Potentielle Anwender zögern mit der Implementation

In Deutschland kochen zu viele Branchen ihre eigene EDI-Suppe

28.06.1991

Um die EDI-Anwendung ist es in Deutschland längst noch nicht so gut bestellt, wie es von einer führenden Industrienation eigentlich zu erwarten wäre. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls die Studie "Einsatz von EDI in Wirtschaft und Verwaltung", die von der Cap Gemini SCS Becom GmbH im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums durchgeführt wurde. Beate Röcker und Werner Hartnick* fassen den Report im folgenden Beitrag zusammen.

Unter Electronic Data Interchange (EDI) wird der unternehmensübergreifende Austausch von strukturierten Nachrichten des täglichen Geschäftslebens zwischen Rechneranwendungen unter Nutzung von DFÜ-Technik verstanden. Dies bedeutet umgekehrt, daß

- der Austausch frei gestaltbarer Bürodokumente (Texte, Grafiken, Tabellen etc.), etwa mittels Electronic Mail,

- Datenübertragung mit manuellen Eingriffen von Menschen oder

- Datenträger-Austauschverfahren nicht unter den Begriff EDI fallen.

Vielmehr handelt es sich bei EDI-Nachrichten um Messages des alltäglichen Geschäftslebens wie zum Beispiel Rechnungen, Bestellungen oder Lieferscheine, die von einem Rechner des Senders zu einem Rechner des Empfängers übertragen werden, möglicherweise über einen zwischengeschalteten Computer eines EDI-Diensteanbieters.

EDI wird in Deutschland schon seit fast 20 Jahren angewendet. Der elektronische Datenaustausch zwischen Firmen wurde zu Beginn überwiegend durch bilaterale Gespräche zwischen Geschäftspartnern angestoßen und auch auf diesem Weg vereinbart. Dadurch entstanden relativ kurzfristig verfügbare und praxisnahe Lösungen, die aber auch meistens nur die Belange der am Entwicklungsprozeß Beteiligten abdeckten. Bedarf nach allgemeiner deutscher Normung bestand nicht, und wenn, wurde er durch Arbeitskreise der Verbände der jeweiligen Branche abgedeckt.

So entstanden neben firmenspezifischen Lösungen verschiedene EDI-Branchenstandards, von denen der VDA-Standard (Automobilindustrie) und der Sedas-Standard (Handel) wohl die bekanntesten sind.

Erst 1987 wurden durch Verabschiedung des weltweit einheitlich genormten Datenaustauschformats Edifact (ISO 9735) Forderungen nach Internationalität, Branchen-, Hardware- und Software-Unabhängigkeit der EDI-Kommunikation zumindest in einem ersten Schritt erfüllt. Bis heute sind gemäß dieser Syntax unter dem Edifact-Mantel allerdings erst zwei Nachrichtentypen weltweit normiert, nämlich die Bestellung und die Rechnung. Im September dieses Jahres sollen knapp 20 weitere Nachrichten ebenfalls den Normstatus erhalten. Zusätzliche Nachrichten liegen in einer Vornorm vor und lassen sich schon zu Testzwecken einsetzen.

Dem EDI-Einsatz sollte Analyse vorausgehen

Eine Umfrage über den Einsatz von Standards (Abbildung 1) zeigt, welche EDI-Normen heute in Deutschland genutzt werden und welcher Trend künftig zu erwarten ist.

Durch die Einführung von EDI in einem Unternehmen können, je nach Situation des Unternehmens, verschiedene Nutzenpotentiale ausgeschöpft werden. Für die meisten Unternehmen ist das wichtigste Kriterium die Verkürzung des Postweges. Dadurch kann zum Beispiel öfter und bedarfsgerecht bestellt werden, so lassen sich Lagerbestände sowie Lagerhaltungskosten reduzieren. Weitere finanzielle Vorteile ergeben sich dadurch, daß Rechnungen frühzeitiger gestellt und Zahlungseingänge schneller verbucht werden können. Die Substitution von Geschäftspost durch elektronische Dokumente bewirkt zudem Einsparungen bei Porto- und Papierkosten.

Zahlreiche Unternehmen führen EDI auch ein, um damit dem Wunsch des Kunden nach elektronischem Datenaustausch nachzukommen. Ein weiterer Vorteil von EDI liegt darin, daß einmal erfaßte Daten nicht erneut zu editieren sind und somit Erfassungszeit und Fehler reduziert werden können.

