Imponierzeug

13.01.1984

Kaum ein Klischee bleibt uns erspart: der Computer als persönliches Werkzeug, als Lernzeug, als Denkzeug und, last not least, als Spielzeug - die Creativleute und Werbetexter der Hersteller haben, wie es scheint, viel Zeit für Nuancen. Zuviel Zeit? Weil sie am Ende gar nicht wissen, wie sie ihre Aussagen auf den entscheidenden Punkt bringen sollen? Kurz: eine Nuance zuviel?

Laut "Der Spiegel" entspringt die Werbeflut, insbesondere in Sachen Kleincomputer, der Unsicherheit der Hersteller und Vertreiber über die Einsatzmöglichkeiten der Rechenzwerge, deren Technik in der Tat beeindruckend ist. Ebenfalls nach "Der Spiegel" zeige die Vielzahl neuer Mikro-Publikationen, daß der Erstanwender Hilfe brauche, wissen wolle, wie man das meiste aus dem Computer herausholen könne.

Zugegeben: Die Interessenten werden von der DV-Industrie derzeit mit Informationen eingedeckt, die eher verwirren als aufklären. Das fängt schon bei der Produktbezeichnung an. So ist es den Anbietern bis heute nicht gelungen, den potentiellen Käufern vor Augen zu führen, was sie mit dem Begriff "Personal Computer" meinen. Wenn damit de facto für Heimcomputer geworben wird, was allenfalls DV-lnsider wissen, dann stimmt freilich das Etikett "Werkzeug" (siehe oben) nicht: Der "persönliche" Computer als nützlicher Wohngenosse ist "wishfull thinking", eine Prophezeiung, die sich jedoch nicht schon dadurch erfüllt, daß sie ausgesprochen wird. Es mangelt nämlich an sinnvollen Einsatzmöglichkeiten. Heimcomputer werden zum Spielen gekauft - und weil man halt neugierig ist, wie die Dinger funktionieren. Man kann diese Feststellung nicht oft genug treffen.

Vollends zum Nonsens gerät die Mikro-Werbung, wenn sie den Arbeitsplatzrechner, die Workstation mit dem PC-Gütesiegel versieht Vielleicht, daß die Korrespondenz über den Mikro lauft (der PC als Schreibmaschinen-Ersatz!), der Terminkalender und allerlei Managementstatistik: Imponierzeug! Natürlich möchte jeder Endbenutzer sein "eigenes" Gerät haben eines, das er nicht mit seinen Büro-Nachbarn teilen muß. Doch bleibt es in seiner Vorstellung ein System, das häufig schon zur normalen Büroausstattung gehört.

Der DV-Fachmann, der Organisator, wird wiederum zwischen individuellen "lntelligenzverstarkern" (Stichwort "elektronisches Notizbuch") und echten Decision-Support-Systemen zu unterscheiden wissen, die in die Unternehmensanwendungen integriert sind. Um den Mikro-Satelliten gibt es längst kein Fachgezänk mehr. Vielleicht hilft diese Einsicht, die PC-PR im Consumer Geschäft besser zu ertragen.