"In Deutschland ist der Markt besonders schwierig"

24.01.2006
Mark Fischer, der für Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständige Lenovo-Chef, sprach mit CW-Redakteur Jan-Bernd Meyer.

CW: Lenovo hatte sich im Jahr 2005 vor allem mit Restrukturierungsmaßnahmen beschäftigt. Was genau hat das Unternehmen verändert?

Wem gehört Lenovo?

IBM 13 Prozent

Lenovo-Group 46 Prozent

freie Aktionäre 35 Prozent

Texas Pacific Group, General Atlantic und Newbridge Capital 6 Prozent

(Newbridge ist ein asiatischer Partner von Texas Pacific).

FISCHER: In der Tat haben wir uns mit Lenovo im zweiten Halbjahr 2005 vor allem auf solche Bereiche konzentriert, in denen sich die IBM nicht sonderlich engagiert hatte. Das ist das Segment des unteren Mittelstands und der Soho-Bereich, also die kleinen, sehr kleinen und mittelgroßen Betriebe. Diese erreichen wir nicht über die großen Reseller, mit denen wir, also die IBM, ohnehin zusammengearbeitet haben, sondern über die kleinen und mittelgroßen Systemhäuser. Dort war Lenovo bislang nicht so stark vertreten. Dies haben wir begonnen, im zweiten Halbjahr 2005 zu verbessern. 2006 wollen wir dieses Marktsegment mit expliziten Lenovo-Produkten ansprechen.

CW: Die Produkte der "Think"-Linie sind damit also nicht gemeint.

FISCHER: Richtig, die sind ja auf die Großkunden ausgerichtet. Wir werden nun aber ganz neue Produktlinien auf den Markt bringen, die auf Kleinbetriebe zugeschnitten sind. Auf diesen ist das IBM-Logo nicht mehr zu sehen.

CW: Sie sprachen von den kleinen und mittleren Systemhäusern, die Sie für Lenovo gewinnen wollen. An wie viele denken Sie da?

FISCHER: Eine genaue Zahl kann ich da nicht nennen. Mein Ehrgeiz ist es nicht, 4000 Systemhäuser zu autorisieren, wie es der eine oder andere Wettbewerber getan hat. Ich denke, wir haben uns gut positioniert, wenn wir zwischen 1500 und 2000 Partner an uns binden. Das wären vom heutigen Stand aus gesehen rund 800 neue Partner. Diese zu gewinnen, sollte uns in den kommenden anderthalb Jahren gelingen.

CW: Lenovo hatte angekündigt, das Thema Consumer-PCs verstärkt angehen zu wollen. Hier haben einige Ihrer Konkurrenten viel Lehrgeld gezahlt. Was wollen Sie besser machen?

FISCHER: Es stimmt, der Markt ist heiß umkämpft. Und wir werden auch sicher nicht in Europa auf breiter Flur einen Rollout starten. Wir suchen uns gezielt den einen oder anderen Testmarkt heraus und werden dort erste Gehversuche auf dem europäischen Markt machen. In Deutschland ist der Markt ja einerseits besonders schwierig, andererseits aber liegen hier auch große Chancen. Wenn man sich hierzulande die Segmente Konsumenten und kommerzielle Nutzer betrachtet, fällt auf, dass das gesamte Wachstum in den vergangenen Quartalen aus dem Consumer-Bereich stammt. Der kommerzielle Sektor hat vor sich hin gedümpelt.

CW: Eine weitere Aussage Ihres Unternehmens lautet, dass Lenovo nicht über Elektronikketten und -läden verkaufen wird. Bleibt es dabei?

FISCHER: In China gibt es sogar rund 4000 Geschäfte, in denen unsere Produkte verkauft werden. Und für andere Regionen will ich nichts ausschließen. Wir werden erst einmal klären müssen, wie wir das Consumer-Geschäft angehen wollen. In diesem Zusammenhang wird auch das Thema Ladengeschäfte aufkommen und die Frage, ob man das lieber bleiben lässt.

CW: Es gibt Hersteller, die hatten sich vorgenommen, in einer gewissen Zeit die Nummer eins im PC-Markt sein zu wollen. Hat Lenovo in Deutschland ähnliche Ambitionen?

FISCHER: Im Segment der Laptops für Unternehmenskunden sind wir in Deutschland ja schon die Nummer drei - vor HP. Natürlich wollen wir unsere Position weiter ausbauen. Aber am Ende des Tages geht es darum, Profit zu machen. Wir werden uns also keine Marktanteile erkaufen. Für mich ist es wichtig, dass wir langfristig eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur haben.

CW: Nun ja, das ist jetzt ein Allgemeinplatz!

FISCHER: Mag sein, aber er gilt nicht für jeden Wettbewerber. Und schon gar nicht, wenn man sich längere Zeiträume ansieht.

CW: Apropos Kostenstruktur: Als Hewlett-Packard Compaq gekauft hat, machte HP-Chefin Carleton Fiorina die Rechnung auf, nun würden sich die Marktanteile der beiden Firmen addieren - ein Trugschluss, wie wir inzwischen wissen Muss Lenovo einen ähnlichen Verlauf der Geschäfte befürchten?

FISCHER: Zwischen der Fusion von HP mit Compaq und dem Übergang der IBM-PC-Division an Lenovo gibt es gravierende Unterschiede. Ich kann das gut beurteilen, denn bevor ich vor drei Jahren zur IBM kam, habe ich 17 Jahre bei HP gearbeitet. Das Kunden- wie auch das Produktportfolio von Compaq und HP überlappte sich extrem stark. Selbst Leuten, die keine Marktexperten waren, wurde bei dieser Fusion klar, dass es hier ausschließlich darum ging, einen Wettbewerber aus dem Markt zu nehmen, kurzfristig weitere Kunden zuzukaufen und sich vielleicht die eine oder andere Technologie einzuverleiben. Heute hat HP das Problem, die unterschiedlichen Plattformen unter einen Hut zu bekommen. Bei IBM und Lenovo ist das fundamental anders. Außerdem überschneiden sich bei uns die Kundensegmente nicht: IBM machte das weit überwiegende Geschäft mit PCs im Großkundensegment, Lenovo kommt demgegenüber eher aus der Soho- und Konsumentenszene. Zudem war Lenovo außerhalb Asiens fast nicht präsent.