Darüber hinaus kann der Einsatz von EDI im Fall des Abbaus von Datenerfassungskräften auch strukturelle Auswirkungen haben - nicht zuletzt auch deshalb, weil sich durch EDI organisatorische Abläufe einfacher gestalten lassen und neue Ablaufwege ergeben. Das Nutzenpotential von EDI sollte jedes Unternehmen für sich durch eine Kosten-Nutzen-Analyse ermitteln lassen.

Trotz des dargestellten Nutzungspotentials bringt EDI wenig, wenn nur ein einzelnes Unternehmen elektronischen Datenaustausch betreiben will. Interessant wird EDI erst dann, wenn möglichst viele Geschäftspartner auf diese Art der Kommunikation umsteigen.

Während der Deutsche Normungsausschuß für Bürowesen, die Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung, der Deupro (Ausschuß für die Vereinfachung internationaler Handelsverfahren) sowie die Verbände der einzelnen Branchen den theoretischen Boden für den Einsatz von EDI bereiten, sind es meist größere Firmen, die den praktischen Einsatz von EDI vorantreiben. Grund: Mit EDI sind Massendaten kostengünstig zu übermitteln, und außerdem stellt die Implementierung eines EDI-Standards für sie kein unüberwindliches Hindernis dar. Dabei üben große Unternehmen zum Teil erheblichen Druck auf ihre Lieferanten aus, im Geschäftsverkehr EDI gemäß dem von ihnen bevorzugten Standard einsetzen.

Im folgenden wird beispielhaft die Situation in einigen Branchen dargestellt:

Die großen Automobilhersteller und ihre Zulieferer nutzen seit 1978 EDI in Form des eigenen VDA-Standards (Verband der Deutschen Automobilindustrie). Bereits 70 Prozent des Kerngeschäfts werden über EDI abgewickelt. Wegen der guten Akzeptanz der VDA-Standards, das hat die Studie ergeben, haben die Firmen nur ein geringes Interesse, von VDA auf Edifact umzustellen. Für die einzelnen Anwender gibt es dafür aus Sicht des VDA auch kaum Vorteile. Edifact wird deshalb vom VDA zur Zeit sogar nachrangig hinter dem europäischen Automobilstandard Odette gesehen. Notwendige Änderungen am VDA-Standard werden - sofern möglich - gemäß Odette-Regeln durchgeführt, nur reine Neuentwicklungen von Nachrichten als Edifact-Messages entworfen.

Anstöße in Richtung Edifact können vom zukünftigen EG-Binnenmarkt und der verstärkten Kommunikation mit branchenfremden Unternehmen (Banken, chemische Industrie, Transport) ausgehen.

Lieferzeiten durch EDI auf drei Tage verkürzt

Der EDI-Einsatz im Handel wird vor allem durch große Kaufhaus- und Warenhausketten sowie Handelsverbände und Einkaufsgenossenschaften vorangetrieben. Insbesondere im Handel ist EDI zum wichtigen Dispositions- und Marketing-Instrument geworden. Die Lieferzeiten werden durch EDI auf rund drei Tage verkürzt. Dennoch kann von einer breiten EDI-Nutzung im Handel bislang noch nicht die Rede sein.

Das größte Problem des Handels ist, daß zur Zeit je nach Warenbereich erst zwischen 40 und 90 Prozent der Europäische-Artikel-Numerierung (EAN) existieren. Eine genaue und umfassende Definition ist aber Voraussetzung für den effektiven Einsatz von EDI und besonders von Edifact. Koordinierende und treibende Kraft zur Durchdringung von EDI im Handel ist die Centrale für Coorganisation (CCG). Als Non-Profit-Organisation war sie wesentlich am Entstehen des deutschen Handelsstandards Sedas (Standardregeln einheitlicher Datenaustauschsysteme) vor etwa 13 Jahren beteiligt.

Die CCG unterstützt heute die internationalen Edifact-Bemühungen durch ihre Mitarbeit zum Beispiel in der Initiative Eancom, die von der EG im Rahmen des Tedis-Programms gefördert wird. Ziel der CCG ist es, Sedas langfristig durch Edifact abzulösen. Die Verbreitung von EDI im allgemeinen und Edifact im besonderen ist in der deutschen Versicherungswirtschaft eher gering, insbesondere in der Branche der Erstversicherer. Lediglich im - relativ homogenen - Rückversicherungsgeschäft wird erfolgreich mit Edifact-Nachrichten (Rinet) gearbeitet. Da in Deutschland im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern die Agenturen zu etwa 85 Prozent nur einem Versicherer zuarbeiten, ist der Druck zu übergreifenden Standards nicht sehr hoch.

