. Erstellung, Abstimmung und Implementierung sind letzten Endes nur erfolgreich, wenn die damit verfolgten Ziele transparent sind und von den Entscheidern mitgetragen werden.

Um einen IT-Servicekatalog zu entwerfen, sollten sich die Verantwortlichen an einem Stufenmodell orientieren und marktübliche Vorlagen (Best Practices) nutzen, die dann an Unternehmensspezifika angepasst werden. Wichtig ist es, die IT-Leistungen mit der IT-Kostenrechnung abzustimmen, wobei letztere stets der Anpassung unterliegen kann. Jede Tätigkeit im Erstellungsprozess muss sich immer daran messen lassen, ob sie etwas zum notwendigen Reifegrad, der Marktüblichkeit und der Benchmark-Fähigkeit des IT-Servicekatalogs beiträgt. Angesichts der Menge an Informationen und Strukturen dürfen die Ziele nicht aus dem Fokus verschwinden. Sie lauten Standardisierung, Transparenz, Flexibilisierung und Kostenoptimierung der IT-Leistungen. Die Erfahrung zeigt: Je gründlicher die Vorarbeiten sind und je intensiver der Abstimmungsprozess, desto nachhaltiger und wirksamer ist schließlich der erarbeitete IT-Servicekatalog. (mhr)

Teaserbild: carlosseller, Fotolia.de