Der GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) fördert EDI, indem er zum Beispiel eine Datenschnittstelle zwischen den Versicherungsunternehmen und den Vermittlerbetrieben mit einer Reihe von Nachrichtentypen

Edifact-Nachrichten fehlerfrei eingesetzt

entwickeln läßt. Im deutschen Versicherungswesen wird EDI deshalb über Branchengrenzen hinweg zum Beispiel im Kontakt mit den Sozialversicherungen oder dem Kraftfahrtbundesamt genutzt.

Die großen deutschen Chemiekonzerne arbeiten seit einem europäischen Versuchsprojekt 1987/88 mit Edifact-Subsets, generell ist EDI aber auch in dieser Branche noch längst nicht überall verbreitet. Eine Reihe von Chemieunternehmen wenden als Zulieferer der Automobilbranche beziehungsweise des Handels auch die Standards VDA und Sedas an.

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) unterstützt aber wie die europäische Vereinigung Cefic Edifact. Die bisher standardisierten Edifact-Nachrichten "Bestellung" und "Rechnung" werden in Pilotprojekten fehlerfrei eingesetzt. In verbandsübergreifenden Arbeitskreisen arbeitet man an Möglichkeiten, Edifact-Nachrichten des VCI auch mit anderen Verbänden austauschen zu können.

Im Zusammenhang mit EDI sind hier in erster Linie der Zoll sowie die Telekom als Partner der elektronischen Kommunikation zu sehen. Seit Ende der 70er Jahre setzt der Zoll EDI für die Abfertigung des Warenim- und -exports sowie des Warentransitverkehrs ein. Das dabei verwendete System soll demnächst mit einer Edifact-Schnittstelle ausgerüstet werden, da ein Einsatz von Edifact bei der Zollabwicklung von vielen Anwendern begrüßt würde.

Allerdings decken die beiden bisher im Rahmen von Edifact entwickelten Zoll-Nachrichtentypen im Status der Vornorm die deutschen Bedürfnisse noch nicht ausreichend ab. Außerdem ist in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit noch keine ausreichende DV-Ausstattung der Zollämter gewährleistet und damit ein flächendeckender EDI-Einsatz nicht sinnvoll möglich.

Die Telekom hat 1989 mit dem Versand der Telefonrechnungen an bestimmte Kunden über das Edifact-Format begonnen. Dieses Projekt Elfe wurde von vielen Firmen als Edifact-Testfeld begrüßt und erfreut sich daher einer großen Nachfrage. Vom Anwendungspotential her ist die Bedeutung jedoch gering.

Auch in anderen Branchen wie der Elektro- und Elektronikindustrie, dem Transportwesen sowie der Kreditwirtschaft gibt es eine Reihe von EDI-Ansätzen und auch Edifact-Pilotprojekten. Gerade bei letzteren zeigt sich aber in vielen Fällen eine deutliche Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Bei dem großen Potential zur Effizienzsteigerung, das mit dem Einsatz von EDI und Edifact verbunden ist, scheint die noch relativ geringe Marktdurchdringung überraschend. Ein Grund ist, daß die Rolle von Standards für den elektronischen Datenaustausch in Deutschland als sehr wichtig erachtet wird. Viele Anwender wollen, wenn sie schon organisatorische Änderungen zur Einführung eines Standards vornehmen, keine großen Änderungen mehr an der implementierten Lösung durchfuhren.

VDA und Sedas ohne Kinderkrankheiten

Hinzu kommt, daß der VDA und die CCG mit ihren eigenen Standards VDA und Sedas zwei branchenspezifische Trümpfe in der Hand halten, die ihre Kinderkrankheiten schon überwunden haben. Der brauchenübergreifende, internationale Standard Edifact ist hingegen noch Änderungen unterworfen. Das Quality Control Review der Joint Rapporteurs von Edifact im April 1990 in Ottawa hat auf viele potentielle Edifact-Anwender abschreckend gewirkt. Nachrichten, die schon einen Norm-Status erreicht hatten, wurden wieder in Frage gestellt. Aus diesem Grund wird Edifact in Deutschland häufig noch mit Skepsis betrachtet.

Das in Deutschland verfügbare Angebot an Kommunikationsdiensten, die für die Übermittlung von EDI-Nachrichten geeignet sind, ist sehr groß. Dazu gehören nicht nur die Dienste der Telekom, sondern auch die einer Reihe von Mehrwertdienste-Anbietern. Sie (GE, IBM) bieten zum Teil auch über den Transport hinausgehende EDI-Services wie die Konvertierung zwischen verschiedenen Standards und den Inhouse-Formaten an.

Problem bei solchen VANS-Lösungen: Damit zwei Geschäftspartner per EDI miteinander kommunizieren können, reicht die Einigung auf einen EDI-Standard beziehungsweise auf ein Subset davon nicht aus. Gemäß dem OSI-Referenzmodell der ISO ist damit erst die oberste Schicht abgedeckt. Zur erfolgreichen Kommunikation ist aber eine Übereinstimmung auf allen sieben Protokollschichten erforderlich, und dann hat der Anwender die Qual der Wahl.

Bei Pilotprojekten mit wenigen Beteiligten oder in einem Umfeld mit einem bestimmenden Partner mag diese Wahl noch relativ leicht fallen. Bei zunehmender Anzahl der Teilnehmer und EDI-Partnern mit unterschiedlichen Systemen wird die Koordination aber immer schwieriger. Nicht von ungefähr hat sich die Automobilindustrie deshalb bei VDA und Odette auf ein spezielles Filetransfer-Protokoll oberhalb von X.25 für EDI geeinigt, obwohl der Filetransfer zunächst gar nichts mit EDI zu tun hat.

Eine mögliche Lösung stellen in Einzelfällen die erwähnten Mehrwertdienste dar, weil sie die direkte Kommunikation zwischen den EDI-Partnern entkoppeln. Dadurch können verschiedene Anwender auch (in einem gewissen Rahmen) unterschiedliche Kommunikationsprotokolle nutzen. Aber auch hier gibt es zwei Haken.

Zum einen erlauben diese Mailbox-gestützten Dienste keine Real-Time-Kommunikation, wie sie für bestimmte EDI-Nachrichtentypen (zum Beispiel Bestellanfrage) sinnvoll wären. Zum anderen sind die verschiedenen Mehrwertdienste heute in der Regel noch nicht gekoppelt, so daß nur die Kunden desselben Anbieters problemlos miteinander kommunizieren können.

Durch den Einsatz des X.400-Standards könnte dieses Problem zumindest technisch in naher Zukunft allerdings gelöst werden.

Für den elektronischen Datenaustausch sollten Methoden und Verfahren zum Einsatz kommen, die den hohen Ansprüchen an Informationssicherheit genügen. Diese Anforderungen sind aus User-Sicht die gesicherte Authentisierung der Kommunikationspartner und die Autorisierung von Nachrichten. Verschiedene internationale Organisationen arbeiten derzeit an Normen auf diesem Gebiet, speziell an Methoden der Verschlüsselung, der Authentisierung und der elektronischen Unterschrift. Die derzeitigen nationalen und internationalen EDI-Standards verfügen über kein Feld für eine elektronische Unterschrift. Für Edifact werden aber verschiedene Möglichkeiten untersucht, Nachrichten für eine digitale Unterschrift vorzubereiten.

Unabhängig von den technischen und organisatorischen Problemen, die zur erfolgreichen Implementierung von Sicherheitsmaßnahmen beim Einsatz von EDI bewältigt werden müssen, ist die Akzeptanz von EDI vor allem von der rechtlichen Anerkennung der Verfahren abhängig. Die digitale Unterschrift ist technisch jederzeit realisierbar, jedoch ist sie als Identifikationsnachweis eines Kommunikationspartners in Deutschland juristisch noch nicht anerkannt.

Das bedeutet, daß sich die Kommunikationspartner zwar über die gegenseitige Identität bei Vorlage der digitalen Unterschrift sicher sein können, im Falle eines Rechtsstreits sie jedoch keine Beweiskraft nach dem Gesetz erlangt. Die zum 1. April 1991 erfolgte Änderung des ° 690 der Zivilprozeßordnung, wonach die Beantragung eines Mahngesuches nun auch auf maschinellem Wege erfolgen kann, ist ein erster Schritt zur rechtlichen Anerkennung von EDI-Dokumenten. Für eine EDI-Rechnung, die im Sinne des ° 14 USTG anerkannt wird, muß aber nach wie vor zusätzlich mindestens einmal in einer Periode ein (Papier-)Sammelnachweis vom Rechnungsaussteller mit einer eigenhändigen Unterschrift eines Bevollmächtigten erstellt werden.

Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe weiterer rechtlicher Aspekte wie Haftung, Datenschutz- und Datensicherheit, Verbindlichkeit, Verfügbarkeit, Aufbewahrungsfrist, die aber durch einen EDI-Vertrag zwischen den Partnern geklärt werden können.

Last, but not least sei auf die innerbetrieblichen Probleme eingegangen die einem breiten Einsatz von EDI oft noch im Wege stehen. im wesentlichen sind diese darin begründet, daß es für eine möglichst vollständige Ausschöpfung der Nutzenpotentiale nicht mit dem Kauf eines EDI-Konverters getan ist. Vielmehr sollten alle organisatorischen Abläufe auf den elektronischen Datenaustausch abgestimmt werden, was enorme Auswirkungen bezüglich der Integration verschiedener DV-Anwendungen auf die Datenstruktur haben kann.

Dies heißt aber nicht, daß die Organisation wegen EDI geändert werden muß. Vielmehr ist eine intakte Organisation mit sauberen Schnittstellen eine Anforderung, die unabhängig von EDI erfüllt werden sollte. In der Praxis haben aber gerade hier viele Mängel ihren Ursprung, was einen hohen Anpassungsaufwand und damit auch erhebliche Widerstände bedeutet wenn sich zum Beispiel Kompetenzen ändern. Die Studie hat ergeben, daß rund 80 Prozent der Probleme im organisatorischen und nur 20 Prozent im technischen Bereich liegen.

Im Vergleich mit anderen Ländern nimmt die Bundesrepublik in Sachen EDI nur einen Platz im Mittelfeld ein. Auch wenn kaum verläßliche Zahlen über die weltweite EDI-Nutzung vorliegen, wird bei sämtlichen Marktforschern von einem starken Anwachsen von EDI in den nächsten Jahren ausgegangen. Diese geschätzte Steigerung ist einerseits auf die zunehmende Internationalisierung der Firmen und ihrer Geschäftsbeziehungen mit wachsendem Bedarf an EDI zurückzuführen, andererseits auch auf die erwartete Stabilisierung der Standardisierung in den nächsten Jahren.

Verglichen mit den angloamerikanischen Ländern hat Deutschland erst vergleichsweise spät mit EDI begonnen. Die hier wie dort vorhandene Standardvielfalt hat sich in den USA auf den ANSI-X.12-Standard und in Großbritannien auf den Tradacom-Standard focusiert. In Deutschland hingegen findet sich noch eine Standardvielfalt, die die branchenübergreifende und speziell auch die internationale Kommunikation erschwert.

Die deutsche Situation ist mit der Lage in Frankreich vergleichbar: Auch dort gibt es noch viele unterschiedliche Standards, ebenfalls mit den Schwerpunkten Automobilindustrie und Handel.

Demgegenüber haben die Niederlande und Schweden erst spät mit EDI begonnen, dafür aber überwiegend direkt den Standard Edifact gesetzt, der dort auch von den Kommunen und Behörden genutzt wird. Der Trend zum Einsatz von Edifact bei staatlichen Stellen nimmt generell zu. Auch amerikanische Behörden haben sich inzwischen neben dem amerikanischen ANSI-Standard zum Einsatz von Edifact verpflichtet.

Fazit: Im Vergleich zu anderen Ländern halten sich die Anwender in Deutschland mit dem Einsatz von EDI noch eher zurück. Viele der oben angesprochenen Hemmnisse werden sich aber im Laufe der Zeit automatisch verringern. Deshalb ist es wichtig, darauf hinzuweisen, daß sich die Zeit bis zum "flächendeckenden" Einsatz von EDI je nach Situation eines Unternehmens über zwei bis drei Jahre hinziehen kann. Dabei sind es weniger technische als organisatorische Probleme, die den hohen Aufwand bedeuten.

Um auf den europäischen Binnenmarkt mit Konkurrenten, die EDI einsetzen, vorbereitet zu sein, müssen deutsche Unternehmen spätestens jetzt über EDI nachdenken. Bereits heute weist der Bundesverband Spedition und Lagerei (BSL) auf die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit deutscher Speditionen hin, die derzeit einen EDI-Nachholbedarf im Vergleich zu ihren französischen und britischen Kollegen haben. Um diesem Wettbewerbsnachteil aufzufangen, sollte der Einsatz von EDI verstärkt werden. Deutsche Behörden, wie zum Beispiel der Zoll, könnten durch EDI-Einsatz eine Art Katalysatorfunktion übernehmen.